Meinung des Tages: Das Bürgergeld steigt - wie bewertet Ihr die geplante Regelsatzänderung?
Bezieher des Bürgergelds erwartet ab dem kommenden Jahr eine Regelsatzerhöhung von 12%. Damit wolle man vor allem auf die aktuellen Preiserhöhungen reagieren. Doch während der gestiegene Regelsatz vielfach Zuspruch findet, regt sich seitens der Opposition Kritik.
Was ist das Bürgergeld
Unser Grundgesetz garantiert ein menschenwürdiges Existenzminimum. Das Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitssuchende) ist somit ein Instrument des Sozialstaates, diesem Anspruch gerecht zu werden. Zum 01.01.2023 wurde das bisherige Hartz IV durch das Bürgergeld abgelöst. Neben deutlich höheren Regelsätzen und weiteren Kostenübernahmen, wollte man damit insbesondere schneller und flexibler auf Krisenszenarien reagieren können.
Was ändert sich?
Derzeit beziehen ca. fünf Millionen Deutsche die Leistungen des Bürgergelds. Bundessozialminister Hubertus Heil hatte die Erhöhung am gestrigen 29.08. offiziell vorgestellt: Für Alleinstehende erhöht sich das Bürgergeld von derzeit 502€ auf insgesamt 563€ monatlich. Heil betont, dass sich der Bürger vor allem "in der Krise und in Krisenzeiten und Umbrüchen [...] auf den Sozialstaat verlassen können" müsse. Für Jugendliche steigen die Regelsätze von 420€ auf 471€. Kinder von sechs bis 13 Jahren erhalten 42€ mehr, also insgesamt 390€ monatlich. Kinder bis fünf Jahre bekommen statt derzeit 318€ künftig 39€ mehr.
Kritik an Heils Vorhaben
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sowie die Verbandsvorsitzende Michaela Engelmeier bewerten die Regelsatzanpassung mit Vermerk auf die Tatsache, dass das zusätzliche Geld sehr vielen Menschen in Deutschland durchaus weiterhelfe, zunächst einmal positiv. Für den Paritätischen Wohlfahrtsverband hingegen kommen die Regelsätze - auch in ihrer gestiegenen Form - viel mehr "Armutssätzen" gleich. Kritisiert wird, dass diese Beträge vollends an der Lebensrealität der Menschen vorbeigingen und eher bei 725€ monatlich liegen müssten.
Besonders kritische Stimmen waren seitens des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn zu hören. Für ihn seien die Erhöhungen ein grundsätzlich "falsches Signal". Laut aktueller Rechtslage erhält eine vierköpfige Familie im Schnitt 2.311€ Bürgergeld; das entspricht in etwa dem Betrag, den eine erwerbstätige Durchschnittsfamilie in Deutschland verdient. Zudem sprach sich dieser für härtere Strafen für Menschen aus, die Leistungen beziehen, aber keine Jobangebote annehmen. Diese sollten lt. Spahn in Zukunft gravierende und einschneidende Kürzungen erfahren, wenn sich diese - trotz entsprechender Angebote - dauerhaft weigern, in die Erwerbstätigkeit zurückzukehren.
Unsere Fragen an Euch: Wie bewertet Ihr die geplante Erhöhung? Erachtet Ihr diese als angemessen oder realitätsfern? Und was denkt Ihr über die von Spahn geäußerten Kritikpunkte?
Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
Quellen:
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-08/jens-spahn-kritik-buergergeld-erhoehung-strafen
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/buergergeld-erhoehung-100.html
Das Ergebnis basiert auf 69 Abstimmungen
25 Antworten
Naja, wir haben mal ein gewisses Existenzminimum definiert. Wenn die Preise steigen, muss zwangsläufig auch das Bürgergeld steigen.
