Goethes Faust ein Mörder
Eine Frage an alle Literaturfans:
es wird viel über dieses Werk diskutiert und die Figur Faust wird in viele Schubladen gesteckt.
Was mich wundert: Faust gibt in der Szene vor der Stadt (im Faust I, ziemlich weit vorne) gegenüber seinem Famulus Wagner offen zu, dass er in seiner Jugend mit Hilfe von "höllischen Latwergen" (also Arzneien), zusammen mit seinem Vater, tausende von Menschen vergiftet und in den Tod geschickt hat.
Wagner antwortet im Sinne: Och, kannst du doch nichts dazu...Dein Vater hat ja auch ordentlich 1000e Kranke vergiftet. Du hast das schon richtig gemacht...
Wenn man an Fritze Haarmann oder Jack the Ripper, Hannibal Lecter, Dracula oder die Mumie oder den Werwolf denkt, dann denkt man zuerst an irre gruselige Massenmörder. Und die haben nicht einen Bruchteil der Leute auf dem Gewissen, die Faust laut eigener Aussage auf dem Kerbholz hat.
Also: Wieso stört es niemanden, dass Faust eine menschenmassenmordende Bestie war, obwohl man auf Kleinkriminelle wie Saddam Hussein gewohnheitsmäßig mit dem Finger zeigt und das Morden zum Hauptthema macht?
6 Antworten
Ich glaube, du interpretierst das falsch. Beim Osterspaziergan zeigt sich, welch hohe Achtung Faust seiner medizinischen Verdienste wegen bei der Landbevölkerung genießt. Aber Faust offenbart Wagner sein inneres Zerrissensein zwischen körperlichen und geistigen Bedürfnissen, zwischen irdischen und himmlischen Ambitionen. Er hat auch Zweifel und denkt, dass er mit seiner Medizin vielleicht auch Leuten nicht helfen konnten und sie dadurch gestorben sind. Das ist ein ganz anderer Ansatz. Zweifel nicht Mord!
Er nennt es Gift weil es irgend eine giftige Pampe war, die mit Medizin absolut nichts zu tun hatte. Daher ja "das Widrige zusammengoß".
Er gibt selber zu, die beiden haben in der Gegend "schlimmer als die Pest gewütet", mehr Leute mit der Arzei umgenietet, als an der Pest zugrunde gingen.
Daher stellt sich die Frage, ob es Medizin oder Gift war, ob Mord oder unterlassene Hilfeleistung, doch gar nicht. Er ist geständig. Das ist es ja, was ihn so zerreißt. Er hats getan.
Mediziner vor 200 Jahren hatten auch schon den besten Willen den Patienten zu helfen. Doch ihr Bemühen (ihre Experimente am Menschen) brachten damals unter dem Strich dem Kranken eher keinen Vorteil. Erst im 20. Jahrhundert konnte man davon ausgehen, dass eine medizinische Behandlung dem Patienten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit nützt als schadet.
Faust ist ja ein Wissenschaflter mit Skrupeln, dem soetwas auffällt. Er macht sich Vorwürfe weil Menschen als Versuchskaninchen missbraucht wurden und bezeichnet das in einer Gefühlsaufwallung als Mord. Wagner ist dagegen eher ein Technokrat.
Faust ist ein Wissenschaftler dem so etwas auffällt? Du meinst jetzt, es viel ihm nach dem 1000 und ersten auf und er ließ es?
Bei fünf oder zehn Patienten (Versuchskaninchen), OK, da kann so etwas mal passieren.
Aber wenn ein Mediziner 1000en von Menschen beim abnippeln zuschaut, sorry, aber da sind wir aus dem Versuchskaninchen-Stadium heraus.
Das kann mir nun wirklich keiner erzählen, dass diese Masse an Toten das Opfer eines danebengegangenen Experiments sei.
Rabulistisch sollte man nicht an diese Texte herangehen. Ich habe auf meinem Schreibtisch auch "1000 Papiere" (würde ich nachzählen, wären es bestimmt nicht soviele).
Mediziner schauen übrigens auch heute noch "1000en" Menschen beim abnippeln zu. Das lässt sich nicht vermeiden. Dem einen geht das näher als dem anderen.
Es besteht allerdings wohl ein Unterschied, ob man jemanden ermordet, oder ob man als Arzt oder Pharmazeut alles tut, was man kann um jemanden nicht sterben zu lassen. Diese Versuche jemandem zu helfen gehen oft schief; vor 200 Jahren sogar meistens.
heimuck, was bitte sagt Dir denn das Satzfragment :schlimmer als die Pest gewütet?
Ist das auch nur son Spruch ohne Bedeutung?
