Hatte Deutschland die alleinige Schuld am ersten WK?

12 Antworten

Die Politik, im Kaiserreich der Hohenzollern, wird auch als Platz an der Sonne -Politik bezeichnet.

Sie gilt als anschauliche Metapher des deutschen Weltmachtstrebens in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, als die bismarcksche Bündnispolitik aufgegeben wurde und die Außenpolitik des wilhelminischen Reiches das Flottenwettrüsten mit Großbritannien begünstigte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Platz_an_der_Sonne

Hier ist die Frage was war die bismarcksche Bündnispolitik?

Mit der erfolgreichen Nationalstaatsbildung hatten sich die Rahmenbedingungen der bismarckschen Außenpolitik grundlegend verändert. Mit dem Deutschen Reich war eine neue europäische Großmacht durch kriegerische Expansion des Königreichs Preußen entstanden.
Bismarck erkannte, dass Europa die Furcht vor weiterer deutscher Expansion genommen werden musste, und er erklärte das Reich für saturiert, d. h. Deutschland sah von weiteren Gebietsansprüchen ab.

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCndnispolitik_Otto_von_Bismarcks

Das deutsche Kaiserreich erhob Ansprüche zB in der Krüger-Depesche oder den Marokkokrisen.

Krüger-Depesche

1884 hatte das Deutsche Reich das spätere Südwestafrika (heute: Namibia) zum kolonialen Schutzgebiet erklärt und war durch diesen Schritt politisch zum aktiven Mitspieler im südlichen Afrika geworden. Nach dem Sieg Transvaals über die Freischärler von Jameson hatte Wilhelm II. die Idee, Transvaal in ein deutsches Protektorat umzuwandeln. [Anm. 1] Er wäre dabei auf direkten K ollisionskurs mit Großbritannien gegangen, bildete sich aber ein, einen dann eventuell ausbrechenden Krieg auf einen Landkrieg beschränken zu können. [2]

https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%BCger-Depesche

Erste Marokkokrise

Die Erste Marokkokrise (1904–1906) war ein internationaler Spannungszustand, ausgelöst durch die Rivalität Frankreichs und des Deutschen Reiches um den

Zweite Marokkokrise

Die zweite Marokkokrise, auch als Panthersprung nach Agadir bekannt, wurde 1911 durch die auf persönlichen Befehl Wilhelms II. erfolgte Entsendung des

Das allein wäre noch zu händeln gewesen

Bismarck war ein Meister darin gewesen, seine Politik medial zu flankieren.

Bei Wilhelm II. dagegen sollten das Interview und markige Reden die Politik ersetzen.

Ein besonders eklatantes Beispiel hatte der Kaiser mit der bereits am 27. Juli 1900 in Bremerhaven gehaltenen Hunnenrede gegeben und auch bei der Daily-Telegraph-Affäre

Die Empörung über das Interview entzündete sich vor allem an vier Behauptungen des Kaisers:

  1. Er gehöre zu einer englandfreundlichen Minderheit im Deutschen Reich – womit er entgegen seinen Intentionen leichtfertig die englische Angst vor der deutschen Aufrüstung stärkte.
  2. Er habe ein russisch-französisches Vorgehen gegen England im Burenkrieg nicht nur abgelehnt, sondern dies auch Queen Victoria mitgeteilt – womit er sich als eigenständiger Außenpolitiker im europäischen Bündnis präsentierte.
  3. Durch einen von ihm entworfenen Schlachtplan sei der Burenkrieg gewonnen worden, was eine denkbar große Anmaßung war – als ob die Briten operative Nachhilfe von ihm nötig gehabt hätten; dabei hatte Wilhelm in der Krüger-Depesche 1896 dem Präsidenten der Burenrepublik Transvaal gratuliert, nachdem es den Buren gelungen war, den Jameson Raid der Briten abzuwehren.[2]
  4. Der deutsche Flottenbau richte sich nicht gegen England, sondern gegen die Fernost-Staaten – was insbesondere eine Provokation gegenüber Japan darstellte.
Diese ungeschickten Aussagen waren demnach stark von Anmaßung und diplomatischer Taktlosigkeit gekennzeichnet.
Dort, wo man sich durchaus in weltpolitischer Konkurrenz zum Britischen Empire sah, war man über die Anbiederung des Kaisers und die scheinbare Indiskretion sowie die offenbare Unfähigkeit des Regierungsapparates entsetzt, sie entzündeten aber keinen „Sturm der Entrüstung“. [3]

https://de.wikipedia.org/wiki/Daily-Telegraph-Aff%C3%A4re

Die bizarrsten Zitate von Kaiser Wilhelm II. - Politik - SZ.de

https://www.sueddeutsche.de/politik/die-bizarrsten-zitate-von-kaiser-wilhelm-ii-blut-muss-fliessen-viel-blut-1.470594

Martialisch, selbstherrlich und unfreiwillig witzig: Zitate von und über Wilhelm II., den letzten deutschen Kaiser.

