Frage: Übergangsformen der Evolution!

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Du kannst dich hier durch die gesamte Wirbeltierphylogenie klicken: http://tolweb.org/Vertebrata

Vertebrata, also Wirbeltiere, waren zu beginn kieferlos und hatten noch keine feste Wirbelsäule sondern nur einen Knorpelstrang, welcher den Körper festigte und schlängelnde Schwimbewegungen (sie waren "Fische") ermöglichte.

Eine Linie dieser frühen Wirbeltiere entwickelte Kiefer: Gnathostomata ("Kiefermünder"). Diese Linie bestand anfangs aus ziemlich verrückt anmutenden Fischwesen, die oft knöcherne Kopf- und Rumpfpanzer hatten (Placodermi, also "Plattenhäuter"). Sie starben allerdings vor mehreren Hundert Millionen Jahren aus.

Aus anderen Gnathostomata entwickelten sich die Knorpelfische, Chondrichthyes, zu denen auch unsere heutigen Haie, Rochen und Chimären gehören. Wieder andere entwickelten ein Kalk-Innenskelett, die sogenannten Knochenfische (Osteichthyes). Diese unterteilten sich in Strahlenflosser (Actinopterygii), zu welchen die meisten heutigen Fische gehören (außer Knorpelfische) und - jetzt wird es interessant für den Übergang zum Land! - Fleischflosser (Sarcopterygii). Man muss wissen, dass bis zu dieser Entwicklung hin keine Wirbeltiere auf dem Land lebten, sondern sich alles im Wasser abspielte. Der Landgang stellt ganz neue Anforderungen dar (c.a. Atmung und Schwerkraft) und ist nicht so trivial. Vor den ersten Landwirbeltieren (Tetrapoden), die sich letztlich aus Fleischflossern entwickelten, gab es an Land so gut wie ausschließlich Pflanzen und Insekten.

Hier finden wir im Fossilbericht einige wirklich exzellent erhaltene "Übergangsformen", die die dramatische Entwicklung von Wasser zu Land erstaunlich detailliert nachvollziehen lassen: An vorderster Front Tiktaalik! Die meisten wasserlebenden Sarcopterygier starben übrigens letztlich aus, heute gibt es nur noch die Quastenflosser und die Lungenfische!

Aus den frühen Tetrapoden gingen die Amphibien hervor, und später auch alle anderen Klassen von Landwirbeltiere, die wir kennen. Die letzten gemeinsamen Vorfahren von Reptilien, Säugetieren und Vögeln waren frühe Amniota, die sich durch ihre spezielle Anpassung in der Embryonalentwicklung, das Amnion (Teil der Fruchtblase) auszeichnen. Im Gegensatz zu den Amphibien ermöglichte dieses Amnion zusammen mit einhergehenden, weniger eindeutigen Anpassungen, die Eiablage im Trockenen, ein gewaltiger Vorteil!

Eine bestimmte Linie der frühen Amniota verlagerten gar die Embryonalentwicklung ganz ins Körperinnere: Das waren die ersten Säugetiere. Noch heute gibt es ein paar "basale" Säugergruppen, die noch Eier legen oder die Eier in speziellen Körpertaschen "ausbrüten": die Kloakentiere (Monotremata)!! Sie zeugen eindrucksvoll davon, wie diese evolutionäre Entwicklung graduell von statten gehen konnte.

Die "Ur-Säugetiere" spalteten sich sehr früh innerhalb der Ur-Amniota ab. Vom Skelett her erkennt man sie am besten an einem bestimmten Schläfenfenster im Schädel, welches alle anderen Amnioten nicht besitzen. Daher bezeichnet man die Gruppe der Ur-Säuger (zusammen mit den heutigen Säugern) als Synapsida.

Die Amniota ohne Schläfenfenster nennt man Anapsida, und von ihnen existieren heute nur noch die Schildkröten.

Die späteren "Reptilien" jedoch (also Echsen und Dinosaurier inklusive Vögel) besitzen 2 solche Schläfenfenster: Diapsida. Sie wiederum spalteten sich frühzeitig in 2 größere separate Linien auf: Archosauromorpha (Krokodile, Dinos und Vögel) und Lepidosauromorpha (Echsen und Schlangen).

Die Archosauromorpha differenzierten sich in eine weite Bandbreite von Spezies, eine gewaltige Artenvielfalt. Viele der "Ur-Gruppen" sind nicht sehr gut bekannt, besser bekannt sind die "Dinosaurier". Sie spalteten sich auf in Ornithischia (Vogelbeckensaurier), und Saurischia (Echsenbeckensauriern). Zu den Ornithischia gehörten beispielsweise die berühmten Triceratops und Stegosaurus. Die Saurischia unterteilten sich in Sauropodomorpha (die gewaltigen Pflanzenfresser der Trias, Jura und Kreidezeit, wie z.B. Diplodocus oder Brachiosaurus) und Theropoda, den zweibeinigen Raubsauriern.

Zu den Theropoden gehört z.B. Deinonychus, Tyrannosaurus, Velociraptor - und: die Vögel.

Die Vögel entwickelten sich bereits im Jura (vor über 150 Millionen Jahren!) aus - da sind sich die Forscher heute weitgehend einig - gemeinsamen Vorfahren mit den Tyrannosauriern. Die berühmte Mosaikform Archaeopteryx ist einer der frühesten Vögel und lebte vor ca. 150 Millionen Jahren. Er besitzt sowohl "Reptil"-Merkmale als auch Merkmale, die ihn eindeutig in die Verwandtschaft der heutigen Vögel stellen.

