Warum haben Wörter mit -ismus Endung einen negativen Touch?
Ich stelle mal eine These auf: (Fast) alle Wörter, die mit -ismus enden haben einen sehr negativen Beigeschmack, sind dogmatisch, radikal, idiologisch und bei vielen Menschen unbeliebt. Aber warum ist das so?
Hauptfrage: Wieso werden diese Begriffe negativ aufgefasst, wo doch fast jeder irgendeiner dieser Richtungen angehört? Warum nehmen wir sie nicht als neutral wahr? Gibt es denn Leute unter euch, die sie als neutral wahrnehmen?
Zusatzfrage 1: Sind Radikalismus und Extremismus sprachlich eine Verdopplung? (Wenn -ismus = radikal/extrem bedeutet so wäre Radikalismus = "Radikalradikalität" und Extremismus = "Extremextremes")
Zusatzfrage 2: Wie seht ihr das, dass Feminismus gegen Sexismus arbeitet? Ist es nicht irgendwo lächerlich eine Idiologie und Extrembewegung durch eine andere zu ersetzen? Oder ist das ganz natürlich und gut so? Wäre es nicht sinnvoller Sexismus zu bekämpfen ohne eine neue dogmatische Idiologie einzuführen?
Zusatzfrage 3: Sind Terrorismus und Vandalismus Dogmen und eine geistige Strömungen und Haltungen oder nur ein momentaner Akt der Verzweiflung?
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Beispiele, Quellen, Untermauerungen für die These:
Das Suffix -ismus ist ein Mittel zur Wortbildung durch Ableitung (Derivation). Das entstandene Wort kann ein Abstraktum bezeichnen, oft ein Glaubenssystem, eine Lehre, eine Ideologie oder eine geistige Strömung in Geschichte, Wissenschaft oder Kunst. Es kann sowohl an Substantive (Alkohol-, Putsch-) angefügt werden als auch an Adjektive (sozial-, extrem-), wodurch dann gleichzeitig neue Adjektive auf die Endung -istisch entstehen.[1] Da -isten häufig ein Kollektiv von Anhängern einer theoretischen Bewegung bzw. Ideologie bezeichnen (z. B. Sozialisten, Liberalisten, Putschisten), verwendet man diese Form von Adjektiven häufig auch abwertend oder aufwertend als Zeichen der Gruppenzugehörigkeit, um sich mental von etwas zu distanzieren [...]
Quelle: https://www.wikiwand.com/de/-ismus
Wörter mit negativer Komponente:
Radikalismus, Sexismus, Rassismus, Vandalismus, Terrorismus, Feminismus, Veganismus, Extremismus, Atheismus, Egoismus, Anglizismus, Evangelismus, Buddhismus, Alkoholismus, Kannibalismus, Liberalismus, Kommunismus, Nationalsozialismus, Faschismus, Satanismus, Autismus, Sadismus, Masochismus, Pazifismus, Optimismus, Pessimismus, Anarchismus, Kapitalismus, Opportunismus, Exhibitionismus, Materialismus, Tourismus
Nur sehr wenige Wörter klingen halbwegs neutral:
Dualismus, Mechanismus, Automatismus, Journalismus, Organismus
Das Ergebnis basiert auf 12 Abstimmungen
10 Antworten
Hauptfrage: Weil es heute angesagt ist, möglichst in "der Mitte" zu stehen, offen zu sein. Als aufgeklärter, gebildeter Mensch müsse man gewissermaßen über den Dingen stehen und alles von allen Seiten betrachten. Das heißt nicht, dass viele Menschen tatsächlich so sind. Sie versuchen sich oft nur so darzustellen. Menschen sind heute so ideologisch wie früher auch. Man könnte das Mittelextremismus nennen. Alligatoah bringt das mit "Meinungsfrei" ganz gut auf den Punkt.