Der vermutliche Höhepunkt war wahrscheinlich der Kriegsrat vom 8. Dezember 1912.

Der so genannte Kriegsrat vom 8. Dezember 1912 war eine geheime Besprechung Kaiser Wilhelms II. mit der militärischen Führungsspitze im Berliner Stadtschloss. Historiker wie Fritz Fischer und John C.G. Röhl sehen bereits hier die Entscheidung zum Ersten Weltkrieg

https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsrat_vom_8._Dezember_1912

Möglicherweise war es danach nur noch eine Frage des Zeitpunkts.

Innenpolitische Ereignisse wie die Harden-Eulenburg-Affäre taten ihr übriges.

Die Eulenburg-Affäre gilt als ein Beispiel für Vorurteile und Heuchelei, die als Mittel für politische Ziele genutzt werden.
Harden erzählte später, dass die Affäre zwar erfolgreich war, aber auch sein größter politischer Fehler gewesen sei.
Kaiser Wilhelm II. wandte sich, wie Harden es beabsichtigt hatte, von den durch die Affäre stigmatisierten moderaten Kreisen ab. In der Folge wandte der Kaiser sich mehr militärisch ausgerichteten Beratern zu.
Wie andere Beobachter sah auch Harden später darin mit einem Grund für das Ende des zweiten deutschen Kaiserreiches.

https://de.wikipedia.org/wiki/Harden-Eulenburg-Aff%C3%A4re

Es war schlicht und einfach so, dass 1914 alle europäischen Mächte den Kriegsausbruch herbeisehnten in der Hoffnung, die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten beeinflussen zu können.

earnest  07.04.2020, 15:40

Das ist nicht so.

Das "Sehnen" war durchaus unterschiedlich ausgeprägt.

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CamelWolf  07.04.2020, 16:05
@earnest

Na ja, Frankreich wollte Elsaß-Lothringen zurück, England wollte wieder die alleinige Macht auf den Meeren sein, Russland der Schützer aller Slaven und Österreich-Ungarn seine Donaumonarchie um jeden Preis erhalten. Und Deutschland wollte auch noch ein Stück vom Kuchen... und dann kamen noch die Italiener .....

Ergo: Die Motivlage war bei allen Mächten zumindest ähnlich und der Blick in die Geschichte zeigt, dass dies auch in der Wahl der Mittel so war.....

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earnest  07.04.2020, 16:07
@CamelWolf

"Ähnlichkeit" in der Grundkonstellation präjudiziert keine Ähnlichkeit "vor Ort", also an der serbischen "Front".

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  • Die deutsche Alleinschuld ist in letzter Zeit durchaus umstritten. Der Historiker Christopher Clark hat dazu das Buch "Die Schlafwandler" geschrieben, in dem er nachzeichnet, wie der Kontinent in den krieg abglitt. Darin hat er auch die Position vertreten, dass die Schuld ebenso beim Östereich/Ungarischen reich zu suchen ist.
  • Mit der Karikatur wäre ich sehr vorsichtig. Die scheint eher aus den deutschen revisionistischen Kreisen des aufziehenden Nationalsozialismus zu stammen. Dort wird die Frage der deutschen Schuld ja eher ins lächerliche gezogen, Deutschland als Opfer der fremden Mächte dargestellt und das ganze dann noch mit antisemitisch-stereotypen Bösewichten untermalt.
earnest  07.04.2020, 15:29

Clark ist ein Revisionist, der hinter die Erkenntnisse der bisherigen historischen Forschung zurückfällt.

Er wurde und wird aber in Deutschland und Österreich gern gelesen - aus nachvollziehbaren Gründen. Denn er tut so, wie vor ihm andere Revisionisten, als sei Europa in den Krieg hineingeschliddert. Er "vergisst" dabei, wer die Bahn so richtig rutschig gemacht hatte: Österreich-Ungarn und Deutschland.

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earnest  07.04.2020, 15:39
@earnest

Übrigens behauptet meines Wissens kein seriöser Historiker die ALLEINschuld Deutschlands. So blöd ist nun wirklich niemand, der sich mit dem Thema auskennt.

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god777444 
Fragesteller
 07.04.2020, 15:33

Wie würdest du die Soldaten in der Karikatur bewerten?

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Woran will man Schuld bemessen? An der Kriegserklärung?

Das Netz der Spannung zwischen den Staaten war derart verwoben, dass verschiedene Regierungen klüger hätten handeln und den Krieg vermeiden können.

Naja, ich kann es nicht alles lesen, aber die Karikatur wirkt auf mich eher sarkastisch.

Was da als Schuldgründe angeführt wird, sind eher Dinge, die zu der Zeit jeder Staat getan hat, bzw. Dinge bei denen sich Deutschland eher passiv verhalten hat.