Bücher lesen als Job?

3 Antworten

Als Kind dachte ich immer, Lektor müsste der absolute Traumjob sein! Den ganzen Tag lesen und dafür noch bezahlt werden ...

Inzwischen habe ich Lektorat gemacht und weiß, dass das nicht immer ein Vergnügen ist, aber dennoch ein ausgesprochen spannender Job. Außerdem hab' ich 'n paar Bücher fabriziert, daher einiges mit Lektoren zu tun gehabt und festgestellt, dass es da ganz verschiedene Ausbildungswege gibt.

Wichtigste Voraussetzung in allen Fällen: sehr gute Sprachkenntnisse, Liebe zur Sprache, Gründlichkeit und Einfühlungsvermögen. Autoren sind sensible Pflänzchen, daher muss man in dem Job Samthandschuhe tragen.

Lektoren, die Belletristik machen, sind ganz oft Germanisten oder sonstige Sprachwissenschaftler. Im Bereich Sachbuch kann eine gewisse Sachkenntnis und natürlich ein ausgeprägtes Interesse an dem Gebiet nicht schaden. Ich habe einiges an Pferdebüchern verfertigt und eigentlich waren alle meine Lektor(inn)en (es sind meist Damen) Reiterinnen. Eine davon hatte Deutsch für Lehramt studiert, eine war Romanistin, dann war da eine Germanistin und eine ist auf Bücher über Sport spezialisiert - die hat Sport studiert. Und dann war da in grauer Urzeit noch ein Biologe, der mir in einem Verlag begegnet, der hauptsächlich Agrarwirtschaft macht.

Ansonsten kenne ich noch einen Mediziner, der in einem großen Verlag die ganze Gesundheitsecke betreut und eine Musikwissenschaftlerin, die heute ein Kinderbuchprogramm leitet. Sprich: In der Branche gibt es auch einige Quereinsteiger.

Lektor ist der erste Job, in dem man lesen darf, der mir einfällt. Der zweite wäre Korrektur - den leisten sich große Verlage noch, aber den Job möchte ich nicht machen, denn der muss superpräzise Fehler suchen und ob das so Spaß macht, weiß ich nicht.

Schließlich gibt's dann noch der Literaturkritiker, aber das ist kein Beruf, den man so "lernen" kann und vor allem ist es heute einer, für den sehr wenig Bedarf ist - es gibt in Deutschland höchstens noch vier oder fünf Zeitungen, die sich einen Literaturkritiker leisten. Die meisten haben Journalisten im Feuilleton, die zum Beispiel Theater und Literatur oder Musik und Literatur machen. Und die Leute im Feuilleton sind sehr oft die mit doppelter Ausbildung: Die haben zum Beispiel Literaturwissenschaft studiert und dann ein Volontariat gemacht; ich kannte einen, der Klavier studiert hat und dann wegen einer Verletzung in den Journalismus abgewandert ist. Journalismus-Studium würde ich nicht unbedingt empfehlen - in den meisten Redaktionen nimmt man lieber Leute, die über's Volontariat kommen und praktische Erfahrung im Blattmachen haben.

Am Ende bleiben noch die Berufe, bei denen man Bücher macht, wobei es da nicht schaden kann, wenn man hin und wieder auch mal eines liest. Aber es hat nicht Priorität. Dennoch kann's zum Beispiel eine ganz gute Startbasis sein, Verlagskaufmann zu lernen (habe ich anno juck gemacht - und vom Verlagskaufmann dann in die Werbung, über Texterin zur Journalistin zur Autorin - und da hatte ich dann mit Lektorat zu tun, wobei es natürlich gut war, dass ich wusste, wie man Bücher macht). Ein Lektor muss nämlich zumindest verstehen, was der Producer meint, wenn er sagt "du kriegst aber nur 16 Bögen" oder wo er den "Schmutztitel" im Buch suchen soll. Und der Producer im Verlag ist meist ein Verlagskaufmann.

In diesem Bereich liegen dann übrigens auch noch die Graphiker, die Bücher gestalten - aber die haben mit Text üblicherweise nichts am Hut. Ich hab' eine Freundin, die schon ganz tolle Bücher gemacht, mit der ich auch gerne arbeite - aber ich glaub' nicht, dass die von den sechs, sieben Büchern, die sie von mir gemacht hat, mehr als 10 Sätze gelesen hat. Für die ist Text "Grauwert", der zwischen den Bildern auftritt und irgendwie immer verhindert, dass sie die Bilder so groß machen darf, wie es ihr Graphiker-Blick gerne hätte.

Zwei Jobs haben unmittelbar mit dem Lesen von Büchern zu tun:

Einerseits natürlich der Literaturkritiker, der für die Presse Rezensionen über Bücher, die er gelesen hat, schreibt. Literaturkritiker sind meistens Journalisten und haben einen entsprechenden Studiengang absolviert. Manche von ihnen sind auch selbst schriftstellerisch tätig.

Der andere Job ist der des Lektors. Lektoren arbeiten für einen Verlag und prüfen dort eingereichte Manuskripte auf Herz und Nieren. Sie finden Fehler, die der Autor beim Schreiben übersehen hat und verbessern den Ausdruck. Außerdem ist der Lektor dafür verantwortlich zu entscheiden, ob eine eingereichte Leseprobe es ins Programm des Verlags schafft oder nicht. Lektoren haben meist ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert, meist sind sie Sprachwissenschaftler, manchmal werden aber auch Philosophen oder Historiker in einem Verlag als Lektor angestellt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Schriftsteller; arbeite freiberuflich als Lektor

AnnJabusch  15.09.2018, 09:31

Lektoren müssen aber oft nahezu unerträgliche Qualen beim Lesen der Manuskripte leiden ;-)
Dann lieber Literaturkritiker. Die müssen selbst nicht schreiben können und müssen nur das lesen, was bereits veröffentlicht ist.

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MarkusPK  15.09.2018, 10:49
@AnnJabusch

Tja, es ist nunmal so: Entweder selbst was drauf haben und sich über das Unvermögen von anderen ärgern, oder selbst überhaupt nichts draufhaben und sich über die gute Arbeit anderer das Maul zerreißen. =D

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BuchhändlerIn

BibliothekarIn

LektorIn

ÜbersetzerIn

VerlagsvertreterIn

wären Berufe für die das Lesen esentiell ist.

Aber natürlich musst Du auch in vielen anderen Berufen (speziell im geisteswissenschaftlichen Bereich) viel lesen.


FrauBeckmesser  14.09.2018, 19:49

In dem Zusammenhang fällt mir noch was ein: Literaturagenten - wobei das meist ehemalige Lektoren oder Verlagskaufleute sind.

Übersetzerin passt m.E. weniger in die Liste - Übersetzer haben mit der "Auswahl" der zu übersetzenden Büchern gar nichts zu tun, insofern "lesen" sie meist nur, was sie auch zu übersetzen haben.

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tucho  14.09.2018, 20:22
@FrauBeckmesser

Ein berechtigter Einwand. :) Dennoch müssen sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit viel lesen, daher habe ich den Beruf in die Liste mitaufgenommen.

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