Deutscher Bauernkrieg - Luthers Reformation

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Tatsächlich hat Luther sich nie 'explizit gegen die Bauern bekannt' (so wollte es Karl Marx, aber ganz richtig ist das nicht). Luther hat in genannter Schrift sowohl gegen die ausbeutenden Grundbesitzer als auch gegen die sich gewaöltsam dagegen auflehnenden Bauern gewettert. Vor allem passte es Luther nicht, dass sowohl die einen als auch die anderen für ihr Handeln Christus als Gewährsmann nannten. Zudem hat sich Martihn Luther auch nie auf den Adel als seinen Schutz verlassen (das wäre 1517 geradezu töricht gewesen), sondern allein auf Gott. Dass z. B. Friedrich der Weise sich für ihn einsetzte wurde dadurch natürlich nicht völlig ausgeschlossen. Schließlich liefen die Bauernkriege parallel zu den Biölderstürmereien (eine weite Reihe von Bauern beteiligte sich daran, weil die kath. Kirche an den Zuständen der Bauern nicht völlig unschuldig war), auch hier wurde Luther, der ja der entschiedenste Gegner des Papsttums und der kath. Kirche geworden war (geworden - bis er erkannte, dass eine Reformation der kath. Kirche nicht möglich war!), als Gewährsmann genommen. Luther wetterte hier mehr als heftig, er habe nie zur Zerstörung von Gotteshäusern aufgerufen. Luther stand somit weder eindeutig auf der einen, noch auf der anderen Seite, sondern wollte Ruhe haben. Eine lange Reihe von Historikern verkennt dies. Nun möchte ich hervorheben, dass dies meine Überzeugung als eine von vielen ist. Vielleicht eine Anregung, aber nicht die Ausführungen eines Unfehlbaren.

Luther ging es in erster Linie um die Religion und nicht um die Gesellschaft. Er trennte zwischen dem Reich Gottes und dem Reich der Welt (siehe auch: Zwei-Reiche-Lehre) und lehnte die Verwendung der Bibel für politische Zwecke strikt ab. Er wollte das Christentum reformieren aber keine soziale Revolution.

Die Bauern, die sich gegen ihre Herren auflehnten, beriefen sich trotzdem auf Luther, vor allem auch, weil die Papstkirche, als Teil der weltlichen Herrschaft, Teil der Unterdrückung der Bauern war.Thomas Müntzer, als Lutherschüler, fand in der Bibel Impulse für die soziale Revolution. Er glaubte, es sei Gottes Wille, die Lage der Elenden direkt zu ändern und die politischen Verhältnisse dem kommenden Reich Gottes anzugleichen, um so auch die Ungebildeten zum Empfang des Evangeliums bereit zu machen.

Als sich abzeichnete, dass die Bauern mehr als eine Verheißung im Jenseits wollten, als sich abzeichnete, dass sie wider die "gottgewollte" Ordnung aufbeghrten, um auch im Diesseits ein besseres Leben zu haben, wandte sich Luther ab und verfasste seine berüchtigte Schrift.

Nach den Niederlagen der Bauern und besonders nach dem Gemetzel von Bad Frankenhausen, schwante auch Luther, dass das Blut der Bauern auch an seinen Händen klebte.

Kingsley 
Fragesteller
 23.09.2012, 21:13

Dass heisst, ich kann die Zwei-Reiche-Lehre mit einbringen, indem ich argumentiere, dass es ihm um das Reich Gottes ging, nicht aber um das Reich der Welt?

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PeVau  23.09.2012, 21:16
@Kingsley

Ja, das kannst du. In Wiki steht darüber auch einiges, wobei das eher eine theologische Betrachtung ist.

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Hallo, die Antwort hier ist nicht ganz einfach. Die Freiheit ist für Luther immer erst mal eine innere, nicht eine äußere. Christus macht uns frei von der Sünde. Er macht uns frei gegenüber Gott. Egal, was Menschen sagen oder tun, ich bin ein freier Mensch und dadurch niemandem mehr untertan. Weil ich aber so frei bin, mache ich mich zum "Knecht" und stelle mich unter andere und diene ihnen: Freiwillig und in dem Bewußtsein, dass ich vor Gott genauso frei bin und wertvoll wie mein Gegenüber. (Freiheitsschrift, vereinfacht) Diese innere bzw. äußere Freiheit bzw. Unfreiheit ist immer für Luther Grundlage für alles äußere Handeln. Wenn die Bauern auf Luther und dessen Freiheit beriefen, so hatten Sie für ihn etwas völlig falsch verstanden. Hier greift voll die 2-Reiche-Lehre. Das Problem, dass Luther hat taucht später bei den deutschen Christen in zugespitzter Weise wieder auf: Luther beruft sich dabei auf Paulus: Römer 13, 1-4: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. Denn vor denen, die Gewalt haben, muß man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes; so wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zu gut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut. Man bedenke bei Paulus, dass er im röm. Reich lebte und nicht von einer christl. Regierung ausging. Jede Obrigkeit ist von Gott eingesetzt, dass heißt, sie hat die Aufgabe die äußere Ordnung in der Welt aufrechtzuerhalten. Ihr gilt es sich daher grundsätzlich unterzuordnen. Wer sich daher gegen die Obrigkeit stell, stell sich immer auch damit gegen Gott. Damit muss sich die jeweilige Regierung vor Gott mit ihrem Handeln verantworten. Die Frage ist, wann eine Regierung so sehr gegen Gottes Willen handelt, dass sich die Untertanen gegen Sie stellen dürfen. Hier hatte Luther eine andere Position als die Bauern. Für ihn gilt: Trotz aller Fehler wird durch jede Regierung immer erst mal eine grundsätzliche Ordnung in jedem Land hergestellt. (Selbst in Diktaturen gibt es Gerichte und Polizei, die trotz alles Korruption und Rechtsbeugung in den alltäglichen Fragen oft helfend und ordnend eingreifen). Da wir in einer gefallenen Welt leben, kann keine Regierung perfekt sein. Und da wir alle Sünder sind, haben wir nach Luther nicht das Recht, uns gegenüber dem anderen, auch der Regierung, zu erheben und zu Gottes Arm machen. Wir sind ja nicht besser. Gleichzeitig kann Luther die Regierung kritisieren wegen ihrer Verantwortung, die sie von Gott erhalten hat. Sie habe sich vor Gott zu verantworten, wenn sie falsche Wege geht. Bei den deutschen Christen war das Problem: Da auch Hitlers Regierung von Gott eingesetzt war, habe ich mich erstmal unterzuordnen. Dass dann einzelne Gruppen erkannt haben, hier werden Grenzen überschritten und ein aktiver Widerstand ist nötig. Meines Erachtens ist Luthers Problem ein rein theologisches, das an Brisanz bis heute nicht verloren hat. Ich bin gespannt, wie Du und wie dein Lehrer die Problematik interpretiert.

