Erzieherinnen sagen ich soll mein kind früher abholen?

3 Antworten

Ich kann da das Buch "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn" von Danielle Graf und Katja Seide (diese haben auch einen Blog) sowie den Instagram Blog von Kathy Weber "Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern" (sie hat auch eine Webseite) empfehlen.

Wenn sogenannte Strafen als Konsequenzen getarnt sind - und Wegnehmen eines Privileged ist nichts anderes als eine Strafe - kann das mehr zu Gegendruck kommen.

Denn aggressives Verhalten bei Kindern hat immer einen Grund - sie sind in Not und wollen darauf aufmerksam machen.

Bestrafungen oder Konsequenzen - ich rede nicht von natürlichen Konsequenzen,wie wenn man im Regen rausgeht,wird man nass - wirken nur kurzfristig und die Impulskontrolle wird dadurch nur so gefördert, dass dieses Fehlverhalten nur aus Angst vor Strafe und bei Anwesenheit einer Kontrollperson unterlassen wird. Sobald es sich unbeobachtet fühlt,kann es das heimlich tun und Lügen wird dadurch ich gefördert.

Jedoch will man ja eigentlich erreichen,dass Kinder lernen, solches Verhalten zu lassen, aus moralischer Einsicht ohne Anwesenheit einer Autoritäsperson - und ja das dauert und ist ein langer Weg,aber die neuronalen Verbindungen im Gehirn sind hier länger als die bei den Konsequenzen und Strafen.

Strafen bewirken zur kurzfristig etwas, denn mit zunehmendem Alter muss die Strafe noch "schlimmer" werden, ansonsten verliert sie an Macht und Gewicht. Das kann dazu führen,dass in der Pubertät dann rebelliert wird,weil man sich nichts mehr sagen lassen will und die eigene Kraft und Macht nun ausnutzt.

Lies mal hier:

https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2017/09/strafen-warum-wir-kinder-nicht-bestrafen-muessen.html?m=1

Ich hoffe, dass sich das wieder einrenkt.

Und aggressives Verhalten liegt auch an der Impulskontrolle,die eben noch bei Kindern noch nicht ausgereift ist.

Liebe Grüße

Cyclebreaker  25.10.2023, 20:07

"Kinder fangen erst dann an, gezielt zu provozieren, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Kooperationsbereitschaft nicht anerkannt und gewürdigt wird und sie sich zu oft übergangen fühlen."

0
Cyclebreaker  26.10.2023, 10:25

Der größte negative Aspekt von Tokensystemen ist ihre Wirkung auf die neuronalen Bahnen im Gehirn. Wird einem Kind beigebracht, dass seine Aktionen immer von den Eltern durchgesetzte, positive oder negative Konsequenzen haben, bilden sich in seinem Gehirn relativ kurze, wenig verschachtelte Nervenbahnen. Ich nenne sie hier mal der Einfachheit halber "Wenn-Dann"-Nervenbahnen.

Diese "Wenn-Dann"-Nervenbahnen sind aufgrund ihrer wenig komplexen Natur recht bald im Gehirn aufgebaut, d.h. ein Kind reagiert verblüffend schnell auf diese elterliche Taktik: "Wenn du nicht aufhörst, mit Sand zu werfen, gehen wir gleich nach Hause!" (direkter Entzug von Privilegien), oder auch auf: "Wenn du jetzt leise bist, gehen wir gleich ein Eis essen" (Belohnung). Das fühlt sich natürlich erst einmal fantastisch an für die Eltern, die sich freuen, ihre elterliche Kompetenz unter Beweis gestellt zu haben. Ich kann daher gut verstehen, dass viele, viele Eltern darauf zurückgreifen und ja, auch mir sind schon mehr als einmal solche Sätze über die Lippen gekommen, wenn ich nicht die Kraft hatte, mich mit dem eigentlichen Problem des Kindes auseinanderzusetzen. 

Leider werden die Wenn-Dann-Nervenbahnen im Gehirn nicht richtig aktiviert, sobald keine strafende Autorität im Hintergrund steht und mit einer Konsequenz droht. Sprich: Ein Kind, das gelernt hat, dem anderen die Schippe nicht wegzunehmen, weil es sonst nach Hause muss oder einen negativen Punkt am Verstärkerplan bekommt, wird an anderer Stelle einem anderen Kind trotzdem den Roller wegnehmen, wenn seine Eltern nicht dabei sind! Ein Kind wiederum, das keine kurzen Wenn-Dann-Nervenbahnen ausgebildet hat, sondern lange, verschachtelte Nervenbahnen, die sich aus echtem Verständnis für die Situation des anderen Kindes entwickelten, würde auch ohne Autorität im Hintergrund das unerwünschte Verhalten unterlassen. Es würde dem anderen Kind den Roller nicht wegnehmen, weil es wüsste, wie traurig dieses sich dann fühlt. Dazu muss es aber viele, viele Male diese Situation durchgemacht haben, sowohl als Wegnehmer, als auch als Weggenommen-Bekommener, um Verständnis für beide Seiten zu entwickeln und es muss auch schon ein bestimmtes Alter (etwa ab 4) haben, um überhaupt die Perspektive des anderen Kindes einnehmen zu können.

https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2015/05/sind-belohnungssysteme-tokensysteme-und-verstaerkerplaene-fuer-kinder-sinnvoll-und-welche-vorteile-und-nachteile-gibt-es.html

0

Ich arbeite in einer Kita mit schwer erziehbaren Kindern und das was man Systemsprenger nennt. Also die richtig schweren Fälle. Natürlich haben wir auch Kinder die schlagen.

Die wollen dass ich den um 12 abhole obwohl im vertrag bis 14 uhr abgesprochen wurde.

Du zahlst bis 14 Uhr, also bleibt das Kind bis 14 Uhr. Schlechtes Verhalten des Kindes ist kein Grund, dass das Kind früher abgeholt wird. Was ist wenn du bis 13.30 Uhr arbeiten gehst? Aber es gibt Ausnahmen und zwar, wenn das Kind jemanden blutig oder krankenhausreif geschlagen wird.

Es gibt auch noch eine andere Sache, und zwar, wenn das Kind nicht Kita fähig ist. Aber schlagen allein ist kein Grund das das Kind nicht Kita fähig ist. Dazu brauchts mehrere Faktoren.

 Ich versuche seit Monaten ihn das abzugewöhnen in dem ich wenn er mich haut weg gehe und signalisiere dass es weh tut und das hauen böse ist.

Das ist ein Weg, aber nur ein Teil eben. Ich gehe mal davon aus, das das Kind ein Regelkind ist, keine Integration, Behinderung oder ähnliches hat. Du kannst mit ihm reden. Setz dich mit ihm hin, bei einer Tasse Kakao, fernab von Radio, Fernsehen oder Computer. Die Aufmerksamkeit soll bei dir liegen. Du erklärst ihm Kindgerecht das Schlagen nicht in Ordnung ist. Du kannst ihn ja mal fragen, wie er sich fühlt wenn er von anderen geschlagen wird. Mit 4 müsste er darauf schon antworten können. Warte seine Antwort ab und dann sagst du ihm, das Schlagen eine Grenze ist. Man darf nicht schlagen. Und weil schlagen nicht in Ordnung ist folgt eine Konsequenz weil das nicht in Ordnung ist. Frage ihn, was er denkt, was das für eine Konsequenz sein könnte. Weil ihr wollte ja, dass das schlagen aufhört. Er könnte zB sein Lieblingsspiel abgeben und so weiter. Natürlich wird er Sachen nennen, auf die er gut verzichten kann. Aber so solls nicht sein, es soll schon so sein, dass er merkt, ok wenn ich das mache folgt eine Konsequenz, die mir nicht gefällt. Es könnte so sein, dass er seine Lieblingsfolge nicht sehen kann, oder sein Lieblingsspiel nicht sehen kann, oder gewisse Rituale einfach nicht mehr stattfinden, zB der Gang auf dem Spielplatz am Wochenende, oder was auch immer ihr habt.

Der Verzicht muss ihm weh tun und es muss im Kopf haften bleiben. Und wenn ihr gemeinsam eine Lösung gefunden habt muss das Bildlich festgehalten werden. Sei es mit Bildern, was selbst gemaltem oder aus dem Internet herunterkopierten Bildkarten. Es muss an einer Stelle hängen, bei dem er das gut sehen kann. Und du musst ihm klar machen, dass du seine Erzieherin auch einweihen wirst. Und er muss dabei sein, wenn du es ihr sagst, damit er dich und die Erzieherin nicht ausspielen kann. Warum das sage ich dir später nach dem nächsten Zitat. Vielleicht gibst du der Erzieherin ein zweites Bild dieses Vertrages, damit sie es im Gruppenraum gut sichtbar für ihn aufhängen kann.

Die Konsequenz wird kommen. Es ist nie so, das nix passiert sobald der Vertrag steht, denn er wird die Grenzen austesten. Er will wissen wo sein Platz im Leben ist und dafür braucht er Grenzen, Regeln und Konsequenzen. Es kann so sein, dass die Konsequenz 5-10 mal durchgeführt werden muss, manchmal sogar mehr, bis die fruchtet und im Gedächtnis hängen bleibt. Und sie muss eventuell verändert werden, wenn ihm die Konsequenz nicht mehr stören sollte. Er auch könnte sein, das er sich nach einem Verbot ein Ersatzobjekt sucht und ihn das gemeinsam Bestimmte nicht mehr tangiert.

Und wenn du in der Konsequenz mit deinem Kind bist darf es keine Ausnahmen geben. Ein Nein muss ein nein bleiben. Wenn ihr zB ausgemacht hat, das er sein Spielzeug 2 Tage nicht mehr nehmen kann, dann muss es auch bei diesen 2 Tagen bleiben. Keine Ausnahme. Machst du Ausnahmen merkt das Kind, dass du unzuverlässig bist und wird so lange an dir arbeiten bis du genervt aufgibst. Das darf nicht passieren und so ist alles für die Katz.

Diese Konsequenz erfolgt immer wenn er eine Regel überschreitet. Nicht nur bei schlagen. Es muss eine Konsequenz für alle Fehlverhalten sein. Nicht für jedes Fehlverhalten speziell ein neues. Das wären zu viele Konsequenzen und die kann er sich nicht alle merken.

Zeigt er gutes Verhalten hingegen muss er gelobt werden und weiter motiviert werden. Das Lob muss zeitnah sein. Die Motivation auch. Die Belohnung muss schön sein und genau so überragend sein wie die Konsequenz. Vielleicht eine gemeinsame Aktivität wie ein Besuch auf einem anderen Spielplatz als den Gewohnten, eine sportliche Aktivität, gemeinsam was backen oder vielleicht gemeinsam zuhause ein großes Eis zubereiten und sein Lieblingsfilm sehen. Zeit mit Mama ist das beste für ein Kind besonders wenns Eis und Film gibt. Aber auch hier dürfen keine Versprechungen gemacht werden. Wenn du was versprichst musst du es auch einhalten und zwar umgehend ohne Ausnahme, weil auch hier merkt er, ob du zuverlässig bist. Bist du es nicht, hört er nicht mehr und auch das wird dann für die Katz sein.

Und im Kindergarten anfangs hat er das nicht gemacht aber seit kurzem haut er auch die Erzieherinnen anscheinend wenn er das nicht bekommt was er will.

Jetzt kommen wir zu der Zusammenarbeit mit der Kita. Das Problem in der Kita ist, dass man nur gewisse Möglichkeiten hat dem Kind Konsequenzen aufzuzeigen und diese auch durchzuführen. Daher ist es wichtig, dass er dabei ist wenn sie der Erzieherin das doppelte Bild geben und mit ihr Reden. Sie muss auch wissen was ihm blüht, wenn er nicht spurt. Und du sagst ihr, sie soll dir sagen wenn er sich nicht an die Regel hält. Denn die Regel gilt nicht nur zuhause, sondern auch in der Kita und wenn das Kind in der Kita haut ist das geliebte Objekt genau so weg, als wenn er zuhause haut.

