Begegnungen von Kulturen?

4 Antworten

Es hat alles davon gegeben: Abgrenzungen (man ging einander aus dem Weg, wenn es genug Platz und Ressourcen gab), Konfrontationen (Kriege gibt es schon sehr lange) und natürlich auch Kooperationen (Menschen haben schon früh mit anderen Gruppen zusammengearbeitet, gehandelt usw.).

Abgrenzungen kann man gut in Neuguinea sehen: dort gibt es ca. 1000 verschiedene Volksgruppen, die jeweils ihre eigene Sprache sprechen und meist unter sich bleiben, da es auch kaum Infrastruktur gibt (oft kommt man nur mit dem Boot weiter, der Dschungel ist dicht, zudem gibt es hohe Berge).

Konfrontationen gab es natürlich auch: die ursprüngliche Kultur der Chinesen war vermutlich auf ein recht kleines Gebiet am Huang He und am Wei-Fluß beschränkt. Auch durch militärische Expansion gelang es den Chinesen, weite Teile des Gebiets zu erobern, was wir heute als VR China kennen. Viele andere Völker zogen sich in Bergregionen zurück, wo sie z.T heute noch leben.

Kooperationen sind interessant, auch diese gab es. In Lappland begegneten sich Nordgermanen und Sami ("Lappen"). Die beiden Kulturen beeinflussten sich gegenseitig. Die Sprachen der Sami nahmen germanische Wörter auf (z.B. für Gold und Silber), umgekehrt wurde aber auch z.B. die schwedische Sprache durch Sami-Sprachen beeinflusst (was man an einer partiell agglutinierenden Wortbildung erkennen kann).

In Sibirien kooperieren Inuit (die heißen dort Yupik) mit z.B. Dolganen. Inuit tauschen Walross (oder Fisch) gegen Felle. Die Dolganen sind meist Rentierzüchter, und Rentierfelle sind im Norden natürlich wichtig und begehrt. Umgekehrt sind die Yupik Spezialisten für alles, was mit dem Eismeer zu tun hat.

Durch diese Arbeitsteilung profitieren beide Gruppen voneinander.

Auch bei nordamerikanischen Indianern gab es solche Tauschgeschäfte: eine Volksgruppe war auf die Jagd spezialisiert, eine andere auf die Landwirtschaft.
Beide Tätigkeiten waren aber so aufwändig, dass eine Arbeitsteilung Sinn machte.

confused1221 
Fragesteller
 15.11.2020, 15:48

wow vielen danke für diese ausführliche und verständnisvolle Antwort!

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Was genau meinst Du?

Seit jeher gab es Kriege. Da stießen Länder/Reiche/Kulturen aus unterschiedlichen Gründen zusammen.

Völkerwanderungen.

Eheschließungen zwecks Erhalt oder Expansion.

Die Liste kannst Du beliebig fortsetzen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Weiterbildung

Begegnungen sind fast immer mit Kriegen verbunden. Vor allem die Europäer sind durchwegs kriegerisch. Ihre Erstkontakte mit nahezu jeder Kultur, die nicht auf etwa gleicher Zivilisationsstufe rangierte, gingen mit kriegerischen Handlungen einher. Die Menschheit ist lediglich gegenüber Kulturen, durch die sie selbst vernichtet werden könnten, oder auch gegenüber deutlich höherstehenden Kulturen zu nicht-kriegerischer (von "friedlich" wage ich kaum zu sprechen) Koexistenz fähig... DAran wird sich langfristig nichts ändern, solange es Regierungen gibt, die so sind wie einige Regierungen von militärisch führenden Ländern unserer Erde...

Persische Kriege, Punische Kriege, Feldzüge Roms

Alexander der Große

Wikinger: Feldzüge in Europa und in Amerika

Feldzüge der Mayas und Inkas

Religiös motivierte Kreuzzüge

Cortez und Pizarro

Marco Polo (in gewisser Weise eine Ausnahme)

Eroberung von Amerikas Ländern und Australien; Systematische Plünderungen und Massenmorde an Ureinwohner (--> Bartolomé de Las Casas)

Versklavung und Verschleppung von Ureinwohnern aus Afrika und Mittelamerika

Kolonisierung durch europäische Mächte in Amerika, Arfika, Asien, Australien und Ozeanien

Napoleonische Kriege

Eroberungskriege durch faschistische Regimes (Deutschland, Japan) und auch durch kommunistische (Russland, China)

Erst nach 1945 finden deutlich häufiger (als früher) Versuche kultureller Begegnung und Zusammenarbeit im Zeichen von Handel, Frieden, Wohlstand, Solidarität und Kunst statt.

Beispiele gibt es da jede Menge! Hier nur eines:

Für Europa gefällt mir sehr das relativ friedliche Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen, das es offenbar im Kalifat von Córdoba in Al-Andalus auf der südlichen Iberischen Halbinsel im 9. und 10. Jahrhundert gegeben hat. Die Muslime hatten - ausgehend von Damaskus und Nordafrika - im Jahr 711 n.Chr. das Reich des Westgotenkönigs Roderich erobert. Ortsansässige christlich-westgotische Bevölkerung verband sich mit den Muslimen und den bereits ebenfalls schon in den iberischen Städten lebenden Juden (Sefarden). Kunst, Musik, Dichtung, Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften blühten auf. Dabei war das Wissen damals seh auf der Seite der Muslime und Juden. Städte wie Córdoba hatten Straßenbeleuchtung, Krankenhäuser, Kanalisation und fließend Wasser in vielen Privathäusern - ein Hygienestandard, der z.T. mancherorts erst im 20. Jh. wieder erreicht wurde.

Auslöser war zwar 711 mit der Schlacht von Jerez de la Frontera erst mal eine gewaltsame Invasion der Muslime. Schnell hat man sich aber arrangiert, erkannt, daß man sich gegenseitig brauchte und die Christen haben gesehen, daß sie von den Muslimen vieles lernen konnten, was auch für sie ein angenehmeres Leben bedeutete. Die Islamisten, die heute immer ein neues Kalifat errichten wollen, sollen daher mal eine Andalusien-Studienreise machen und ihre eigene Geschichte lernen; lernen, daß der Islam damals auch für Toleranz und Fortschritt stand. Das nur nebenbei...

Die drei Kulturen / Religionen lebten zwar gemeinsam, aber in den Städten schon auch in Vierteln getrennt voneinander (die Spanier sagen "juntos, pero no revueltos" - zusammen, aber nicht durchmischt). Probleme gab es auch damals, aber die Bereitschaft, sie friedlich und im Interesse aller zu lösen, war offenbar vor über tausend Jahren erheblich größer als derzeit...

Lies einfach mal über das maurische Spanien (z.B. in der Beck'schen Reihe ein Taschenbuch). Ein guter Spanien-Reiseführer tut's da vielleicht auch schon.

Ähnlich wie auf der Iberischen Halbinsel fanden sich die drei Religionen / Kulturen in Europa sonst nur noch auf Sizilien und in Byzanz zusammen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung