Glaubenslehren und kritisches Hinterfragen?

13 Antworten

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Was mich schon immer interessiert hat, ist, ob ihr gewisse Dinge, die in den religiösen Lehren lest, kritisch betrachtet und nicht mit ihnen übereinstimmt?

Ja, auf jeden Fall. Da gibt‘s so einiges.

Ich halte es zum Beispiel wirklich als sehr unwahrscheinlich, dass Jesus über das Meer laufen und Wasser in Wein verwandeln konnte. In einer Doku, die ich mal gesehen habe, wurde darauf hingewiesen, dass es ziemlich viele flache Gewässer gab, die es bei einem bestimmten Zeitpunkt des Wasserstandes erlaubten, durch das Wasser zu laufen. Viele Kritiker gehen davon aus, dass diese Wundertaten Jesus zugeschrieben worden waren, um ihn stärker zu sakralisieren.

An diesem Abschnitt habe ich bisschen was auszusetzen.
-Du fragst eingangs nach inhalten religöser Lehren, nimmst hier aber ein Beispiel einer Überlieferung eines Wunders, nicht einer religiösen Lehre.
-Du verweist einerseits auf „viele flache Gewässer“, und andererseits darauf dass diese Wundertaten nur „zugeschrieben“ wurden. Das widerspricht sich, denn entweder erklären natürliche Umstände dass Jesus auf dem Wasser laufen konnte, oder es wurde nachträglich zugeschrieben. Beides geht nicht.

Viele Kritiker gehen davon aus, dass diese Wundertaten Jesus zugeschrieben worden waren, um ihn stärker zu sakralisieren.

Dieser Ansatz ist etwas zu flach. Jesus ist der einzige Wanderprediger, Prophet oder Messiasanwärter seiner Zeit, dem Wundertaten zugeschrieben wurden. Für einen Messiaskandidaten (der zum nächsten König über Israel gesalbte) war das schlicht nicht notwendig (vgl. Judas der Galiläer, Simon bar Kochbar usw), und für einen Propheten damals ebenfalls nicht (vgl. Johannes der Täufer). „Um ihn stärker zu sakralisieren“ kann daher keine befriedigende Erklärung dafür sein, dass die Überlieferung seiner Person so stark mit Wundertaten in Verbindung steht. Es ist wahrscheinlicher, dass im Verlauf der mündlichen Überlieferung gewisse Geschehnisse bis ins „wundersame“ gesteigert wurden. So ist zB der Kern der Erzählung in der Jesus im Sturm auf dem See geht, wohl eher im Kern der Erzählung von der Sturmstillung (Mk 4,35ff) zu finden.

Mein Professor meinte einst in einer Vorlesung zu "interreligiösem Dialog", dass religiöse Schriften neu interpretiert werden müssen, indem sie in einen zeitgenössischen Kontext gesetzt werden.

Völlig richtig. Dies ist seit ein paar Jahrhunderten(!) der Ansatz der Bibelwissenschaft.

worldsmind 
Fragesteller
 19.08.2020, 11:58

Entschuldigung, ich dachte, dass die Wundertaten zu der religiösen Lehre gehören. Allerdings bin ich der Meinung, dass sich beobachtbare Zustände und die "Zuschreibung von Wundern" nicht widersprechen, da diese Beobachtung nicht im Jahr 0 beschrieben wurde. Allerdings macht dein nächster Abschnitt Sinn. Wiederholte mündliche Überlieferung kann durchaus zu Verklärung, Kittelung und Fälschung führen.

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BillyShears  19.08.2020, 12:39
@worldsmind
Entschuldigung, ich dachte, dass die Wundertaten zu der religiösen Lehre gehören. 

Du hattest geschrieben, dass Du nicht glaubst dass Jesus auf dem Meer laufen konnte. Damit beziehst Du Dich auf entsprechende Texte in den Evangelien. Und die sind eben genau das: Texte. Wenn eine Kirche dann sagt „das was in diesem Text steht ist genau so passiert!“, das ist dann eine religiöse Lehre. Das muss man unterscheiden.