Warum ich das so explizit sage ist folgendes: Eine Regelkita hat nicht so viele Möglichkeiten wie eine Kita die sich ausschließlich um solche Kinder kümmert. Personalmangel, Tagesabläufe die eingehalten werden müssen. Eine Erzieherin kann das Kind aus der Situation rausnehmen, oder aber den Nachtisch verweigern. Dein Kind hat sehr schnell gelernt, wo die Grenzen der Erzieherinnen sind. Unaufmerksamkeit dank Personalmangel, Abläufe die eingehalten werden müssen. Vielleicht sind sich die Kolleginnen untereinander auch nicht grün. Vielleicht sind die Erzieherinnen zu jung und frisch aus der Schule und denen fällt es meistens noch schwer sich ordentlich bei den Kindern durchzusetzen. In der Regelkita muss ein Kind funktionieren. Tut es das nicht, dann steht Aggression und ADHS sofort ganz oben auf der Liste, dabei ist das Kind eigentlich ganz normal. Nur bekommt er nirgends Grenzen gesetzt und deshalb macht er auch was er will. Zudem kommt bei ihm noch eine niedrige Frustrationstoleranz hinzu. Er muss lernen das er nicht immer alles bekommen kann und er muss lernen, dass er nicht immer der erste ist. Teilen wird groß geschrieben. Du kannst zum Teilen etwas mit in die Kita geben. Vielleicht mal ein Bund Bananen die er mit allen Teilen muss, oder ein Netz mit Äpfel. Oder ihr backt mal einen Kuchen und er nimmt es mit in die Kita. So lernt er schon mal das Teilen.

Sage den Erzieherinnen dass du nochmal ein Gespräch willst erstmal ohne deinen Sohn. Erkläre das im Vertrag diese Stundenzahl angegeben ist und du das Kind bis 14 Uhr dort lässt. Zeige dich aber offen dahingehend das du bereit bis deine Erziehung dahingehend zu verändern. Sei auch offen für Vorschläge ihrerseits. Vielleicht schlagen sie dir vor, das er in ein Sportverein soll, damit er Regeln und Grenzen schneller lernt. Oder das er sich auspowern kann. Ein Kinderpsychologe oder Frühförderung könnten möglicherweise auch helfen. Vielleicht kommen noch andere Ideen. Sage ihnen das du auch mehr Grenzen setzen wirst und auch Konsequenzen angehoben werden sollen und bitte sie so um ihre Unterstützung. Wenn die Kita nicht ganz so negativ ist, dann wird sie deinen guten Willen sehen und dich dahingehend unterstützen.

Alles Gute und bleib am Ball 🌹

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich arbeite seit über 20 Jahren mit Kindern und Jugendlichen
SVara7 
Fragesteller
 17.03.2023, 21:32

Danke für deine ausführliche Antwort. Ich werde es so machen hoffentlich klappts 👍🏼👌🏼

0
Cyclebreaker  26.10.2023, 10:34

Mir ist bewusst,dass das schon rief verankert ist,dass Fehlverhalten bestraft wird und richtiges Verhalten gelobt. Was ich aber in meinem Kommentar erwähnt habe ist,dass so etwas nur kurzfristig helfen kann und die neuronalen Verbindungen im Gehirn nur bei Angst aus Strafe aktiviert werden und nicht aus Einsicht. Die Studienlage zeigt schon eindeutiges une aggressives Verhalten hat immer einen Grund - das Kind ist in Not, Bedürfnis ist nicht erfüllt, noch nicht ausgereifte Impulskontrolle bei Kindern ist normal. In meinem Grundschullehramtsstudium haben eir die aktuelle Studienlage Betrachtet, und "Catch them at being good" zeigt langfristig mehr Wirkung

https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2015/09/wie-man-die-kooperationsbereitschaft-von-kindern-erhoehen-und-verbessern-kann-teil-2-der-serie.html?m=1

0

Zunächst kannst du dich auch ein bisschen entspannen. Wenn er das bei den professionell ausgebildeten Erzieherinnen genau so macht, liegt es wohl nicht an dir.

Erkundige dich mal bei den Erzieherinnen, was es für Möglichkeiten gibt. Vermutlich gibt es eine Kinderpsychologin. Die Schule wird grosses Interesse haben, dass du das jetzt angehst. Das wird mit jedem Jahr schwieriger. Eigentlich solltest du da gratis beraten werden. Denn wenn sie das nicht tun, wird es für die Schule später viel teurer.