Gedenkt man "der Opfer" oder "den Opfern"?

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Sprachlich korrekt ist in diesem Fall der Genitiv.

Umgangssprachlich ist der Dativ schon seit geraumer Zeit dem Genitiv "sein Tod". 

In den letzten Jahren kann man die Abnahme des korrekten Gebrauchs des Genitiv in allen Medienformen (digital und print) beobachten. Immer weniger Menschen beherrschen und nutzen ihn korrekt.

 Das schließt auch Nachrichtensendungen, Reportagen und Werbung (wo man eigentlich sprachliche eloquente Menschen vermuten sollte) leider mit ein.

Deponentiavogel  07.01.2017, 15:36

Man hört nur, was man gerne hören will. (@Fragesteller)

Sprachlich korrekt ist sowohl Genitiv als auch Dativ; es kommt auf die Situation an, wann welcher Fall richtig ist. 

Hast du schonmal die Genitive gezählt, die in einem normalen Zeitungstext vorkommen? Das sieht nicht so aus, als würde der Gebrauch abnehmen. Das hängt damit zusammen, dass der Genitiv eben so narrensicher zu bilden ist. Abgesehen von einigen Leuchten im Journalismus und bei Wikipedia (die Schwankungen des Euro, die Schriften des Islam, die Berge des Himalaya) benutzen ihn die meisten Deutschsprecher ohne Probleme. 

Es ist nicht der Dativ, der dem Genitiv sein Tod ist, sondern der Genitiv selbst. Sobald der attributive Genitiv zunimmt (ein Rat eines Freundes), nimmt der adverbiale rasant ab (ich bedarf eines Rats). Damit wir so etwas nicht haben: Ich bedarf eines Rats eines Freundes.


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In KORREKTEM Deutsch gedenkt man immer des Opfers (Genitiv Einzahl) bzw. der Opfer  (Genitiv Plural). Selbst angesehene Journalisten in Presse und Fernsehen, auch manche Politiker verwenden hier oft den falschen Dativ - Lokaljournalsiten eigentlich immer.

In einigen Jahren wird der Duden den Dativ in diesem Kontext vermutlich dulden.

Die Redakteure und Moderatoren wissen es nicht besser oder es ist ihnen egal, ob sie gutes oder schlechtes Zeug schreiben oder reden. Das ist doch dauernd so bei denen:

Sie verwechseln dauern "scheinbar und anscheinend" und zwar nicht nur in schnell zusammengekoppten Meldungen sondern sogar in fast allen Filmsynchronisationen.

Sie sprechen "penaltyschießen" wie "penááááltischießen" aus, ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass ein Sportreporter das englische Wort "penalty" nicht kennt, aber wahrscheinlich schämt er sich vor den ignoranten Fans, es richtig auszusprechen.

Bei Konstruktionen mit Konjunktiven und Genitiven fangen sie erst richtig an zu schwimmen. Auch hier schämen sich Reporter wahrscheinlich, dass man sie für "hochgestochen" oder "intellektuell-elitär" halten könnte, wenn sie vernünftiges Deutsch sprechen.

Es ist zum Grausen!!!

Ob gedenken mit Genitiv oder Dativ steht, ist nichts, was man in der Schule lernt. Die Regeln zur Verwendung der beiden Kasūs stehen in deinem Sprachzentrum und im Sprachzentrum der Moderatoren und Redakteure. 

Die Sprachwissenschaft vermutet, dass die Regeln dazu im Sprachzentrum ungefähr so aussehen:

Gedenken steht mit einer Ergänzung. Je nachdem welches Syntaxmodell man verwendet, kann man diese Ergänzung Genitivobjekt oder Genitivadverbiale (adverbialer Genitiv) nennen. Wir werden es Adverbiale nennen, weil dann der Schritt zum Dativ nicht mehr so weit erscheint. Der Dativ befindet sich in dieser Terminologie immer im Adverbiale; also egal ob ihn die germanistische Linguistik als freien Dativ oder als Dativobjekt interpretiert.

Wir rekapitulieren:

    Dann gedachte ich unseres Problems und kam zu folgender Lösung … 

               Verb      +       Genitivadverbiale

Der Genitiv hat als Fall eine einzige Funktion: Er antwortet auf die Frage ›in Bezug worauf?‹ (genitivus pertinentiae). In Bezug worauf gedenkst du? Besonders früher gedachte man gerne in Bezug auf etwas, weil das Gedenken ein angestrengtes Denken war; so wie im obigen Beispielsatz. 

In jüngerer Zeit hört man den Genitiv hinter gedenken nicht deshalb seltener, weil der Dativ um so vieles beliebter beim Volk ist, sondern weil sich das Gedenken wesentlich geändert hat. Heute gedenkt man vor allem feierlich einem bestimmten Ereignis. 

Für ein feierliches Gedenken ist der Dativ die erste Wahl, denn seine Funktion besteht darin, anzuzeigen, zu wessen Gunsten etwas geschieht (dativus commodi).

    Am 23. September gedachte er dem Unfalltod seiner Frau. 

                                      Verb   +    Dativadverbiale

Es zeugt von gutem Sprachgefühl, wenn man die beiden Fälle bei der richtigen Gelegenheit einsetzen kann und dann eben auch virtuos zwischen ihnen wechselt. 

boppa 
Fragesteller
 07.01.2017, 11:52

Viel Spaß beim "virtuosen Wechseln" :-))

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Die Ignoranten, die mit dem Dativ "dem Genitiv sein Tod" in die Wege leiten wollen, benutzen die falsche Form, sie gedenken dabei dem armen Genitiv noch nicht mal.

Natürlich gedenkt man der Opfer! Und wenn man die Sprache liebt auch des Genitivs.