Fakt ist, dass viele dieser Menschen z.B. den KapitalISMUS auf dogmatischste Weise unterstützen. Oft haben sich Denkstrukturen und Vorprägungen so tief in die allgemeine Wahrnehmung eingefressen, dass sie für die Leute selbst gar nicht mehr als solche zu erkennen sind, ob in Nordkorea oder (abgeschwächt) in Deutschland. Einige derer die "-ismus" negativ assoziieren, sind also selbst extrem in bestimmten Aspekten ihres Denkens.
Eine ganz andere Erklärung wäre noch, da die Begriffe eben Menschen bezeichnen, die in einem gewissen Aspekt Meinungen besitzen, die von der eigenen Meinung tatsächlich stark abweicht - die sich halt dadurch auszeichnet. Sie ecken damit an, sind unangenehm und lästig, werden also als negativ wahrgenommen. Das Negative könnte auch daher kommen, da -ismus den Menschen als Gesamtes auf einen bestimmten Teilbereich einengt. Der Kommunist kann auch Vater, Motorradfahrer, Hobbyfußballer und Arzt sein. Grundsätzlich widerspricht das im Gesamteindruck dem Idealbild des individuellen, selbstständigen Menschen in einer pluralistischen Gesellschaft, an das viele heute glauben.
Z1: -ismus bedeutet für mich nicht zwangsläufig "extrem", sondern eher "Angehöriger einer bestimmten Denkrichtung, Verhaltensweise, Eigenart". Ein Extremist zeichnet sich also dadurch aus, dass er extrem in seinem -ismus ist und zwar auf die Art, dass er auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckt.
Z2: Ganz schwierige Frage. Sexismus bezeichnet für mich den Glauben an die Überlegenheit eines bestimmten Geschlechts bzw. Geschlechterbildes über andere. Feminismus ist für mich der Glaube an die Überlegenheit der Frau/"Weiblichkeit". Sicherlich sind einige Feministen Sexisten, da sie Männer als minderwertig sehen. In den letzten Jahrzehnten war der Feminismus aber nützlich, um das Ungleichgewicht und die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern auszugleichen.
Z3: Terrorismus kann beides sein. Terroristen gehen davon aus, dass sie mit ihren Terrortaten medienwirksam Aufmerksamkeit auf sich ziehen und so die politischen Verhältnisse ändern können. Sie glauben an die Macht des Terrors, um ihre Ziele durchzusetzen. Im IS gibt es z.B. massig Ideologen, die theoretisch über Terrorismus philosophieren und diesen strategisch angehen. Es ist aber auch ein Verzweiflungsakt, der mit psychologischen und gesellschaftlichen Problemen der Terroristen (v.a. bei Einzeltätern wie Breivik) zusammenhängt und Ausdruck der Machtlosigkeit ist, eigene Interessen und Wünsche anders durchzusetzen.
Bei Vandalismus ist es eindeutiger. Das charakterisiert eher für mich eine Verhaltensweise (wie Tourismus), die verschiedenste Gründe haben kann.
Hallo,
einmal zu der zweiten Frage:
Feminismus ist nicht unbedingt immer ein Radikal. Es gibt natürlich auch verschiedene "Strömungen" von Feminismus, aber viele von diesen setzen sich vielmehr für Gleichberechtigung insgesamt ein, besonders von der LGBTIQ+-Community und allen Geschlechtern und Genderns. Dabei geht es nicht immer nur um Frauen, die, um sich als Gruppe zu stärken, Männer diskriminieren. Natürlich gibt es Gruppierungen, die rigoros bei z. B. Versammlungen keine Cis-Männer akzeptieren, aber viele Feminist*innen wirken diesem Vorgehen entgegen. Also ist es nicht unbedingt als Radikal oder Extremismus zu benennen (;
LG
Danke für deinen Beitrag, da hast du auf jeden Fall auch recht! :)
Deine These stimmt nicht bzw. trifft nicht unbedingt zu. Was ist denn mit Liberalismus oder Kommunismus (der per se keine schlechte Idee ist und für die Umsetzung kann ja nun wirklich niemand was). Abolitionismus ist Abschaffung der Sklaverei; Absolutismus ist einfach nur eine Herrschaftsform und Alpinismus ist Bergsteigen als Sport.
