Gibt es ganzrationale Funktionen mit zwei Sattelpunkten nebeneinander?
Hallo! Ich unterrichte gerade die übliche Differenzialrechnerei, zurzeit das Thema Steigungsverhalten ("Monotonieverhalten"). Dabei habe ich mich gefragt, ob es ganzrationale Funktionen gibt, die zwei Sattelpunkte "nebeneinander" haben, also ohne einen Hochpunkt oder Tiefpunkt dazwischen. Zeichnerisch ist das ja denkbar. Ich habe versucht, eine solche Funktion zu "basteln", ist mir aber noch nicht gelungen.
Grüßle, AndyWi
5 Antworten
Gesucht: Eine ganzrationale Funktion, die in den Punkten x0=0 und x0=1 jeweils einen Sattelpunkt hat, und für die die erste Ableitung im (beidseitig offenen) Intervall (0,1) nicht verschwindet.
Definition Sattelpunkt: Eine Funktion f hat in x0 einen Sattelpunkt, wenn f'(x0)=f''(x0)=0 ist.
Lösung: Fange bei f' an. Gesucht ist ein f', das an den Stellen 0 und 1 doppelte Nullstellen hat, damit sowohl f' als auch f'' verschwinden. Die Funktion f'(x)=x^2*(1-x^2) erfüllt das. Gleichzeitig ist auch erfüllt, dass die 1. Ableitung zwischen 0 und 1 nicht verschwindet.
Um f zu erhalten, integrierst du den ganzen Spass und erhältst f(x) = 1/5 * x^5 - 1/2 *x^4 + 1/3 * x^3 + C, wobei du dir die Konstante aussuchen kannst.
Diese Funktion ist ganzrational und erfüllt alle geforderten Eigenschaften.
Gesucht ist ein Polynom p:lR -> lR mit Sattelpunkten an den Stellen x_0 < x_1 und ohne Extremstelle in (x_0,x_1).
Zunächst ist es notwendig für die Sattelpunktstellen, dass
p’(x_0) = p”(x_0) = p’(x_1) = p”(x_1) = 0. (*)
Hinreichend für einen Sattelpunkt ist die Bedingung:
p”’(x_0) =/= 0 =/= p’”(x_1). (**)
Es macht also Sinn p als ein Polynom 5 Grades anzunehmen. Dann ist die Ableitung ein Polynom 4. Grades und hat damit höchstens vier reelle Nullstellen. Wegen (*) gibt es dann also kein x in (x_0,x_1) mit p’(x) = 0. Weiterhin ist wegen (*) damit insbesondere auch Bedingung (**) erfüllt.
Sei w ein Polynom 4. Grades, dann gibt es a_j, j = 0,...,4 mit
w = Σ_j a_j q_j, q:lR -> lR, q_j(x) := x^j.
Wir setzten x_2 := x_0, x_3 := x_1 und nehmen uns A = (a_{ij}) in lR^(4x5) mit
a_{ij} :=
| q_j(x_i) falls i gerade,
| q_j’(x_i) falls i ungerade.
Dann wird durch f:lR^5 -> lR^4, f(x):=Ax eine lineare Abbildung definiert.
Wegen dim(Bild f) < dim(lR^5) = 5 gibt es ein nicht triviales Element x = (x_j) in Kern f.
Wir setzten a_j := x_j und definieren uns p durch
p(x) := ∫_{0}^{x} w(x) dx,
dann ist p ein Polynom mit der gewünschten Eigenschaft.
Oh, bei a_{ij} ist ein kleiner Fehler. Es muss
a_{ij} :=
|q_j(x_i), falls i = 0,1,
|q_j’(x_i), falls i = 2,3.
Das kannst du mittels Polynom-Interpolation bestimmen.
Gib bei Google Hermite-Interpolation ein, dann findest du ein Eintrag bei Wikipedia wo ein Verfahren erklärt wird, wie du ein solches Polynom bestimmen kannst.
z.B.
f(x) = (1/9)x^9 - (32/5)x^5 + 256x
Wie unterrichtest du das Thema, aber schaffst es nicht so eine Funktion zu konstruieren...?
wäre ein ganz simples Beispiel.
Man kann sich schon mal ganz einfach überlegen, dass die Funktion mindestens 5. Grades sein muss. Das ist ein guter Startpunkt. Dann überlegt man sich, dass es in der ersten Ableitung zwei (mehrfache) Nullstellen geben muss, die auch in der zweiten aber nicht in der dritten Ableitung Nullstellen sind. Spätestens dann sollte man erkennen, dass Funktionen deren erste Ableitung die Form
f(x)=(x+a)^2(x+b)^2
hat, diese Anforderungen erfüllen (mit a =|= b). Man wählt also zwei Werte für a und b, konstruiert eine Funktion die diese Ableitung hat (integrieren) und fertig.
Danke Gauss58. Aber wie kann ich selbst solche Funktionen konstruieren?