Allerdings bin ich der Meinung, dass sich beobachtbare Zustände und die "Zuschreibung von Wundern" nicht widersprechen

Sie widersprechen sich darin, dass der eine Ansatz davon ausgeht dass Jesus tatsächlich auf dem Wasser gelaufen ist und zu erklären versucht, wie er das gemacht hat, und der andere Ansatz geht davon aus, dass Jesus überhaupt nicht auf dem Wasser gelaufen ist. Da liegt der Widerspruch.

da diese Beobachtung nicht im Jahr 0 beschrieben wurde.

Auf die Gefahr hin jetzt sehr kleinlich daher zu kommen, aber ich muss das trotzdem aufklären: das Jahr 0 existiert nicht. Auf das Jahr 1 v.Chr. folgt das Jahr 1 n.Chr.

Allerdings macht dein nächster Abschnitt Sinn. Wiederholte mündliche Überlieferung kann durchaus zu Verklärung, Kittelung und Fälschung führen.

Das ist grad so der Stand in der Bibelwissenschaft. Es lässt sich auch sehr einfach nachvollziehen, zB anhand des Gleichnisses vom Senfkorn:

Mk 4,31f enthält die älteste Überlieferung:
“Wie ein Senfkorn, das, wenn es auf die Erde gesät wird, kleiner ist als alle Arten von Samen, die auf der Erde sind; und wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Kräuter, und es treibt große Zweige, so dass unter seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.“

In Mt 13,31f erkennen wir die erste Steigerung (kursiv markiert):
„...gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; es ist zwar kleiner als alle Arten von Samen, wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als die Kräuter und wird ein Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten.“
(Aus der Zuordnung zu den Kräutern in „größer als alle Kräuter“ wird „größer als die Kräuter“)

In Lk 13,19 finden wir dann eine weitere Steigerung (fett markiert):
„Es gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und in seinen Garten warf; und es wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen.“
(„größer als alle Kräuter“ fehlt hier komplett, es ist nur noch vom Baum die Rede)

Aber letztens stand ich vor einer Senfpflanze (im „Bibelgarten“ neben dem Dom in Bremen) und war erstaunt vor mir so einen Strauch zu sehen, der ähnlich wie Sonnenblumen im Herbst dann abstirbt. Kein Baum. Eher so wie bei Markus, ein Strauch der ein bisschen größer ist wie meine Gartenkräuter.

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Konnte Er nicht übers Wasser laufen, kann er auch mich nicht retten.

Es ist also zwingend notwendig, an einen Jesus zu glauben, der übers Wasser laufen kann, oder an keinen Jesus zu glauben,, für mich persönlich gilt:

https://www.youtube.com/watch?v=f1iAaKHd7z8

Das Wesen der Religion wird mit dem Verstand nie zu erfassen sein, denn Verstand arbeitet linear und geht von Kausalität aus.

Religion wird eher durch die vielen Versuche, die historischen Inhalte aufzuzählen und sie mit dem Verstand zu fassen, zugedeckt, so dass der Gläubige schnell mit Zweifeln und leeren Händen dasteht.

Religion und Wissenschaft sind zwei verschiedene Welten.

Kein Tiger kämpft mit einem Wal.

In meinen Augen war Jesus eigentlich nur ein guter Arzt

Mich hat das kritische Hinterfragen letzendlich dazu gebracht, mich von Religion zu verabschieden und nur noch an Gott zu glauben. Ich glaube nicht an Offenbarungen, nicht an Engel und Teufel oder sonstwas. Die ganzen Texte sind von Menschen erdacht und übersetzt und gefälscht usw.. Gott spricht nicht mit uns.

Wissenschaft und Religion? Die Religiösen passen sich an, wie immer. Außer einigen wenigen Seltsamen...

Wer sich nicht an seine religiösen Regeln hält ist ein Sünder. Das bedeutet nichts Gutes. Bei allen.

Irgendwann wirds die Menschheit einmal begreifen. Falls wir jedoch so weitermachen wie bisher könnte es knapp werden...