Dementsprechend werden nur manche Begriffe negativ aufgefasst, aber lange nicht alle und vor allem steht diese Negative oder Positive Auffassung vor einem geschichtlichen Hintergrund oder individuellem Bewerten und Empfinden, deine These ist also in meinen Augen nicht zu halten, schon gar nicht mit deinem Punkt zur Untermauerung.
Anglizismus und Tourismus sind im übrigen auch vollkommen neutral...
Kurzum... du polierst dir das alles ein bisschen auf, wie es dir passt.
Hier die Wikipediaseite samt entsprechender Ismus Wörter in ihrer Gesamtheit https://de.wikipedia.org/wiki/-ismus
Warum ismus in Frage 1 plötzlich 'radikal / extrem' bedeutet, was du später mit der Erklärung entkräftest weiß ich nicht.
Frage 2 ist vollkomme natürlich, denn Bewegungen und Denkrichtungen haben schon IMMER gegeneinander konkurriert
Frage 3 hat in meinen Augen kaum etwas mit dem Suffix per se zu tun.
Manche davon sind natürlich negativ: Zum Beispiel Rassismus.
Aber die meisten davon sind doch neutral oder gut, also Buddhismus ist halt einfach eine Religion, Pazifismus ist einfach, dass man Frieden will und Optimismus ist doch super? Ich finde nicht, dass das -ismus direkt etwas Negatives zeigt, sondern es kommt einfach auf den Wortstamm an.
PS: Wegen Feminismus: Ich finde, der Name ist nicht so gut gewählt, weil dann die Leute denken, es würde darum gehen, dass man Frauen toll findet und Männer nicht. Dabei geht es halt einfach darum, dass alle gleichberechtigt sein sollen. Das Feminine ist eben im Namen, weil Frauen die Benachteiligten sind und sich das ändern soll. So ähnlich wie bei "Black Lives Matter" in den USA, da geht es nicht darum, dass Schwarze wichtiger wären, sondern dass sie total benachteiligt sind (also da geht es um Polizeibrutalität) und dass ihre Leben eben genauso wichtig sind. Aber an sich ist Feminismus genauso wie Black Lives Matter eine total wichtige und gute Sache. Es bedeutet einfach, dass man Gerechtigkeit für alle will und keinen Sexismus bzw. Rassismus.
Optimismus, Liberalismus, Pluralismus, alles neutral bis positiv. Mir ist nicht aufgefallen, dass diese Wörter fast immer negativ besetzt wären.
manche Menschen hassen auch Schokolade... na und?
ist Schokolade deshalb bösartig und ekelhaft?
Für jene Menschen schon. Sie werden dann Gründe finden wie den "ungesunden Zucker- und Fettgehalt" (=bösartig) oder "die Farbe oder Konsistenz" (=ekelhaft) um Schokolade weiter zu degradieren.
Das ist bei vielen Begriffen so. Perfektionismus kann auch positiv wie negativ gesehen werden. Gilt nicht nur für Wörter die mit „Ismus“ enden.
warum gibt es dann keinen Schokoladismus?! XD
deine Theorie macht doch gar keinen Sinn
Du hast doch die Schokolade ins Spiel gebracht, nicht ich.
für alles Negative müsste es nach deiner Logik ja einen Ismus geben
Nein hab ich nie gesagt, ich sagte dass es für die meisten Ismuse eine negative Deutung gibt. Strohmann-Argument.
Ja aber sie können es sein für gewisse Menschengruppen. Manche hassen Optimisten regelrecht oder finden Liberalisten furchtbar.