"Evangelische" Musik in katholischen Messen?

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Es ist sogar ein beträchtlicher Teil am verwendeten Liedgut, der auf protestantische Komponisten und Texter / Dichter zurückgeht. Das gilt auch für das sogenannte "moderne geistliche Liedgut", allerdings nicht mehr so stark im Umfang wie beim Liedgut der Reformation.

In den katholischen Gottesdiensten mindestens bis zur Gegenreformation wurde nur der Gregorianische Choral an den Sonn- und Feiertagen verwendet. Von den Protestanten hieß es, dass sie "viel schönere Lieder in den Gottesdiensten" singen, insbesondere als Volksgesang im Gegensatz zur als strenger empfundenen Choralschola im Wechselgesang. Das war besonders ab der Gegenreformation eine Herausforderung, auch katholisches Liedgut zu etablieren. Ab dieser Zeit sind dann auch die Kompositionen von Messgesängen zur Gestaltung der Liturgie entstanden, auch als Novum mit richtiger Orchesterbegleitung. Eine starke Befeuerung "moderneren" Liedguts gab es etwa seit den 1920er Jahren mit der sogenannten "liturgischen Bewegung" und etwas später mit der "ökumenischen Bewegung" — ich meine so ab den 1940er Jahren — alles natürlich relativ zaghaft von beiden Seiten.

Für das "moderne geistliche Liedgut" und der Übernahme vor allem aus pietistischen Gemeinschaften, freikirchlichen und evangelikalem Umfeld ab etwa Mitte der 1970er Jahre war die kirchliche Aufbruchstimmung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sehr begünstigend. Etwa parallel zu dieser Zeit wurde in der katholisch-charismatischen Erneuerung viel von diesem Liedgut übernommen und auch selbst entwickelt. Einige Lieder aus dieser Zeit der 1980er Jahren und der Zeit danach haben es sogar ins aktuelle Gotteslob geschafft und damit auch zur Verwendung in katholischen Messen.

In die Gegenrichtung gibt's das übrigens auch.

Ich weiß indirekt von einem Brautpaar, das in einer evanglischen Kirche gern das "Ave Maria" von Gounoud gespielt haben wollte.

Das lehnte der Pfarrer aber ab. (Wohl nicht wegen der Konfession des Komponisten, sondern wegen des Texts "Ora pro nobis peccatoribus".)

Wir Katholiken singen sogar Lieder, die vom Reformator Martin Luther höchstpersönlich stammen, z.B. "Vom Himmel hoch, da komm ich her" (GL 237) oder "Nun bitten wir den Heiligen Geist" (GL 348 - obwohl das, laut Gotteslob auf ältere Texte zurück geht), "Mitten im Leben" (GL 503).

Man achtet nicht auf die Konfession des Liedautors, sondern auf den Inhalt des Liedes. Wenn's passt, dann passt's.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Von J.S. Bach stammt die h-moll-Messe. Eindeutig katholisch.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich habe Religionspädagogik studiert.

Mir ist keine katholische Kirche bekannt, die nur Musik von katholischen Komponisten spielen würde. Wikipedia hat eine Liste mit allen Gesängen, die im Gotteslob, dem katholischen Gesangsbuch, enthalten sind https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Ges%C3%A4nge_im_Stammteil_des_Gotteslobs). Da dürften auch einige evangelische Komponisten dabei sein.

Naimrif  27.01.2023, 11:45

Die Gemeinde meiner Oma - vor 40 Jahren - hatte einen konservativen Pfarrer, der nur Lieder katholischer Komponisten aus dem Gotteslob auswählte. Sagte er zumindest.

Ist aber sicher nicht die Regel und war's auch damals nicht.

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Tileka  27.01.2023, 15:57
@Naimrif

Ausnahmen bestätigen die Regel ¯\_(ツ)_/¯

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