Hat der Papst das letzte Wort, wenn es um die Auslegung der Bibel geht (Begründung)?

9 Antworten

Hat der Papst das letzte Wort, wenn es um die Auslegung der Bibel geht

Etwas vereinfacht gesagt: Das ist so in der römischen Kirche und einigen anderen "mit Rom unierten" Kirchen. Da kann der Papst eine seiner Äußerungen als "unfehlbar" erklären (er spricht dann "ex cathedra"), und eine unfehlbare Äußerung ist natürlich das "letzte Wort". Bei nicht unfehlbaren Aussagen kann allerdings auch jemand anders das (ggf. vorläufig) letzte Wort haben (z.B. der Nachfolger des Papstes ...).

Für andere Kirchen sind Äußerungen des Papstes genauso zu bewerten wie Äußerungen anderer mächtiger Kirchenmänner, wie etwa vom Erzbischof von Canterbury oder dem Patriarchen von Moskau.

Historisch kommt diese Ansicht daher, dass Rom die Hauptstadt des Römischen Reichs war. Außerdem gilt der Papst als Nachfolger von Petrus als Bischof "von" Rom (tatsächlich nur in Rom, aber der Unterschied wird gern übersehen). Allerdings: Als Petrus wohl in Rom war, war Jakobus der Gerechte sein Nachfolger als Vorsitzender der Gemeinde in Jerusalem (und damit so was wie der "oberste Christ auf Erden").

Aus biblischer Sicht ist kein Mensch unfehlbar, wir sollen alles prüfen, auch wenn jemand göttliche Unfehlbarkeit für seine "geistgewirkten" Aussagen in Anspruch nimmt (1.Ts 5,19-22). Siehe auch, was chrisbyrd zum Thema gesagt hat.

Für den Bereich der katholischen Kirchen ist das so. Einer legt letztverbindlich aus.

Gerade in den Konfessionen der Reformation ist jeder sein eigener Papst: Man liest die Bibel, interpretiert irgendwas und hält das für korrekt - die leichte Überspitzung bitte ich zu entschuldigen.

Kein Mensch muss die Bibel auslegen. Das hat Gott schon gemacht.

Die Bibel hat zwar viele Schreiber, aber nur einen Autor, Jehova Gott. Die etwa 40 Bibelschreiber widersprechen einander nie — was, nebenbei bemerkt, ein Beweis für die Urheberschaft Gottes ist —, doch keiner von ihnen sagt alles über ein bestimmtes Thema. Um daher verstehen zu können, was der Autor der Bibel zu einer Angelegenheit sagt, müssen alle Schriftstellen, die mit dem zur Diskussion stehenden Thema zu tun haben, zusammengetragen werden. 

Im Zweifelsfall kann man den Autor der Bibel befragen. Er hat versprochen, gläubigen Menschen eine solche geistige Anleitung zu geben, wenn sie ihn darum bitten (Lukas 9:11-13).

Dass es heute unter sogenannten Christen eine Vielzahl widersprüchlicher Auslegungen der Bibel gibt, ist weder ein Fehler ihres Autors noch ihrer Schreiber. 

Es ist der Fehler der Bibelleser, die versäumen, der Führung des Geistes Gottes zu folgen und Gott zu gestatten, sein eigenes Wort auszulegen. Sie lassen ihr Verständnis dessen, was der Autor der Bibel sagt, durch eigene Vorstellungen verschleiern.

Stell Dir vor was passiert, wenn jede Kochfrau das Kochbuch auslegt, wie es will.

Aufrichtige, gottesfürchtige Menschen sind nicht daran interessiert, die Bibel zu verdrehen. Wenn sie Schrifttexte finden, die bisher vertretenen Ansichten eindeutig widersprechen, werden sie diese Ansichten sofort aufgeben, da sie nicht richtig sein können. Sie folgen der eindeutigen Auslegung durch den Autor der Bibel.

Die Bibel läßt sich nicht so auslegen, wie man will!

helmutwk  05.03.2021, 12:24
Kein Mensch muss die Bibel auslegen.
Wenn man die Bibel nicht auslegt, findet man keine Antworten auf Fragen, die in der Bibel nicht direkt beantwortet werden.

