Geht FI-Schalter trotz TN-C?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Grundlegend würde ein RCD auch im TN-C-Netz eingeschränkt funktionieren. Was er nicht erfassen würde, wären Köperschlüsse in Geräten mit hochohmigen Übergangswiderständen z.B. bei Waschmaschinen durch Feuchtigkeit, wo ein Fehlerstrom über das Gehäuse abfließen könnten, die nicht ausreichen, um den LS auszulösen. Im TN-S würde hier der RCD schon reagieren.

Erdschlüsse, also Fehler die nicht über einen PE-Kontakt abgeleitet werden, z.B. Verührungen des Außenleiter durch Personen, oder Fehler in Kabel und Leitungen gegen Erde würde er schon erkennen. Es wäre also eig schon eine gewisse Sicherheit, die erreicht würde.

ABER: Die VDE untersagt das trennen und schalten des Schutzleiter. Da der PEN auch Schutzleiterfunktion hat, darf dieser NICHT geschaltet werden. Im TN-S trennt der RCD ja die Außenleiter und den Neutralleiter, aber der PE bleibt durchgängig ungeschaltet verbunden. Im TN-C würde der PEN unterbrochen, und damit auch die Schutzleiterfunktion. Und das ist eben verboten. Deshalb darf ein RCD im TN-C-Netz nicht eingesetzt werden. Grund liegt in der Tatsache, dass Kontakte im RCD vlt auch mal festbrennen können (kleben bleiben) und dann der Außenleiter weiterhin eingeschaltet ist, während der PEN unterrochen ist. Folge -> Auf allen Gehäusen würde die Außenleiterspannung anstehen und es bestände akute Lebensgefahr (Verschlechterung der Schutzfunktion). Oder durch einen Leiterschluss kommt eine Fremdspannung aus einem anderen Stromkreis auf den vom RCD abgeschalteten Stromkreis. Auch hier würden alle Gehäuse trotz ausgeschaltetem RCD unter Spannung stehen, da es keine leitende Erdverbindnung des Gehäuse gibt, die den Potentialausgleich realisieren würden...

LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 11:08

und wenn der RCD im Fehlerfall nur die Phase trennt und PEN nicht?

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RareDevil  10.03.2024, 11:10
@LUKEars

Dann wäre die Schutzleiterfunktion noch gegeben, aber der RCD erfüllt seinen Zweck der allpoligen Trennung nicht mehr, da er ja auch N-PE-Fehler erkennt und allpolig trennt. Es gibt keine einpolig oder dreipolig schaltende RCD. Die trennen immer zwei/vierpolig den N mit, um eben auch N-PE-Fehler zuverlässig zu trennen...

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LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 11:22
@RareDevil

ok... dange... eine Frage aber noch: kann es im TN-C-Netz überhaupt zu N-PE-Fehlern kommen, wenn doch in jeder Steckdose doch quasi der totale N-PE-Fehler steckt?

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RareDevil  10.03.2024, 11:26
@LUKEars

Das war ja auch auf TN-S bezogen, z.B. Neutralleiterverbindung in einem Gerät mit dem Gehäuse... Im TN-C ist es der gleiche Leiter, daher kann er ja auch keine Körperschlüsse detektieren, da der Ableitstrom über den Gerätekörper auch über den PEN zurück fließt und kein Fehlerstrom erkannt würde. Hier wäre NUR der Erdschlussfall erkennbar, z.B. Körperschluss und zusätzlich Ableitstrom über Erde am PEN vorbei (z.B. über Heizkörper, weil ein Gerät daran anliegt).

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LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 11:30
@RareDevil

also bräuchte man im TN-C einen FI-Schalter, der N nicht trennt? aber den gibt es nicht?

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RareDevil  10.03.2024, 11:49
@LUKEars

Mit einem solchen wäre die Vorgabe, die Schutzleiterfunktion nicht zu trennen, erfüllt. Aber es wäre keine allpolige Trennung der aktiven Leiter.

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LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 12:21
@RareDevil

ok... ich hab ihm schon eine Mitarbeiterwohnung bei uns angeboten... ich wollte den hier sowieso möglichst oft beschäftigen... mal sehn, ob ich ihn überzeugen kann...

es ist also kompett hoffnungslos mit seinen TN-C-Steckdosen? ich hab mal gehört, wenn man am Sicherungskasten rumschraubt, dann muss man auch gleich das TN-C wegmachen/modernisieren... oder?

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RareDevil  10.03.2024, 12:31
@LUKEars

Da es eine Mietwohnung ist, ist somit der Vermieter dafür verantwortlich und zuständig. Er darf nicht mal was ändern, wenn er kein Ok bekommt. Und wenn man da was anpackt, sollte es schon alles sein. Und dann muss es den Richtlinien entsprechen. Ich meine, Teilumbau ginge. Also Teilstromkreis auf TN-S umbauen, RCD nachrüsten, entsprechende Leitungen dieser Stromkreise neu legen. Je nach Ausführung des Sicherungskasten ist das aber so nicht möglich und wenn der Sicherungskasten neu muss, dann ist sowieso komplett alles dran. Lässt sich pauschal also nicht sagen, und er darf eh nichts selbst einfach ändern, nur weil er es will...

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Das liegt in der Natur der Netzform und wie ein FI funktioniert.

FI vergleicht den Strom, der zur Steckdose hin fließt mit dem, der von dort wieder zurückfließt.

Wenn da eine Differenz besteht (der Fehlerstrom), muss Strom zwangsläufig auf Abwege gekommen sein (weil z.B. jemand gerade in Strom fässt oder weil fehlerbedingt ein Schluss zum Schutzleiter hin besteht).

Das erkennt der FI und schaltet ab.

Bei genullten Steckdosen tritt kein für den FI sichtbarer Fehlerstrom auf, wenn ein Schluss gegen PE entsteht. Der FI würde erst auslösen, wenn ein unglücklicher an ein unter Spannung stehenes Gehäuse fässt.

Das könnte man vielleicht noch verschmerzen, aber es gibt noch folgende Probleme:

  • Wenn du z.B. einen Fernseher hast, bei dem intern der Schutzleiter mit dem Antenneneingang verbunden ist, würde der FI fälschlicherweise auslösen, weil ein Teil des Rückstromes zwangsläufig über die Antennenleitung (und damit am FI vorbei) abfließt.
  • Beim Abschalten des FI's wird der PEN ebenfalls unterbrochen. Damit ist der Schutzkontakt an den genullten Steckdosen ebenfalls unwirksam, was unzulässig ist. Der PEN darf wegen seiner Schutzfunktion generell nicht geschaltet werden.
  • Wenn beim Auslösen der PEN durch Fertigungstoleranzen im FI eine Millisekunde vor der Phase getrennt wird, besteht kurzzeitig die gefährliche Situation wie beim PEN-Bruch.
  • Das gefährliche am TN-C ist der gefürchtete PEN-Bruch. Dieser wird vom FI ebensowenig erkannt.

Der FI funktioniert also unter dem Strich nicht ganz so, wie er sollte.

Möglichkeiten, das Problem zu lösen:

  • Neue Leitungen ziehen und damit auf TN-CS umrüsten.
  • Sich notdürftig mit FI-Zwischensteckern behelfen. Da sich diese hinter der PEN-Aufteilung der Steckdose befinden, funktionieren diese. Aber auch nur solange der PEN davor nicht bricht. Solche Stecker müssen daher zusätzlich eine Nullspannungsabschaltung besitzen, um auch diesen Fall abzudecken. Allerdings kann der Schutzkontakt auch hier trotz ausgelöstem FI bei PEN-Bruch unter Spannung stehen, wenn die Auslösung nicht sämtliche vom Bruch betroffenen Verbaucher trennt.
Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.
LUKEars 
Fragesteller
 11.03.2024, 07:51

wie wäre ein FI-Schalter, der N im Fehlerfall nicht trennt?

er hat sich aber schon für einen Umzug in eine unserer Mitarbeiterwohnungen entschieden... also ist die Umrüstung eigentlich nicht mehr ein Thema für ihn...

