Bauverzug Bauträger wg. Corona. Schadenersatz?

5 Antworten

Grundsätzlich gibt es Schadensersatz nur, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Es kommt also darauf an, warum das Vorhaben zu spät fertiggestellt wird. Wenn der Umstand hierfür unvorhersehbar war, liegt kein Verschulden vor, wenn der Schuldner keine Garantie übernommen hat (das ist bei der bloßen Zusage eines Termins nicht der Fall). Hierfür ist der Schuldner aber darlegungs- und beweisbelastet.

Davon zu unterscheiden ist die Frage der "höheren Gewalt", die das bürgerliche Recht so nicht kennt. Meistens läuft es auf die Störung der Geschäftsgrundlage hinaus. Hierfür müssen sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nachträglich geändert haben und die Parteien müssten den Vertrag, hätten sie diese Änderung vorhergesehen, zumindest anders geschlossen. Rechtsfolge ist grundsätzlich ein Anspruch auf Vertragsanpassung, so dass man daran denken könnte, den Fälligkeitstermin nach hinten zu verlegen. Dies steht aber unter dem Vorbehalt, dass es der einen Seite unter Berücksichtigung der gesetzlichen und vertraglichen Risikoverteilung nicht zugemutet werden kann, unverändert am Vertrag festzuhalten.

Die erste Frage ist schon, ob die Geschäftsgrundlage überhaupt gestört ist. Denn in der Tat war Corona und lieferkettenbedingte Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt. Man könnte schon deswegen zweifeln. Jedenfalls müsste man, insoweit möchte ich anderslautenden Kommentaren widersprechen, sagen, dass es zumindest möglich gewesen wäre, coronabedingte Risiken vertraglich zu verteilen. Wenn dies aber unterbleibt, haben die Parteien offenbar eine vertragliche Risikoteilung verabredet, die nicht durch § 313 BGB unterlaufen werden darf. Insoweit bestünde dann auch ein Anspruch auf Verzugsschadensersatz.


FordPrefect  04.04.2022, 15:49
Jedenfalls müsste man, insoweit möchte ich anderslautenden Kommentaren widersprechen, sagen, dass es zumindest möglich gewesen wäre, coronabedingte Risiken vertraglich zu verteilen.

Zustimmung. Da wir aber hier weder Einblick in das Vetragswerk noch in die exakte Begründung der Terminverschiebung haben, ist es natürlich der Mutmaßung überlassen, welche Falllage hier tatsächlich vorliegt. Von den ansonsten zu erfüllenden bauvertraglichen Pflichten des AN wie etwa der Behinderungsanzeige etc.pp. ganz zu schweigen.

0

Hier tritt wegen eines fest vereinbarten Termins ein Verzug ein, d.h. der Verkäufer muss den Verzugsschaden (Miete, Bereitstellungszinsen, ...) übernehmen. Höhere Gewalt ist kaum anzunehmen, da zu keiner Zeit die Ausübung von Tätigkeiten im Bauumfeld untersagt war, eventuelle Personalausfälle muss der Verkäufer einkalkulieren, wenn er einen festen Termin zusagt, zumal - soweit korrekt - Corona im Februar 2021 schon eine bekannte Größe war.

Allerdings wird es vermutlich ohne Prozess nicht gehen ...


FordPrefect  04.04.2022, 12:54
Höhere Gewalt ist kaum anzunehmen

Doch, ist es grundsätzlich natürlich sehr wohl. Die Frage ist nur, ob dies ein Richter (vor dem das ohnehin landen dürfte) auch so sieht oder nicht. Hier dürfte es insbesondere auf die Begründung des AN ankommen.

0
HugoHustensaft  04.04.2022, 12:55
@FordPrefect

Ein Umstand, der bereits bekannt ist, bei dem es keine unerwarteten Ereignisse oder Eingriffe von hoher Hand gab, sorry, dem fehlen alle Voraussetzungen für höhere Gewalt.

0
HugoHustensaft  04.04.2022, 13:06
@FordPrefect

Genau das ist es aber doch: Man muss hier von einer Vorhersehbarkeit ausgehen und selbst an der Unabwendbarkeit gibt es erhebliche Zweifel.