Jetzt wird hier natürlich gerne versucht das ganze gegenüber den Niedriglohnsektor auszuspielen. Ist zwar eine völlig andere Baustelle, aber bei dieser Art der Debattenkultur schalte ich innerlich eigentlich schon ab. Die Union hat sich so lange gegen Mindestlohn usw gewehrt, aber jetzt kommt natürlich die Karte "wer arbeitet muss mehr haben".
Zeigt mir erstmal einen, der das anders sieht. Und warum hat sich die Union in ihren 16 Jahren Regierung nicht bemüht diesen Unterschied herzustellen?
Genau genommen war es die Ampel die den Mindestlohn auf 12 angehoben hat. Meines Wissens war die Union im Wahlkampf absolut gegen diese Erhöhung. Woher der Sinneswandel?
Spahn ist hier einfach nicht glaubwürdig. Der will nur billig Stimmung machen.
Vielen Dank, dass Du so ausführlich zum Thema geantwortet hast.
Also weder die Union noch die AfD würde das Bürgergeld erhöhen, soviel steht fest ^^
Die Schlangen vor den jeweiligen Tafeln zeigen mir sehr eindeutig dass eine Erhöhung dringend nötig ist, und ich finde es erbärmlich wenn unsere Gesellschaft nur dann funktionieren könnte wenn man die Ärmsten bedrängt und herum schubst. Wenn die CDU der Meinung ist, anderes könne sie dieses Land nicht regieren, dann soll sie weiter den Job denen überlassen die es können. Was diese Regelsätze jetzt genau betrifft, so bin ich überfragt. 2.400 Euro können auf dem Dorf ziemlich viel und in Berlin oder Hamburg verzweifelt wenig sein, da bin ich auf die Einschätzungen der Fachleute angewiesen, und die wirklichen(!) Fachleute der Wohlfahrtsverbände meinen offensichtlich es sei immer noch zu wenig, und das sind wohl jene die tagtäglich mit den Betroffenen zu tun haben.
Die Schlangen haben sich erhöht, weil es mehr Einwohner gibt, als noch vor 10 Jahren.
Wenn ich sagen für nur 100 Euro mehr Arbeite
Ich von den alles selbst bezahlen muss
Strom Wasser Internet Wohung dann läuft was schief hier
Und nein wenn das mit dem Qualifikation so einfach wäre, dann würde es jeder machen und wir hätten mehr Fachkräfte
Eine Familie mit 2 Kindern hat 2.311 € - aber plus Kostenübernahme für die Wohnung und die Nebenkosten, kalkuliert man das ein, reden wir mindestens über 3.500 €, einen Wert, den zwei arbeitende Mindestlohnempfänger nicht oder nur mit Mühe erreichen ...
Nicht, dass ich das in Frage stellen möchte, aber woher kommen die 2.311€? Wenn ich mir die Regelsätze anschaue, muss ich etwas übersehen.
Aus der Fragestellung:
Laut aktueller Rechtslage erhält eine vierköpfige Familie im Schnitt 2.311€ Bürgergeld;
Ich habe das jetzt nicht nachgerechnet.
Achso, das ist allerdings schon inkl. den Leistungen für Unterkunft etc. Der Regelsatz beträgt je nach Alter der Kinder wesentlich weniger.
Na ja, 563 € für Erwachsene und 471 € je Kind zuzüglich 250 € Kindergeld je Kind sind auf jeden Fall schon 2.168 €, da gab es aber noch etwas ...
Das ist falsch zusammengesetzt. Die 563€ beziehen sich auf eine alleinstehende Person. Aktuell sind es 502€ für Alleinstehende, in einer Bedarfsgemeinschaft verringert sich das aber schon auf 451€ pro erwachsener Person. Kinder werden auch erst ab 14 Jahren mit 420€ gerechnet, aber gut, nehmen wir mal den Wert. Dann sind das nach aktuellem Stand 1742€, Kindergeld wird von den Sozialleistungen abgezogen. Wobei ich hier jetzt eigentlich gar nicht groß ausklabüstern möchte, mich hatte einfach nur der Wert irritiert, den ich im Eingangspost scheinbar überlesen hatte 😅
Nach allem, was in den Medien über die neuen Sätze publiziert wurde, ist meine Berechnung richtig - ich war auch erstaunt, hängt aber auch mit der neuen Kindergrundsicherung zusammen, da hat man im Hintergrund getrickst.
