Auf dem Gymnasium überfordert sein, aber auf der Realschule gut zurecht kommen?
Meine 10. Klasse hat im November eine neue Schülerin bekommen. Sie hat uns ein bisschen was über sich erzählt. Sie kommt von einem Musikgymnasium, d.h. sie hat ein Instrument gespielt und jeden Tag nach der Schule gab's Proben und des öfteren Auftritte. Daneben musste sie dann auch noch lernen und Hausaufgaben machen. Sie hat totale Probleme in Mathe gehabt, ist mit einer 5 in diesem Fach in die 10. gekommen. Sie stand an dieser Schule extrem unter Leistungsdruck und bekam eine depressive Verstimmung. Aus Angst, das es ihr schlechter gehen könnte wenn sie dort weitermacht, hat sie die Schulform gewechselt und kam zu uns auf die Realschule. Irgendwie kann ich ihre Note in Mathe, ihren Leistungsdruck nicht ganz nachvollziehen. Sie ist so ziemlich die Klassenbeste, schreibt seitdem sie hier ist, nur Einsen und Zweien. Auch in Mathe, damit hat sie hier keine Probleme.
Wie kann es sein, das man auf dem Gymnasium überfordert ist und auf der Realschule glänzende Noten schreibt? Würde so jemand das Abitur schaffen? Sie strebt durchaus das Abitur an, denn sie möchte Grundschullehrerin werden. Ist die 10. Klasse auf dem Gymnasium, allgemein ein Gymnasium so viel anspruchsvoller als eine Realschule?
5 Antworten
Die vergleichst hier völlig andere Leistungsansprüche. Gymnasiale Oberstufe und auch schon einige Klassen vorher sind erheblich anspruchsvoller als Realschule. Stoff, Lerntempo und Co - alles auf höherem Niveau.
Ich habe kurz nach dem Abitur Matheprüfungen für 8-10te Klasse entworfen, für die Mutter meiner damaligen Freundin. Was ich als normal und halbwegs einfach empfunden habe, hat am Ende immer reihenweise Fünfer und Vierer gegeben, selbst bei sonst guten Schülern. Dabei war es ganz normaler Stoff entsprechender Stufe, nur eben gymnasial.
Das ist bei Ausbildungen genau das gleiche. Ein ehemaliger Kumpel hat nach dem Abitur, welches er gerade so geschafft hat, eine Ausbildung als Erzieher angefangen. Im Abi nur Vieren, Ausbildung nur noch Einsen - ohne zu lernen. Plötzlich war verkehrte Welt und alle haben von ihm abgeschrieben.
Mir ging das genau so. Grund: Ich hatte am Gymnasium viel Stoff versäumt (viertel Jahr krank bzw. ich konnte nicht scharf sehen, also keine HA machen und war zu Hause). Danach Anschluss in Englisch verloren (5. Klasse). Leider kam keiner auf mich zu und sprach das Problem an, sondern meine Eltern schickten mich auf die Realschule. Hier war man in Englisch noch nicht so weit, es wurde viel mehr und ausführlicher erklärt, der Unterricht war langsamer - nach kurzer Zeit fühlte ich mich extrem unterfordert, bis zu dem Punkt, dass ich mir fast wie im Kindergarten vorkam (was aber auch am Verhalten einiger Klassenkameraden lag).
Vermutlich hätte es gereicht, wenn deine Klassenkameradin wiederholt oder die Schule gewechselt hätte (anderes Gymnasium).
Das Schlimme ist, dass wir uns an das geforderte Leistungsniveau gewöhnen und selten von uns aus darüber hinausgehen. Wer auf dem Gymnasium ein anderes Tempo und ggf. andere Lernmethoden gewohnt ist, hat es leichter, diese Stoffmenge aufzunehmen als jemand, der auf der RS ein nicht ganz so hohes Tempo und stärker geführte Lernmethoden gewohnt ist. Von sich aus Tempo oder Anspruchsniveau zu erhöhen ist schwieriger, als das im Unterricht einfach mitzunehmen.
Da man ja nach der RS noch die Oberstufe machen kann, ist das aber kein Problem, deine Klassenkameradin kann aufholen und wenn aus eurer Klasse jemand die Oberstufe macht, wird es evtl. erst mal einen kurzen Schock geben (oh, SO werden Klausurfragen hier gelöst, oh, DAS müssen wir alles lernen) und nach ein paar Wochen habt ihr euch komplett daran gewöhnt. Das hat dann nichts mit euch zu tun, sondern mit der Art, wie ihr vorher unterrichtet wurdet.
Eine Pädagogin in einem älteren Buch hat das mal gut zusammengefasst: Sie sagte, wenn Realschüler auf die Oberstufe kommen, wiederholen sie in Bio immer "ein Herz hat vier Klappen". So wurde das bei ihnen abgefragt. Wenn sie dann fragt, wozu die Klappen denn da sind, warum es genau vier sein müssen, zucken sie mit den Schultern - so wurde das bei ihnen NIE gelehrt. Also müssen sie sich an diese Art Herangehensweise (nicht nur auswendigzulernen sondern auch über den Stoff nachzudenken) erst gewöhnen. Das dürfte heute etwas anders sein, der Kern der Aussage ist aber überall wahr, wo eben das Anspruchsniveau, die Art der Lehrmethode abweicht.
Gutes Stichwort, das wird ein Hauptgrund sein. Nicht, dass jemand keine Grundlagen hat, gymnasialen Stoff zu schaffen, es liegt vielmehr an den gewohnten Lernmethoden, die einen jahrelang an weniger Stoff ohne dessen Anwendung und langsames Lernen gewöhnen.
Ich hatte "nur" 12 Jahre Schule und darin teilweise Fächer, wie Biologie, Erdkunde, Geschichte oder Englisch, in denen die Lehrer zu Beginn jeder Unterrichtsstunde eine mündliche Leistungskontrolle mit einem oder zwei Schülern gemacht haben. Wer sich seinen Schnitt nicht in 10min versauen wollte, musste lernen.
Und bei uns hatte keiner Burnout, weil ihm alles zuviel war. Das sind heutzutage selbstgemachte Probleme.
Meine Noten damals auf der Realschule waren auch unter aller Sau, so das ich den Abschluss nie bestanden hätte und kam deshalb auf die Hauptschule.
Der Grund war schlicht und einfach Mobbing, vor über 20 Jahren noch nicht wirklich als Gefahr anerkannt. Auf der neuen Schule konnte ich dann mit guten Noten glänzen, da ich den ganzen Stoff schon gelernt hatte bzw. mit diesem zu tun hatte.
Du darfst das Niveau nicht vergessen was diese Schulen unterscheidet, da liegen wirklich Welten zwischen und das kann ich Dir aus Erfahrung sagen.
Ja, selbstverständlich ist das Niveau auf einem Gymnasium höher... Da wird viel mehr erwartet und man lernt manche Sachen schon früher/schneller als auf einer Realschule.
Dann freu dich mal aufs Studium: Auf dem Gym immer nur Einsen und zwein- in der Uni gerade so bestehen xD
Unis sind Hochschulen. Was du meinst, sind Fachhochschulen. Und die sind nicht weniger schwer, sondern im Grunde wendet man die gleiche Theorie nur eher in der Praxis an.
Ja, eben. Die sind praxisorientierter. Ich finde dadurch lernt man einfacher und ist somit besser
Es gibt auch Hochschulen.