0
FordPrefect  04.04.2022, 13:08
@HugoHustensaft

Das wird dann der Richter nach Begutachtung der Umstände des Einzelfalls entscheiden. Ich halte alleine den Verweis auf die Pandemie auch nicht für ausreichend, aber wir wissen ja nicht, was der AN damit meinte.

0
HugoHustensaft  04.04.2022, 17:07
@wattdennnu2

Hoheitliche Verfügungen sind auch höhere Gewalt, weil unvorhersehbar und nicht beeinflussbar.

0
wattdennnu2  04.04.2022, 17:19
@HugoHustensaft

...dein Rechtsverständnis ist mehr als abenteuerlich. Und das nicht das erste Mal, dass du dich offenbarst...

0
HugoHustensaft  04.04.2022, 17:23
@wattdennnu2

Ich frage mich gerade nur, wer von uns beiden das gelernt hat - ich kenne meine Profs noch ...

0
wattdennnu2  04.04.2022, 17:44
@HugoHustensaft

...du wiederholst dich. Das macht dein Geschwurbel auch nicht richtiger.

Aber sei ohne Sorge. Ich werde deine Antworten / Kommentare in Zukunft ignorieren.

0
HugoHustensaft  04.04.2022, 17:53
@wattdennnu2

Sagt der Versicherungsmakler, der von sich behauptet, alles zu wissen, aber verkennt, dass der BGH regelmäßig die ach so rechtmäßigen Klauseln von Versicherungen kippt ...

0
wattdennnu2  04.04.2022, 21:52
@HugoHustensaft
der von sich behauptet, alles zu wissen...

Das habe ich nie behauptet, Herr Schiedsrichter.

Aber jetzt verstehe ich. Daher hast du deine vermeinliche Rechtslehre....

0

Vorab:

Hier kommt es stets auf die Umstände und Bewertung des Einzelfalles an. Insofern kann ich hier nur dringend zu einer fachanwaltlichen Beratung (FA für Baurecht) raten.

Wir haben einen Kaufvertrag 'schlüsselfertig' am 26. Feb. 2021 geschlossen mit einem Bauträger. Spätester Einzugstermin lt. notariellem Kaufertrag zum 31.05.2022 zugesagt.

OK.

Heute Schreiben erhalten, dass wg. Corona der Einzug erst zum 31.08.2021 ermöglicht wird.

Das sollte wohl 31.08.2022 lauten.

Wir haben dadurch massiven Schaden (weiterhin Miete, Bereitstellungszinsen, etc.). Mind. 6000 Euro in Summe.

Ob man das nun in Anbetracht der Kosten eines Buvorhabens als "massiv" bezeichnen will, bleibt sicher dahingestellt. Richtig ist jedenfalls, dass es zu Kostenmehrung durch Verzugsschäden kommt.

Wir wollen den Schaden in Rechnung stellen, da unserer Meinung nach in 02.2021 Corona schon ein Jahr bekannt war, und man sich daher nicht mehr auf höhere Gewalt berufen kann.

Und genau da wird es kritisch. Tatsächlich geht die vorherrschende Meinung davon aus, dass die Einflüsse der Pandemie auch im Bauwesen überwiegend bzw. generell als "höhere Gewalt" einzustufen sein werden. Siehe dazu u.a. hier:

Zitat:

"II. Liegt durch die COVID-19 Pandemie höhere Gewalt bei Bauverträgen vor?

In der Regel ja: Die COVID-19 Pandemie dürfte sich nach der aktuell dynamischen Lage zu einem generellen Fall der höheren Gewalt entwickeln. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt höhere Gewalt vor, wenn ein Ereignis eintritt, dass keiner Sphäre einer Vertragspartei zuzuordnen ist, sondern von außen auf die Lebensverhältnisse einer unbestimmten Vielzahl von Personen einwirkt und objektiv unabwendbar sowie unvorhersehbar ist. Mit der Einordnung der Corona-Krise als Pandemie durch die WHO vom 11.03.2020 dürfte insoweit Klarheit bestehen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang sicher auch, dass inzwischen selbst die Gerichte in großem Umfang Sitzungstermine verschieben und nur noch unaufschiebbare Sitzungen durchführen. [...]"

