Energiebetrachtung Chemie?

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2 Antworten

Moin,

das ist im Grunde ganz einfach. Die Halogenierung von Alkanen kann über einen radikalischen Substitutionsmechanismus erfolgen. Das steht schon bei deinem Arbeitsblatt in der Überschrift.
Unter Substitution versteht man das Ersetzen eines Atoms oder einer Atomgruppe durch ein anderes Atom oder ein andere Atomgruppe. In deinem Fall soll im Methanmoleküle (CH4) im Idealfall ein Wasserstoffatom durch ein Fluoratom ersetzt werden.
Radikale sind wiederum Teilchen, die ein ungepaartes Elektron in ihrer Valenzschale haben. Solche Teilchen sind energetisch sehr instabil, soll heißen, sie greifen alles in ihrer Nähe an, um den radikalischen Zustand loszuwerden.

Halogenierungen von eigentlich ziemlich reaktionsträgen Alkanen kann man daher mit Hilfe der radikalischen Substitution erreichen.

Dabei unterscheidet man folgende Teilschritte:

1. Die Radikalbildung
Bei Chlor oder Brom muss man bei Raumtemperatur das Ganze belichten, um mit Hilfe der Lichtenergie aus den Halogenmolekülen zwei Radikale zu machen. Die Bindungsenergie zwischen zwei Fluoratomen ist dagegen so gering (159 kJ / mol), dass bereits die Raumtemperatur ausreicht, um die beiden Fluoratome homolytisch zu spalten:
F–F ---> F• + •F
Fluormolekül ---> 2 Fluorradikale (mit ungepaarten Elektronen)
Die Fluorradikale sind nun sehr aggressiv und greifen alles an, was in ihre Nähe kommt. Dieses Verhalten führt zum zweiten Schritt:

2. Der Kettenstart (Initiation)
Hier greift ein Fluorradikal ein Methanmolekül an und entreißt ihm ein Wasserstoffatom mitsamt dessen Elektron. Das führt einerseits zu einem Molekül Fluorwasserstoff, andererseits zu einem Methyl-Radikal:
            H                          H
             I                           I
F• + H–C–H  ---> F–H + •C–H
             I                           I
            H                          H
Im Idealfall greift nun das Methyl-Radikal ein weiteres Fluormolekül an, entreißt diesem ein Fluoratom (mitsamt dessen Elektron) und lässt ein Fluorradikal zurück.

3. Die Kettenfortpflanzung (Prolongation)
    H                         H
     I                           I
H–C• + F–F  ---> H–C–F + •F
     I                           I
    H                         H
Kettenfortpflanzung heißt das Ganze, weil nun (im Idealfall) das neu gebildete Fluorradikal wieder ein Methanmolekül angreift (siehe Kettenstart), so dass in einer permanenten Wiederholung (Kettenreaktion) immer mehr Fluorwasserstoff (HF) und Fluormethan (F–CH3) entsteht.

4. Der Kettenabbruch (Termination)
Am Ende kommt es zum Ende des Reaktionsverlaufs, indem zum Beispiel zwei Radikale aufeinandertreffen und sich vereinen. Das bezeichnet man als "Radikalkombination". Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich wähle beispielhaft (idealtypisch) folgende Kombination:
    H                      H
     I                        I
H–C• + •F  ---> H–C–F
     I                        I
    H                      H

Es gibt noch andere Möglichkeiten des Kettenabbruchs wie zum Beispiel die Disproportionierung. Auch kommt es in der Regel zu einer Palette von Nebenprodukten, weil die Radikale eben nicht sehr wählerisch bei ihren Reaktionspartnern sind und es so beispielsweise zur Halogenierung eines bereits halogenierten Methan kommen kann. Auch längere (halogenierte) Alkanketten oder sogar ungesättigte Kohlenwasserstoffe können entstehen. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Im Idealverlauf erhältst du folgende Bruttoreaktionsgleichung:

F2 + CH4 ---> HF + FCH3

Was nun deine Aufgabe betrifft, so sollst du nun auch noch die Energiebilanzen betrachten. Dabei hast du nichts weiter zu tun, als dir bei jedem Reaktionsschritt klar zu machen, welche Bindungen zu "knacken" musst (die Energiewerte musst du also aufbringen) und welche Bindungen neu geknüpft werden (diese Bindungsenergien werden freigesetzt).
Für die homolytische Spaltung der F–F-Bindung musst du 159 kJ / mol aufbringen. Also

F–F (+159 kJ 7 mol) ---> 2 F•

Und wenn ein Fluorradikal einem Methanmolekül ein Wasserstoffatom entreißt, muss auch die C–H-Bindungsenergie aufgebracht werden, um das Wasserstoffatom vom Kohlenstoffatom zu trennen:

R3C–H (+413 kJ / mol) ---> R3C• + •H

Aber dafür erhältst du auch für die Knüpfung der neu entstehenden H–F-Bindung Energie zurück:

H• + •F ---> H–F (–567 kJ / mol)

Allein diese Neuknüpfung der Bindung kompensiert mit ihren 567 kJ / mol fast den Energieaufwand für die Trennung der ursprünglichen Bindungen (159 kJ / mol + 413 kJ / mol = 572 kj / mol). Am Ende kommt aber noch die Bindungsenergie heraus, die bei der Knüpfung von (zum Beispiel) einer C–F-Bindung freigesetzt wird, nämlich –489 kJ / mol.
Unter dem Strich handelt es sich bei der (idealtypischen) radikalischen Substitution also um eine exotherme Reaktion, bei der 572 kJ / mol für das Aufbrechen von Bindungen aufgebracht werden müssen, aber 1056 kJ / mol für die Knüpfung neuer Bindungen freigesetzt werden.

Alles klar?

LG von der Waterkant.

Zwergbiber50  25.08.2017, 18:30

Spitzen-Antwort (wie immer) !!!

0
DedeM  25.08.2017, 19:30
@Zwergbiber50

Danke,

aber du bist ja auch nicht gerade unproduktiv. Weiter so!

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Du musst hier die Enthalpien für jeden Schritt aufsummieren. Für Bindungsbrüche muss Energie aufgewendet werden, die Enthalpien erhalten demnach ein positives Vorzeichnen. Beim Bilden von Bindungen wird Energie frei, die Enthalpien enthalten daher ein negatives Vorzeichen. 

Bsp: F⋅ + CH₃ → HF + ⋅CH₂    

Spaltung C-H-Bindung:  ΔH = 413 kJmol⁻¹ 

Bildung der H-F-Bindung: ΔH = - 567 kJmol⁻¹

=> Δ_rH = (413-567) kJmol⁻¹ = -154 kJmol⁻¹