Chemie auf Lehramt studieren?

1 Antwort

Von Experte Spikeman197 bestätigt

Du musst drei große Bereiche bei deinen Überlegungen im Auge haben:

  1. Das Fachstudium und deine Fähigkeiten
  2. Die Einstellungschancen
  3. Den Berufsalltag

Du betrachtst in deiner Analyse fast nur Punkt 1. Diesen naheliegenden Fehler machen fast alle in deiner Situation, weil das Studium die nächste große Hürde darstellt. Aber das Studium dauert nur 5 Jahre, der Beruf (Punkt 3) dauert 40 Jahre. Und die Einstellungschancen (Punkt 2) entscheiden, ob du in den Beruf überhaupt reinkommst. Deswegen sollte deine Priorität eigentlich

wichtig > 3 > 2 > 1 > unwichtig

sein.

Zu 1:

Das Geschichtsstudium hat sicherlich geringere Durchfallquoten. Mir ist nicht bekannt, dass da zu meiner Zeit überhaupt jemand durchgefallen wäre. In Chemie hat sich die Zahl meiner Kommilitonen zwischen dem ersten und letzten Semester sicherlich halbiert - unfreiwillig. Du hast aber mit einem Chemie-LK eine gute fachliche Grundlage für ein Chemie-Lehramtsstudium. Um noch drei positive Aspekte pro Ch zu nennen:

  • Die Vorlesungen sind gut aufeinander im Stundenplan abgestimmt, weil das eine sehr beliebte Kombination ist.
  • Im Bio-Studium musst du bestimmte (chemische) Veranstaltungen gar nicht belegen, wenn du Ch als Zweitfach hast.
  • Im Studium der organischen Chemie hast du mit Bio-Wissen Vorteile (und andersrum).

Zu 2:

Chemie ist seit Jahren Mangelfach und wird es auch bleiben - nicht zuletzt deswegen, weil man mit einem Abschluss in Chemie auch in die Wirtschaft gehen kann. In Bio und Geschichte ist es anders herum. Da gehen auch die Nicht-Lehrämtler als Quereinsteiger ins Lehramt, weil der Arbeitsmarkt kaum Alternativen bietet. Deswegen solltest du nicht Bi/Ge studieren.

Einziger Wermutstropfen: Du hast bei einer Bi/Ch-Stellenausschreibung in beliebten Regionen in der Regel Mitbwerber, weil das -wie Ma/Ph - einfach eine beliebte Kombination ist, die viele studieren.

Bi/Ge ist in einigen Bundesländern als Kombination gar nicht zugelassen. Das kann einen BL-Wechsel in ein paar Jahrzehnten erschweren. Bi/Ch ist dagegen in allen Bundesländern zugelassen.

Zu 3:

Der Arbeitsalltag ist mit Natur- und Gesellschaftswissenschaft natürlich etwas abwechslungsreicher als mit zwei NaWis.

Aber:

Für den Korrekturaufwand in Oberstufe und Mittelstufe gilt:

+ < Ch < Bi < Ge < -

Und dasselbe gilt auch für den Vorbereitungsaufwand deines Unterrichts:

+ < Ch < Bi < Ge < -

Das liegt daran, dass schwache Schüler in Bio und Geschichte unglaublich viel unsinnigen Text produzieren können. Und dazu wechseln in Geschichte auch noch regelmäßig die Abiturthemen. Das passiert in den NaWis nicht. Die hast du einmal grob vorbereitet und dich in die Themen eingearbeitet. Und dann hast du in der Regel Ruhe.

Ich weiß nicht, welche Fächer außer Bi/Ch/Ge/De/Ma noch infrage kommen. Wenn es nur diese 5 sind, nimm Bi/Ch. Das wäre mein Rat.

Hast du mal mit Kunst, Musik oder Informatik geliebäugelt? Wenn du eines dieser Fächer studierst, hast du eine Jobgarantie; selbst wenn dein Zweitfach Russisch oder Altgriechisch wäre...

VG

Eulinda 
Fragesteller
 19.05.2022, 07:16

Vielen Dank für die ausführliche Antwort, die hat mir sehr geholfen:) Also musikalisch bin ich leider überhaupt nicht, malen tue ich viel und gern. Aber der Kunstunterricht hat mich so sehr aufgeregt, dass ich denn schnell abgewählt habe ( „beschreiben sie die Wirkung der horizontalen Linie, die sich mit der vertikalen Linie schneidet“, damit kann ich nichts anfangen🙈)

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