Zitat Ende. Quelle: https://loschelder.de/de/corona-taskforce/immobilienrecht-baurecht/auswirkungen-von-covid-19-auf-laufende-bauvorhaben.html

Eingeschränkt wird diese pauschale Einstufung aber stets (s.o.) durch die Umständ des Einzelfalles.

Zitat (ebd):

"Es muss gleichwohl in jedem Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit vertragliche Pflichten aus welchem Grund nicht eingehalten werden können. Insbesondere bei einer hoheitlichen Untersagung jeglicher Bautätigkeiten in der Baustellenregion – etwa im Zuge einer generellen Ausgangsperre – liegt ein Fall der höheren Gewalt vor. Etwas anderes mag zutreffen, wenn die Mitarbeiter des AN ohne jegliche hoheitliche Anordnung nicht auf der Baustelle erscheinen; hier gilt, dass der AN für seine Mitarbeiter (und die seines Subunternehmers) verantwortlich ist, weil er diese als seine Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) gegenüber dem AG einsetzt."

Zitat Ende.

Da der Bauvertrag aber erst aus dem Jahr 2021 stammt, ist insofern tatsächlich zu prüfen, welche Gründe der AN für die nicht termingetreue Fertigstellung anführt. Die Geltendmachung bzw. Durchsetzung der dem AG entstandenen entsprechenden Verzugsschäden als Schadenersatz sind ohnehin ausschließlich auf dem Weg der Zivilklage möglich. Insofern ist hier der Gang zum Anwalt unabdingbar.

Naja, ist wüsste nicht warum sich ein Bauunternehmer auf irgendwelche Sachen berufen können sollte, obwohl er ja einen Vertrag zu erfüllen hatte.

Wenn er es nicht schafft seinen Teil der Vertrages zu erfüllen, dann steht Ihnen ein Schadensersatz zu.

Der Unternehmer trägt das unternehmerische Risiko. Dagegen ist er versichert.


johannkae 
Fragesteller
 04.04.2022, 12:36

Danke. Aber bei Corona ist das wohl anders. Habe viel gelesen heute. Wird wohl als 'höhere Gewalt' anerkannt. Allerdings sehen wir das bei einem Vertrag nach 1 Jahr Pandemie als nicht mehr valide als Argument.

0
Familie2007  04.04.2022, 12:39
@johannkae

Der Unternehmer ist versichert. Er hat die Risiken zu tragen. Zudem weiß ich nicht was dieses Thema mit einem Neubau zu tun haben sollte. Ich nehme an der Unternehmen versucht Alles, um kostengünstig aus der Sache heraus zu kommen oder sogar noch einen Gewinn zu erzielen.

0
wattdennnu2  04.04.2022, 12:38

Wo kann eine Firma höhere Gewalt absichern (= versichern)?

0
FordPrefect  04.04.2022, 12:55
Naja, ist wüsste nicht warum sich ein Bauunternehmer auf irgendwelche Sachen berufen können sollte, obwohl er ja einen Vertrag zu erfüllen hatte.

Weil eine Pandemie als höhere Gewalt einzustufen ist. So hat es der BGH längst entschieden. Ob das im Einzelfall als Begündung ausreicht, steht auf einem anderen Blatt.

0
Familie2007  04.04.2022, 12:57
@FordPrefect

Was soll den Bauunternehmer denn daran gehindert haben seinen Vertrag zu erfüllen? Alles was er "verbockt" hat, muss er auch entschädigen.

0
FordPrefect  04.04.2022, 12:58
@Familie2007
Was soll den Bauunternehmer denn daran gehindert haben seinen Vertrag zu erfüllen?

Das wissen wir nicht. Genau das wird dann vor Gericht zu klären sein. Fehlendes oder ausbleibendes Material wäre zum Beispiel durch eine Behinderungsanzeige rechtzeitig zu avisieren.

0
Familie2007  04.04.2022, 12:59
@FordPrefect

Ja. So sieht es aus. Wenn der Unternehmer keinen Schadensersatz leisten will, wird es wohl auf ein Gerichtsverfahren hinauslaufen.

1

Solche Fragen würde ich UNBEDINGT durch einen Anwalt klären lassen!