Hi, auch Luther wollte gut essen und trinken, eine Familie haben und sich seines Werkes erfreuen. Daher waren die Reformationsführer, insb. Luther sehr pragmatisch. Dem Landgrafen von Philipp von Hessen gestattete Luther eine morganatische = bigamistische Ehe mit Margarethe von der Saale, Trauzeugen waren Melanchthon (Schwarzerd) und Bucer! Die Bauern waren Leibeigene, ohne Rechte. Sie beriefen sich auf Luthers Schrift: von der Freiheit eines Christenmenschen. Luther wich aus, dies gelet nur für den religiösen, nicht den weltlichen Bereich. Zudem hatte er Knatsch mit seinem ehemaligen Schüler Thomas Müntzer. Da die Bibel lehrt (Markus 12, 17): gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Daraus folgert Luther, daß die Obrigkeit gottgewollt sei. Siehe Link. Gruß Osmond http://www.theologe.de/theologe3.htm Zitat: 1) Martin Luther: Obrigkeit ist strafende Dienerin Gottes "Die Obrigkeit ist eine Dienerin Gottes. Von sich aus könnte sie keine öffentliche Ordnung erhalten. Sie ist wie ein Netz im Wasser: Unser Herrgott aber jagt ihr die Fische zu. Gott führt der Obrigkeit die Übeltäter zu, damit sie nicht entkommen ... Gott ist ein gerechter Richter auf Erden. Deswegen entgeht keiner, der nicht Buße tut, der gerechten Strafe durch die Obrigkeit. Entläufst du mir, so entläufst du doch dem Henker nicht." (Luther Deutsch. Die Werke Martin Luthers in neuer Auswahl für die Gegenwart. Herausgegeben von Kurt Aland. Band 9: Tischreden. ------------- 2) Martin Luther fordert die Fürsten auf, die aufständischen Bauern zu töten "Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Volk den Himmel eher mit Blutvergießen verdienen kann denn anders sonst mit Beten ... Steche, schlage, würge hie[r], wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmermehr erlangen. Denn du stirbst im Gehorsam gegenüber dem göttlichen Wort und Befehl."

(Wider die stürmenden Bauern, Weimarer Ausgabe der Lutherschriften (= WA) 18, S. 357 - 361)

Anmerkung: Einige der Bauernführer wurden von den Lutheranern kopfüber aufgehängt und dann langsam mit der Säge vom Hodensack an bis zum Bauchnabel aufgesägt, bis sie unter grausamsten Schmerzen gestorben waren (Hubertus Mynarek, Die neue Inquisition, Marktheidenfeld 1999, S. 42). Dem auf den Aufruf Martin Luthers folgenden Massaker fielen zwischen 70.000 und 100.000 Menschen zum Opfer, darunter zahllose Unbeteiligte -------7) Martin Luther verfolgt Christen, zum Beispiel die so genannten "Täufer" a) "Uns liegt nun viel daran, diese umgekehrt zu verdammen und als Verdammte bekanntzumachen, damit die Nachkommen von ihrer Ketzerei abgeschreckt und den zweifelnden und schwankenden Gewissen geholfen werde."

b) Sie gelten als "Aufrührer" und "Mörder". (Anm.: ... obwohl fast alle friedfertig leben)

c) "Darum ist ohne Zweifel die Obrigkeit schuldig ... und soll ... mit leiblicher Gewalt und nach Gelegenheit der Umstände auch mit dem Schwert strafen", ... "Meister Hansen befehlen." (= töten)

(a) Tischreden, Luther Deutsch, a.a.O., 272; b) und c) Der 82. Psalm durch D.M.L. geschrieben und ausgelegt Anno 1530; Tomos 5, S. 74b - 76b --------