Also etwa, ob Rauchen Sünde ist - Tabak war unbekannt, also steht darüber nichts in der Bibel.

Oder nimm Wehrpflicht: Die gab es im AT gar nicht, zur Zeit des NTs nur für römische Bürger - und ob ein Römer in dem Punkt der Obrigkeit untertan sein soll oder nicht, wird nirgendwo im NT diskutiert. Direkt über Soldaten gibt es nur in Lk 3,14 etwas - und wer mehr darüber sagt, der hat das entweder nicht aus der Bibel, oder er hat die Bibel ausgelegt.

Die erste Frage bei einer Auslegung ist immer. Wörtlich oder nicht? Gleichnisse o.ä. sollten natürlich nicht wörtlich ausgelegt werden, aber grundsätzlich können auch historische Angaben "typologisch" ausgelegt werden (wie es in Hbr 7 mit Melkhisedeq aus dem AT geschieht). Und dann ergeben sich automatisch weitere Fragen ...

Wer sagt, dass er nicht auslegt, ist entweder naiv (er weiß nicht, dass seine Erklärung auch eine Auslegung ist) oder er will manipulieren ("ich lege nicht aus, aber jeder, der etwas Anderes sagt als ich, der legt aus").

Stell Dir vor was passiert, wenn jede Kochfrau das Kochbuch auslegt, wie es will.

Nun ja, wenn in einem alten Rezept steht "man nehme für etwas zwei Mark Rindfleisch", dann mus schon ausgelegt werden: Wie viel Rindfleisch konnte man damals für zwei Mark kaufen? Vor 100 Jahren deutlich mehr als vor 50 ...

Häufiger muss bei Zeitangaben wie "kurz" ausgelegt werden. Denn dass in einem Rezept eine Angabe wie "12,5 Sekunden" steht, dürfte die Ausnahme sein. Und egal ob man nun aus "kurz" eine Sekunde oder eine Minute oder irgendetwas dazwischen macht - es ist Auslegung. Ein Koch könnte sicher noch mehr Beispiele nennen.

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Hallo JolinaMilli,

in der Katholischen Kirche gilt der Papst als Oberhaupt und auch als unfehlbar. Damit darf er auch bei der Auslegung der Bibel ein letztes Wort haben.

Ich gehe eher davon aus, dass sich ganze theologische Gremien mit der Bibel beschäftigen - und das Thema auch an diese Gremien delegiert ist.

Jetzt gibt es nicht nur die Katholische Kirche, sondern viele andere Glaubensgemeinschaften, die sich auf der Bibel begründen. So war ich mal in einer solchen Gemeinschaft, wo ein Ältestenrat das letzt Wort hatte. Das Gremium bestand auch Mitglieder*innen, die sich gegenseitig und der Gemeindeleitung genehm und konform waren. Der Gemeindeleiter war selbst Mitglied.

Wenn wir das Thema glaubensfrei angehen, verbleibt die Bibel nur ein Referenzdokument - ggf. mit unterschiedlichen Übersetzungen, wobei auch Auslegungen oder Dogmatiken als Referenz oder zumindest als Quellen gelten können.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nein, auf gar keinen Fall!

Nach der Bibel soll bzw. kann und darf alles anhand der Bibel überprüfen, wie es vorbildlich die Beröer taten:

  • "Sie forschten täglich in der Schrift, ob es sich so verhalte" (Apostelgeschichte 17,11b).

Nach der Bibel sind alle Christen (also alle, die an Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser glauben) Heilige, Priester und Könige. Wenn du also ein gläubiger Christ bist, bist du auch ein Heiliger!

Biblische Belege:

  • 1. Petrus 2,5: "So lasst auch ihr euch nun als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, als ein heiliges Priestertum, um geistliche Opfer darzubringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus."
  • 1. Petrus 2,9: "Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums, damit ihr die Tugenden dessen verkündet, der euch aus der Finsternis berufen hat zu seinem wunderbaren Licht."
  • Offenbarung 20, 6: "Glückselig und heilig ist, wer Anteil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein und mit ihm regieren 1000 Jahre."
  • Psalm 31,24: "Liebet den HERRN, alle seine Heiligen!"