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Das "C" steht für "combiné", und damit ist gemeint, dass der Schutzleiter und der Neutralleiter ein und dieselbe physische Leitung sind: https://de.wikipedia.org/wiki/TN-System

Im Fehlerfall würde der Fehlerstrom genauso über den PEN-Leiter abfließen wie im Normalbetrieb der Rückstrom aus den Außenleitern. Der FI-Schalter könnte beides nicht voneinander unterscheiden.

Lösung: Elektroinstallation entfernen und durch eine moderne Installation ersetzen (lassen).

LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 08:28

aber wenn ich z. B. ein Kupferkabel am blanken Heizungsrohr und am (wegen eines Isolierungsfehlers an der Phase...) unter Strom stehenden Metall-Gehäuse eines Elektrogerätes festklebe, dann fließt doch der Fehlerstrom nicht über den blauen zurück, sondern über die Heizung in die Erde am FI-Schalter vorbei... oder?

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Trilobit  10.03.2024, 09:05
@LUKEars

Schon. Der reguläre Rückstrom eines normal funktionierenden Gerätes aber auch. Du erzeugst mit solch einer Konstruktion also auch einen neuen Neutralleiter, nämlich die Heizungsrohre, und die werden dadurch (fast) den gesamten Rückstrom aller eingeschalteten Geräte übernehmen. (Das "fast" bezieht sich darauf, dass eigentlich ein Stromteiler zwischen HEizungsrohr und altem PEN-Leiter entsteht. Nicht wirklich wichtig hier. Disclaimer: Ich bin kein Elektriker.)

Dann gibt es eventuell ein neues Problem. Heizungsrohre werden z.B. bei Elektronikarbeiten gerne zum Erden des Körpers verwendet, aber da fließen keine großen Ströme. Gewöhnliche Heizungsrohre müssen vermutlich keinerlei Grenzwerte bezüglich Übergangswiderständen einhalten, weil sie normalerweise nicht Teil eines elektrischen Systems sind. Du könntest also irgendwo innerhalb des Hauses, falls ein Teil des Rohres eine geringere Wandstärke hat oder aus einem anderen Material besteht, einen Übergangswiderstand bekommen (der vielleicht sogar erst nach einer gewissen Wärmeausdehnung wirksam wird) und der sich durch den hindurchfließenden Strom weiter aufheizt. Das kann einen Brand oder einen Wasserschaden verursachen, und außerdem stehen dann plötzlich die Metallgehäuse aller angeschlossenen Geräte unter Spannung.

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LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 09:30
@Trilobit

aber der Strom fließt doch durch den blauen Draht in den FI-Schalter zurück und erst danach kommt dann die Verbindung zwischen blau und grüngelb... oder?

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Trilobit  10.03.2024, 11:23
@LUKEars

Anhand der Skizze auf Wikipedia für das bei dir vorhandene TN-C-Netz gehe ich davon aus, dass schon in der Steckdose N und PE verbunden sein könnten (wenn das auch vielleicht nicht bei allen vorhandenen Steckdosen der Fall ist). Das hatte damals eine Leitung in der Wand gespart, weil zu den Dosen nur zwei Adern gelegt werden mussten (L und PEN) statt drei (L, N, PE).

"erst danach kommt dann die Verbindung zwischen blau und grüngelb" wäre das TN-C-S-Netz.

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Ist so Vorschrift

Punkt B.3.1.1 TN-C-System

https://www.arbeitssicherheit.de/schriften/dokument/9eff0362-ea77-306c-b170-f553c5a3ae87.html

"Das TN-C-System ist in der Gebäudeinstallation veraltet. Bei Unterbrechung des PEN-Leiters liegt an den elektrischen Betriebsmitteln die volle Außenleiterspannung an (früher: "klassische Nullung"). In Deutschland ist die Errichtung (Neuanlagen) dieses Netzsystems seit dem 1. Mai 1973 grundsätzlich verboten.

In reinen TN-C-Systemen darf keine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) verwendet werden."

LUKEars 
Fragesteller
 10.03.2024, 08:25

ok... und was steckt physikalisch hinter diesem Verbot?

wie könnte denn der Strom im blauen und im brauen Draht gleich sein, obwohl Strom iwo „daneben“ geht?

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