Vor 65 Millionen Jahren schließlich starben alle Dinosaurier aus, bis auf die Vögel! Auch unter jenen starben freilich sehr viele Gruppen aus, aber einige wenige überlebten, aus welchen sich dann nach und nach die gewaltige Artenvielfalt entwickelte, die wir heute sehen.

eisn89  16.02.2013, 13:24

Die Zusammenfassung hab ich mir prompt als .txt abgespeichert! =)

Danke dir.

1

so eine Reihenfolge finde ich nirgends im Internet

Weil es sie nicht gibt.

Es gibt keine Übergangsformen. Sowas ist in der Evolutionstheorie nicht beschrieben.

Die Entwicklung von Arten ist ein kontinuierlicher Prozeß, der sich durch geringe Unterschiede der Individuuen von Generation zu Generation vollzieht.

Erst wenn ich auf diesem Zeitstrahl zwei Schlaglichter auf weit entfernte Bereiche werfe, bekomme ich Ansichten, die eine erkennbare Entwicklung sichtbar machen.

Mitunter gelingt so ein Schnappschuß durch den Fund von Fossilien. Es ist noch nicht lange her, daß wurde ein Saurierfossil gefunden, bei dem man Feder festgestellt hat, obwohl der sicher nicht flugfähig war.

Ich empfehle zum Verständnis dieses Mechanismus folgendes:

http://www.amazon.de/Gipfel-Unwahrscheinlichen-Evolution-Richard-Dawkins/dp/3499624524/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1360864677&sr=8-1

Hier wird auf sehr nachvollziehbare Weise dargestellt, wie sich komplexe Eigenschaften wie z.B. der Vogelflug entwickelt haben.

lppd39lwvcL 
Fragesteller
 14.02.2013, 21:33

Mosaikformen?

0
realsausi2  15.02.2013, 00:21
@lppd39lwvcL

wikipedia.org/wiki/Mosaikform

Wiki beschreibt das doch recht eindeutig. Erst in der Betrachtung aus der zeitlichen Distanz sind Einordnungen von sich kontinuierlich entwickelnden Linien in verschiedene Taxa möglich.

Die Evolution findet immer nur von einer Generation zur nächsten statt.

Stell Dir das vor, wie das Morphing im graphischen Bereich.

In diesem Video von Michael Jackson kannst Du das ab 5.35 anschauen.

http://www.myvideo.de/watch/7903983/Michael_Jackson_Black_Or_White_Michael_Jackson_s_Vision

Da morpht es von einem Sumoringer zu einem hübschen Mädel und man begreift gar nicht, was man da sieht. Als ich das 1992 zum erstem mal sah, war ich völlig durcheinander. Wir haben am Videorecorder mit den damals noch total miesen Standbildern uns die Zwischenschritte angeschaut. Diese "Zwischenformen" enthalten Merkmale beider Charaktere (Taxa) und sind doch jedes für sich eigenständig.

Mosaikformen sind also wie die Zwischenbilder zwischen zwei Punkten.

Im Gegensatz zum Video sind diese beiden Punkte auf dem Zeitstrahl der Evolution aber immer willkürlich von uns festgelegt. Eine Mosaikform kann uns helfen, die Veränderungen von Punkt 1 zu Punkt 2 besser zu verstehen. Aber solche paläontologischen Bestimmungen werden heute durch molekulargenetische Verfahren abgelöst.

1

Selbstverständlich gibt es *Übergangsformen". Etwa ist Archäopterix eine solche.

Man darf aber nicht vergessen, daß die Entwicklung von Arten über ihre Varianten dergestalt verläuft, daß jede neu auftretende Variation (oder Art) nur dann Verbreitung findet, wenn sie selbst einen Überlebensvorteil hat.

TomBombadil2010  16.02.2013, 13:02

daß jede neu auftretende Variation (oder Art) nur dann Verbreitung findet, wenn sie selbst einen Überlebensvorteil hat.

Kleine Korrektur: Bereits "kein Überlebensnachteil" kann dazu führen, dass eine Variation Verbreitung findet, z.B. durch Vordringen in einen neuen Lebensraum mitsamt den genetischem Implikationen ("bottleneck", Gendrift).

0
kgunther  16.02.2013, 17:41
@TomBombadil2010

Die Einschränkung müßte sogar noch viel weiter gehen:

Selbst einem Ü.-Nachteil zum Trotz kann eine Variante sich ausbreiten, wenn in einem neuen Habitat der Ü.-vorteil überwiegt.

In der gewohnten Umgebung wären weiße Varianten des Hasen, Grizzly, Huhns (u.v.a.) zum Aussterben verurteilt. Durch Ausweichen in eine schneereiche Umgebung wird der Ü.-Nachteil in einen Ü.-Vorteil verwandelt.

Aber beide Einschränkungen sind überflüssig. Es bleibt richtig, daß eine Variation nur dann erhalten bleibt, wenn sie einen Ü.-vorteil bietet. Dieser Ü.-Vorteil kann aber auch durch Ausweichen in ein neues Habitat wahrgenommen werden.

0
TomBombadil2010  18.02.2013, 12:35
@kgunther

Es bleibt richtig, daß eine Variation nur dann erhalten bleibt, wenn sie einen Ü.-vorteil bietet.

Nicht unbedingt, und darauf wollte ich eigentlich hinaus, auch wenn deine Einschränkungen ebenfalls richtig sind:

Neutrale Evolution, also weder vorteil- noch nachteilbehaftet. Varianten können in Populationen allein durch stochastische Drift-Effekte fixiert werden. Es gibt Modelle, nach denen solche neutralen Evolutionsprozesse einen ganz erheblichen Anteil an der Evolution hatten und haben.

Das ist ein faszinierender Aspekt, der es leider bis heute nicht in den Schulstoff geschafft hat..

0