Heulen anders konnotiert als Weinen?

8 Antworten

In meinem Elternhaus war es genau so. Das Wort "weinen" gab es nur in Büchern.
"Warum heulst du denn, was ist denn los?" wurden Kinder gefragt.
Aber auch Erwachsene "heulten". "Die Nachbarin sitzt da und heult. Da muss was passiert sein."
"Weinen" ist für mich auch heute noch wenig ausdrucksstark. "Heulen" drückt eine starke Gefühlsbewegung aus. Für mich klingt es nicht abwertend, aber ich vermeide es, weil es wohl für die meisten anderen negativ klingt.
"Plärren" klingt auch für mich negativ.

Wenn ich ein Kind "weinen" sehe, dann geht das für mich nicht unter die Haut.
Bei uns hieß es: "Kinder haben Lachen und Weinen im gleichen Sack."

Wenn ein Kind "heult", dann bin ich sofort aufmerksam und schaue nach der Ursache. Ist es hingefallen und heult, dann könnte es verletzt sein. Ich mische mich ein, wenn es nötig ist.

"Weinen" klingt im Gegensatz zu "heulen" eher nichtssagend. Am "Heulen" kann man nicht vorbeigehen.

filmfan69 
Fragesteller
 22.06.2023, 10:53

Danke, sehr interessant! So ähnlich hab ich das auch erlebt. Jetzt fällt mir auf, dass ich doch noch ein weiteres Wort in meiner Kindheit kannte: Plärren.

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lumbricussi  22.06.2023, 15:56
@filmfan69

Im Allgäu "plärrt" man. Ist ein sachlicher Ausdruck, kann aber auch negativen Beiklang haben.
"Greinen" kenn ich auch, doch nur aus der Literatur. Mir hat das Wort gut gefallen.
Es drückt eher seelischen Schmerz aus denn körperlichen Schmerz.
Der Ausdruck "weinen" hat irgendwie keine Tiefe, und wenig Energie.
Nach meinem Empfinden.

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Heulen und Weinen sind zwei Tätigkeiten, die durch ein Gefühl ausgelöst werden.

Dabei kann ich still weinen, aber nicht ohne Tränen heulen. (OK, Ausnahmen gibt es immer.) Und: Unbemerkt und in sich rein weinen geht, aber unbemerkt heulen nicht.

Weinen ist also die weniger stark auf andere einwirkende Handlung. Das mag – bei aller Empathie – die gesellschaftlich leichter zu akzeptierende Variante zu sein.

Laut Heulen kann – Empathie hin oder her – nicht übergangen werden und drängt sich immer auf.

Das scheint mir der Unterschied zu sein.

filmfan69 
Fragesteller
 22.06.2023, 20:19

Hm, bei uns in der Familie gab es nur das Wort „Heulen”, sobald Tränen im Spiel waren, auch dann, wenn es völlig lautlos vonstatten ging.

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Heulen ist für mich aus Schmerzen Wasser aus den Augen fließen zu lassen und Weinen um etwas zu bekommen,jemanden zu erweichen,aus Frust Weinen

Woher ich das weiß:Hobby – Ich lese sehr viel!

Ja, das ist ein übliches Phänomen, daß in der Standardsprache Begriffe eine Konnotation erhalten, die in regionalen Dialekten als neutrale Begriffe verwendet werden. Bei uns wird umgangssprachlich auch nicht das Wort "weinen" verwendet, sondern "greinen", "heulen" steht dann für intensives, lautes Weinen.

filmfan69 
Fragesteller
 22.06.2023, 10:52

Danke, wo ist das? Ich kenne greinen aus älterer Literatur, wusste gar nicht, dass das noch irgendwo lebt.....

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Ja, "heulen" ist negativer konnotiert. Es bezeichnet intensives, langanhaltendes Weinen inklusive entsprechender Lautäußerungen, was eher typisch für Kleinkinder ist und im übertragenen Sinn bedeutet es übertriebenes Herumgejammere, das Aufregen über Nichtigkeiten.

filmfan69 
Fragesteller
 22.06.2023, 10:22

hm, wie gesagt, in der Sprachwelt meines Elternhauses war es einfach ein Oberbegriff für jede Art des Weinens. Es wurde in meiner ganzen Familie absolut bedeutungs- und konnotationsgleich mit Weinen verwendet (bzw. Weinen wurde nicht verwendet).

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Pudelskern666  22.06.2023, 10:24
@filmfan69

Wie auch immer ihr es genutzt oder gemeint habt: HEULEN ist ein GERÄUSCH. Der Sturm heult. Eine Sirene heult, junge Seehunde nennt man Heuler. Weinen findet durchaus fast oder ganz lautlos statt. Je stärker die Emotion und je geringer die Impulskontrolle, desto eher hört man dabei etwas.

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filmfan69 
Fragesteller
 22.06.2023, 10:28
@Pudelskern666
Wie auch immer ihr es genutzt oder gemeint habt: HEULEN ist ein GERÄUSCH.

Schon klar, mir ging es eher um die damit verbundenen Konnotationen. Die scheinen ja von Mensch zu Mensch sehr verschieden zu sein. Und da es bei uns einfach das Standardwort war, ist mir erst viel später aufgefallen, dass Heulen (als Synonym für Weinen) für viele abwertend konnotiert ist. Ist ja klar, warum sollte ich es abwertend verstehen, wo es das einzige mir wirklich geläufige Wort dafür war und ich gar keinen Vergleich zu anderen Wörtern dafür hatte.

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