Ethernet over Coax Erfahrungen?

3 Antworten

Generell kann man Ethernet über zweipolige Leitungen (Stichwort "Zweidrahtmodem") übertragen. Ich habe das schon mit einer alten Telefonleitung erfolgreich gemacht.

Eines vorweg: Ethernet über Zweidraht ist ja ein "Shared Medium". Also reduziert sich durch den Halbduplex-Betrieb die effektive Übertragungsrate, was sich je nach Anwendungsfall (z.B. wenn gleichzeitig Uploads und Downloads laufen sollen) unterschiedlich stark bemerkbar macht.

Bei Coax stellen sich dann mehrere Fragen:

Werden die Leitungen noch genutzt? Wenn ja, wofür (terrestrisch Radio/Fernsehen, Kabelfernsehen, Sat)? Es gibt Lösungen, bei denen Ethernet "Huckepack" mit übertragen wird. Dann stellt sich die Frage, ob das bei der Bestandsanlage möglich ist und/oder Änderungen an der Antennenanlage erforderlich werden.

Geht es es um eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung oder ein Netzwerk? Die eigentliche Stärke von Ethernet über Zweidrahtmodems sind Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Ethernet-Zweidrahtmodems werden daher oft als "Extender" bezeichnet).

Ich vermute, bei Dir gibt es (oder gab?) es einen Antennenverteiler unter dem Dach, von dem Antennenkabel zu den einzelnen Zimmern laufen? Und Du willst jedes Zimmer mit Ethernet versorgen?

Das wäre dann eine sternförmige Vernetzung. Das Problem ist nur, dass die Mitte des Sterns der Antennenleitung unterm Dach ist, während die "Zentrale" des Ethernets (also der Router) im Erdgeschoss liegt. Also wäre die Verbindung von Router zum "Sternpunkt" unterm Dach sozusagen ein Downlink, über den sämtliche Internetdaten vom Router zu den Endgeräten laufen müssen. Das wäre dann also ein Nadelöhr für die Übertragungsrate.

Dann ist die Frage, wie die "Verteilung" in der Mitte des Sterns funktioniert. Beim normalen Ethernet wäre das ja aktiv (Netzwerkswitch), so dass alle Leitungen unabhängig voneinander betrieben werden.

Bei Ethernet over Coax gibt es so einen aktiven Switch nicht (zumindest normalerweise nicht). Also sind alle Coaxleitungen am Antennenverteiler einfach "zusammengeschaltet". Damit müssen sich alle Übertragungswege zu den einzelnen Zimmern ein Shared Medium" teilen, sodass die effektive Üertragungsrate sinkt.

Dann stellen sich noch Fragen bzgl. Zuverlässigkeit und Sicherheit.

Bei CAT-Kabeln werden Signale zwischen verdrillten Aderen übertragen. Eine umhüllende Schirmung schützt vor eingestrahlten Störungen. Je nach Situation kann man den Schirm auf einer Seite, auf der anderen Seite, auf beiden Seiten oder auf gar keiner Seite erden. Für die Geräte sollte das eigentlich nur die Bedeutung haben, dass z.B. das metallische Gehäuse der RJ45-Buchsen so auf Erdpotential gebracht wird. Wenn die Metallgehäuse der Ethernetbuchsen auch mit Erde verbunden sind (z.B. wenn alle metallischen Gehäuseteile mit PE vom Schukostecker des Gerätes verbunden sind), findet so ein Potentialausgleich statt.

Bei Coax wird das Signal zwischen Innenleiter (Seele) und Außenleiter (Schirm) übertragen. D.h. der Schirm hat bei Coax sozusagen eine Doppelfunktion - für Signalübertragung und Schirmung. Es stellt sich dann die Frage, wie problematisch das von der Störempflindlichkeit ist (Stichwort "Brummschleife").

Wenn auch Power over Ethernet über Coax übertragen wird, stellen sich aus meiner Sicht auch Fragen bzgl. der Sicherheit. Denn man kann ja nicht wissen,wie sauber damals bei der Leitungsverlegung und bei der Monage von Steckern und Buchsen gearbeitet wurde. Das Geflecht des Schirms ist ja nicht so "solide" und "mechansch klar definiert" wie eine Ader einer Leitung. Da könnten also erhöhte Kontaktwiderstände auftreten oder abstehende "Häärchen" des Schirmgeflechts Kurzschlüsse verursachen.

Mein Vorschlage wäre daher, zu schauen ob es vielleicht andere übriggebliebene Leitungen (z.B. alte Telefonleitungen oder Klingelleitungen) gibt.

Wenn es doch auf Ethernet over Coax hinausläuft, könntest Du Dir überlegen, einen Switch am "Sternpunkt" des Coaxnetzwerkes zu setzen (entweder einen speziellen EoC-Switch oder einen normalen Switch, dan den Du für jede Antennenleitung ein einzelnes EoC-Modem angschliesst). Das ist sicherlich teurer, aber denke ich von der Performance und von der Zuverlässigkeit besser. Und das Reichweitenproblem stellt sich so dann auch nicht.

Nach meinem Überblick gibt es Ethernet über Koax-Kabel nur bis 10 Mbit/s. Antennenkabel und Netzwerkkabel unterscheiden sich jedoch u. a. in der Impedanz. Zudem dürfte es schwierig sein, passende Hardware zu besorgen - abgesehen davon, dass Dir 10 Mbit/s wohl nicht reichen werden.

KarlRanseierIII  29.06.2021, 03:22

Ether over Coax ist nen Standard, der ein Band und in diesem im Prinzip das gleiche Verfahren wie 'Powerline' nutzt (IEEE1901 - HomePlug), sollte um die 500M netto packen :

https://en.wikipedia.org/wiki/Ethernet_over_coax

Ein ähnlicher Standard ist MoCA.

MoCA nutzt 500MHz bis 1500 MHz, schafft dabei ~2.5G:

https://en.wikipedia.org/wiki/Multimedia_over_Coax_Alliance

Und dann gäbe es da noch G.hn:

https://en.wikipedia.org/wiki/G.hn

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Hat also nichts mit den guten alten 10Base zu tun...

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franzhartwig  29.06.2021, 07:26
@KarlRanseierIII

Danke für die Info, wieder was gelernt. Passende Hardware gibt es bei Amazon und Reichelt, für 150 Euro pro Modem.

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Soweit ich weiß, ist das kein großes Problem.

Aber vermutlich kommt es sehr teuer. Koax ist zwar kein schlechtes Kabel für Datenübertragung, aber der Umgang ist relativ komplex, verglichen mit CAT. Besonders, wenn du Dosen einsetzen willst.

Auch wenns viel Arbeit ist, würde ich CAT bevorzugen.

Das ist halt Zukunftsfähiger als Coax. Und Praktischer. Zudem kannst du damit POE Geräte wie Accesspoints nutzen.

DerHelfer9911  28.06.2021, 22:02

Um genau zu sein: Ich habe CAT schon bevorzugt.

Habe das gesamte Haus verkabelt.

Man braucht halt entsprechendes Werkzeug, Kompetenz im Umgang damit, sowie z.B. einen Netzwerktester ggF. einen Schrank und so weiter.

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fb1701  29.06.2021, 16:28
@DerHelfer9911
Man braucht halt entsprechendes Werkzeug, Kompetenz im Umgang damit, sowie z.B. einen Netzwerktester ggF. einen Schrank und so weiter.

Wobei der Bedarf an Werkeug und die Anforderungen an die eigene Kompetenz und Geschicklichkeit gar nicht so extrem sind. Gerade mit Keystonemodulen geht das recht leicht. Man braucht nur einen Seitenschneider und ein Abmantelwerkzeug (z.B. Knipex ErgoStip). Dann natürlich noch das allgemeine Handwerkszeug z.B. für Bohren und Schrauben zur Montage von Dosen an der Wand.

Ob man einen Netzwerkschrank braucht hängt von der Größe des Netzwerkes ab Es gibt auch kleine Patchfelder und kleine Switches die man z.B. so an die Wand schrauben oder auf ein altes "Telefon-Tischchen" legen kann.

Normale Netzwerktester sind natürlich teuer. Für Heimanwender gibt es inzwischen aber auch vereinfachter Netzwerktester. Ich habe mit dem "Pocketethernet" (mit Bedienung über ein Smartphone) gute Erfahrungen gemacht.

Der einzig wirklich kritische Aspekt bei der Verlegung von Ethernetleitungen ist es, die passenden "Wege" für die Leitungsverlegung zu finden. Mir hat dabei eine Endoskopkamera geholfen. Die gibt es inzwischen auch ab ca. 100 EUR. So kann man leicht die Hohlräume im Haus "erkunden". Bei meiner Endoskopkamera waren Werkzeugaufsätze dabei, mit denen ich das Endoskop auch gleich als Zugseil verwenden konnte: Wenn ich mit dem Endoskop den "Weg" durch einen Deckendurchbruch gefunden hatte und ich mit der Kamera am Ziel herausgekommen war, konnte ich den Aufsatz aufschrauben und das CAT-Kabel durch den Hohlraum ziehen (oder ein "Hilfsseil" einziehen mit dem dann weiter arbeitet).

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