Kindergeld gab es bei Sozialleistungen nie oben drauf und das wird mit größter Wahrscheinlichkeit auch bei der neuen Kindergrundsicherung so gehandhabt. Beides dient ja demselben Zweck und wird immer miteinander verrechnet. Leider können wir heutzutage (keine Ahnung, ob das früher anders war 🤷🏻♀️) nicht einfach blind darauf vertrauen, was die Medien einen glauben lassen wollen.
Besonders kritische Stimmen waren seitens des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn zu hören. Für ihn seien die Erhöhungen ein grundsätzlich "falsches Signal".
Stattdessen was genau? Menschen im Dreck leben lassen? Spahn sagt nicht, was er als Alternative gerne hätte, doch in Konsequenz heißt es genau das. Es gibt eine sehr simple Grundsatzfrage: Was ist für uns ein menschenwürdiges Leben? Genau darum geht es. Genau das muss einem Menschen zugestand werden.
Laut aktueller Rechtslage erhält eine vierköpfige Familie im Schnitt 2.311€ Bürgergeld; das entspricht in etwa dem Betrag, den eine erwerbstätige Durchschnittsfamilie in Deutschland verdient.
Das hingegen ist einfach nur inhaltlich falsch. Eine 4köfige Familie hat im Schnitt 6470€ brutto und 4840€ netto. Siehe So spart eine 4-köpfige Familie Ausgaben! - Commerzbank
Es ist mir unbegreiflich, wieso ihr derart falsch Zahlen veröffentlicht. Oder stammt das von Spahn? Dann wäre er ja ein dreister Lügner.
Zudem sprach sich dieser für härtere Strafen für Menschen aus, die Leistungen beziehen, aber keine Jobangebote annehmen.
Und da war er wieder, der Verfassungsverstoß. Man kann und darf am Lebensminimum der Menschen nicht herumfurwerken.
Daneben: Es ist oft genug wissenschaftlich untersucht worden. Die Peitsche klappt nicht. Da ständig mit Sanktionen zu kommen, bring diese Menschen nicht zur Arbeit.
Die Zahlen stammen aus der Quelle und nicht von gutefrage. Dir vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Danke für die Klarstellung. Inzwischen habe ich ebenfalls herausgefunden, dass in der Tat Spahn diese Lüge verbreitet hat. Er hat offenbar absichtlich total falsche Zahlen benannt.
wenns mans neben den viel zu kleingerechneten regelsätzen ehrlich nimmt, müsste es seit der drastischen inflation eine nahzahlung in höhe von ca. 2500€ geben, also monatlich 100€ - über 2jahre! da wurde also schon ordentlich eingespart. kein plan was heil, mit seiner chimäre von vollsanktionen im sinn hat!? naja..die sache entwickelt sich immer mehr zur luftpumpe. wenn man dann noch hört, wie die cdu draufhaut, wird einen ganz schlecht. wundert mich nicht, dass viele in zukunft ihr kreuzchen woanders machen werden. mal hüh mal hott - vertrauen im keller! ich weiß auch gar nicht warum immer auf bürgergeldempfänger eingeschlagen wird? die sind vom system gewollt. vollbeschäftigung wirds nie geben. fallen die bürgergeldempfänger weg, bricht ein ganzer wirtschaftszweig zusammen....agentur für arbeit, jobcenter und zahlreiche bildungsträger! das einzige was sinn macht und auch richtig ist, die oberen 10% zur kasse zu bitten - längst überfällig!