Hallo :) ich weiß die Frage ist schon sehr lange her, aber ich muss einfach antworten, weil das eventuell auch andere lesen. Also der Grund warum Faust kein Mörder ist, obwohl er für viele Tote verantwortlich ist ist, dass er keinen mit Absicht getötet hat, denn das ist Mord. Er hat versucht die Menschen zu heilen und dieser Versuch wird ihm von den anderen hoch angerechnet. Was hier wichtig ist, ist der Versuch. Sie wussten es nicht besser, haben aber alles versucht um den Menschen zu helfen. Faust plagt es, dass es nichts gebracht hat und er weiß, dass viele seiner Maßnahmen es noch verschlimmert haben, aber die Bürger achten ihn für den Versuch. Deine Beispiele haben die Menschen ja getötet weil sie es wollten, Faust wollte keinen töten. Das ist der Unterschied zwischen Faust und deinen Beispielen und deshalb ist Faust kein Massenmörder. Trotzdem ist das Thema Mord bei Faust nicht unwichtig, denn bei der Gretchentragödie ist er für den Tod von Valentin und Gretchens Muter verantwortlich. Da kann man ihn als Mörder bezeichnen. Auch wenn er von Mephistopheles da rein gezogen wird...
Ich hoffe es ist alles etwas klarer geworden ^^
Vermutlich weil das nicht das Hauptthema im Drama ist und jeder sich nur für die Gretchentragödie interessiert. Wir habe das mit dem "Massenmord" auch nur kurz angeschnitten und sind dann gleich weiter zur Verantwortung gegenüber Gretchen und den anderen (Gretchens Mutter und ihrem Bruder z.B.) gegangen. Aber es ist ja ein Gesellschaftskritisches Werk, da ist es doch klar das Goethe das Medizinthema auch angesprochen hat. Es gibt irgendeinen Lektürenschlüssel, in dem ist zu jedem Vers aus Faust eine Interpretation. Vielleicht schaust du dich mal danach um. Weis leider nicht wie er heißt.
Danke für die schnelle Antwort.
Was mich umgehauen hat an dieser Tatsache ist, dass sie so abwegig ist. Ich denke, Goethe war ein kluger Mann. Warum tut er ein solch gravierendes Detail in dieses Drama, wenn er es nie wieder aufnimmt.
Allein welches Licht wirft dies auf Faust?
Hätte Einstein den Nobelpreis bekommen, wenn er nach Entdeckung der allgemeinen Relativitätstheorie am Gashahn eines KZ beschäftigt gewesen wäre?
Sicherlich nicht. Er wäre totgeschwiegen worden, auch wenn Wissenschaftler seine Theorien verwendet hätten.
Also warum gibt Goethe seinem Faust beiläufig einen solchen Klotz mit auf den Weg?
Normalerweise macht man doch einen Massenmörder nicht zum Protagonisten seines Hauptwerkes.
Ich denke eher das es darum geht Faust als Forscher darzustellen. Außerdem will Wagner es ja totschweigen, oder zumindest nicht beachten. Faust sagt es von sich selbst. Und Goethe kritisiert ja das verhalten indem er Faust diese "last" aufbürdet. Man soll praktisch sehen welche Doppelmoral in den "großartigen" Leistungen steckt. Rette einen Menschen, dafür bringe ich vorher 1000 um. Aber man sollte das vermutlich etwas subtiler sagen...
Und wieso "Welches Licht wirft dies auf Faust?" die Frage versteh ich nicht, denn ist Fausts image nicht eh schon beschädigt als er sich selbst umbringen will? Oder als er dafür verantwortlich ist das Gretchen umgebracht wird?
Tut mir leid, aber ich kann nir nicht mehr folgen. Du gehst zum Zahnarzt und beklagst dich über Zahnweh. Der Arzt nimmt ne Schrotflinte und schießt dir den Kiefer weg.
Ist das jetzt deiner Meinung nach kein Mord, nur weil Du freiwillig hingegangen bist?
Ich glaube es ist schon reichlich spät gluckgluckgluck ;))
Ganz einfach: Weil dieser Massenmord und die Verblödung der Menschen von unseren Machthabern seither so gewollt ist. Ich empfehle auch das Kapitalismuskomplott von Oliver Janich zu lesen ! Zwar geht er da nur auf den Klimaschwindel und die Terrorlüge ein aber die Medizin gehört auch mit dazu, denn die Politik lobt die frechen Mörder noch immer ! Wundert es Euch nicht , das heute noch immer das stärkste Nervengift Quecksilber in den Impfstoffen enthalten ist ? Hört Euch mal den Vortrag von Stefan Lanka an auf meinem Youtubekanal! Im dritten Teil ab 4:50 erwähnt Lanka Faust in diesem Zusammenhang. Die Wirklichkeit ist so grausam das die kaum fassbar ist.
http://www.youtube.com/user/ThePharmakiller#p/c/3D28B6FD07B275E1/2/8f_d5htjBjA
Schöne Grüße !
Zitat:
Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben,
Sie welkten hin, ich muss erleben
daß man die frechen Mörder lobt
Zitat Ende
Ich interpretiere da gar nichts. Ich nehme es nur ins Protokol für die spätere Verhandlung auf.