Hallo, die Antwort hier ist nicht ganz einfach. Die Freiheit ist für Luther immer erst mal eine innere, nicht eine äußere. Christus macht uns frei von der Sünde. Er macht uns frei gegenüber Gott. Egal, was Menschen sagen oder tun, ich bin ein freier Mensch und dadurch niemandem mehr untertan. Weil ich aber so frei bin, mache ich mich zum "Knecht" und stelle mich unter andere und diene ihnen: Freiwillig und in dem Bewußtsein, dass ich vor Gott genauso frei bin und wertvoll wie mein Gegenüber. (Freiheitsschrift, vereinfacht) Diese innere bzw. äußere Freiheit bzw. Unfreiheit ist immer für Luther Grundlage für alles äußere Handeln. Wenn die Bauern auf Luther und dessen Freiheit beriefen, so hatten Sie für ihn etwas völlig falsch verstanden. Hier greift voll die 2-Reiche-Lehre. Das Problem, dass Luther hat taucht später bei den deutschen Christen in zugespitzter Weise wieder auf: Luther beruft sich dabei auf Paulus: Römer 13, 1-4: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. Denn vor denen, die Gewalt haben, muß man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes; so wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zu gut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut. Man bedenke bei Paulus, dass er im röm. Reich lebte und nicht von einer christl. Regierung ausging. Jede Obrigkeit ist von Gott eingesetzt, dass heißt, sie hat die Aufgabe die äußere Ordnung in der Welt aufrechtzuerhalten. Ihr gilt es sich daher grundsätzlich unterzuordnen. Wer sich daher gegen die Obrigkeit stell, stell sich immer auch damit gegen Gott. Damit muss sich die jeweilige Regierung vor Gott mit ihrem Handeln verantworten. Die Frage ist, wann eine Regierung so sehr gegen Gottes Willen handelt, dass sich die Untertanen gegen Sie stellen dürfen. Hier hatte Luther eine andere Position als die Bauern. Für ihn gilt: Trotz aller Fehler wird durch jede Regierung immer erst mal eine grundsätzliche Ordnung in jedem Land hergestellt. (Selbst in Diktaturen gibt es Gerichte und Polizei, die trotz alles Korruption und Rechtsbeugung in den alltäglichen Fragen oft helfend und ordnend eingreifen). Da wir in einer gefallenen Welt leben, kann keine Regierung perfekt sein. Und da wir alle Sünder sind, haben wir nach Luther nicht das Recht, uns gegenüber dem anderen, auch der Regierung, zu erheben und zu Gottes Arm machen. Wir sind ja nicht besser. Gleichzeitig kann Luther die Regierung kritisieren wegen ihrer Verantwortung, die sie von Gott erhalten hat. Sie habe sich vor Gott zu verantworten, wenn sie falsche Wege geht. Bei den deutschen Christen war das Problem: Da auch Hitlers Regierung von Gott eingesetzt war, habe ich mich erstmal unterzuordnen. Dass dann einzelne Gruppen erkannt haben, hier werden Grenzen überschritten und ein aktiver Widerstand ist nötig. Meines Erachtens ist Luthers Problem ein rein theologisches, das an Brisanz bis heute nicht verloren hat. Ich bin gespannt, wie Du und wie dein Lehrer die Problematik interpretiert.
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