Biologie Klasse 12 Genkarte?

1 Antwort

Von Experte Darwinist bestätigt

Hi,

eine Genkarte zeigt die Anordnung von Genen auf einem Chromosom. An welcher Stelle sie liegen und welche Abstände sie voneinander haben. Die Väter der Genkarte sind Thomas Hunt Morgan und sein Schüler Alfred Sturtevant, die damaligen Untersuchungsobjekte waren Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster). Daher gibt es viele Karten von Drosophila wie dieser kleine Kartenausschnitt von Chromosom II:

Bild zum Beitrag

Ausschnitt einer Genkarte von Chromosom II von Drosophila melanogaster

Bild: http://krupp.wcc.hawaii.edu/biol101/present/byndmend/sld023.htm

Die Abstände herauszubekommen ist nicht ganz einfach. Die Angaben in % sind sog. Rekombinationshäufigkeiten. Zu Ehren Morgans auch als Centimorgan bezeichnet (1% = 1 cM). Genort b (Körperfarbe) liegt von Genort cn (Augenfarbe) 9 Centimorgan entfernt. Genort cn liegt von Genort vg (Flügelform) 9,5 Centimorgan entfernt.

Wie kann man sich das vorstellen? Wenn du eine gute Note haben willst, solltest du den Hintergrund erläutern können. Das ist nicht ganz einfach. Dazu solltest du dir die Meiose nochmals anschauen. In der Meiose, den zwei Zell- und Kernteilungen (Reifeteilungen) zur Bildung von Geschlechtszellen (Spermien, Eizellen) kommt es regelmäßig zu Strangbrüchen zwischen homologen Chromosomen, also zwischen Chromosomenpaaren und zu einem gegenseitigen Austausch von korrespondierenden Genorten, z.B. vg (Flügelform) des einen Chromosoms gegen vg (Flügelform) des anderen Chromosoms, was man auch Crossing-over nennt.

So ist es möglich, dass eigentlich gekoppelte Gene, die gemeinsam auf einem Chromosom liegen, wie b-----vg, durch Crossing-over in der Meiose entkoppelt werden, d.h. einer der beiden Genorte gegen einen korrespondierenden Genort eines homologen Chromosoms ausgetauscht wird. In diesem Fall vg von dem einen Chromosom gegen vg des anderen Chromosoms.

Dieser Mechanismus trägt zur genetischen Durchmischung bei und ist insbesondere dazu gedacht, auf einem Chromosom liegende Genorte, die theoretisch nie voneinander getrennt würden, dennoch austauschbar zu machen. Dies verbessert die Möglichkeiten der Evolution. Manche sagen ja Evolution sei nur Einbildung. Wenn man jedoch auf der Ebene der Genetik von Zellen solche Evolutionserleichterungen findet, dann kann sie doch keine Erfindung sein. Ich sage immer wo ein Lichtschalter ist, gibt es vermutlich auch Licht.

Die ausgetauschten Genorte können verschiedene Qualitäten haben, also bei vg z.B. besondere Flügelformen beinhalten. Dann tauchen Fliegen auf, die neben einer Körperfarbe (b) plötzlich eine unerwartete Flügelform haben, die eigentlich nicht zu erwarten wäre, weil b und vg ja eigentlich eine Kopplungsgruppe bilden. Bei 1000 Kreuzungen von Fliegen taucht diese unerwartete Merkmals(neu)kombination z.B. in 180 Fällen auf. In 180 von 1000 Fällen sind also b und vg entkoppelt worden. Das entspricht einer Rekombinationshäufigkeit von 180*100/1000 = 18%. (Rekombination: neu kombinierter Genotyp. Genort vg wurde durch ein anderes Allel ersetzt). Die Entfernung von b und vg auf einer Genkarte wären bei 18% Rekombinationshäufigkeit = 18 Einheiten oder 18 Centimorgan.

Das bedeutet in der Abb. oben ist ein kleiner Rechenfehler. Denn die Abstände zwischen Genorten lassen sich addieren. 9 + 9,5 % bzw. Centimorgan sind immer noch 18,5% und nicht "17%".

Je weiter die Genorte voneinander entfernt liegen, desto wahrscheinlicher sind solche Entkopplungsereignisse in der Meiose durch Crossing-over, desto höher ist die Rekombinationshäufigkeit in % (Centimorgan). Je näher Gene beisammen liegen, z.B. b und cn, desto seltener werden sie entkoppelt, desto geringer ist die Rekombinationshäufigkeit in % (Centimorgan). Die Addierbarkeit der Abstandswerte spricht für eine lineare Anordnung der Gene auf dem Chromosom.

Du kannst es nachlesen z.B. hier:

https://www.biologycorner.com/worksheets/genetic_maps.html

https://meinstein.ch/biologie/genkartierung/

https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/genkartierung/27345

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.
 - (Biologie, Bio, Genetik)