An die Monotheisten: sind Jesiden "Satansanbeter"?
Guten Abend!
Mich beschäftigt eine Frage, für die ich gerne einige Meinungen einholen möchte. Da diese Frage ausschließlich auf theologischer Grundlage fußt, bitte ich lediglich um Antworten von Monotheisten. Ideologisch getriebene Antworten von Atheisten und oder Polytheisten, sind für die Beantwortung meiner Frage irrelevant, es sei denn, man mag sein Wissen dazu teilen.
Wie dem auch sei: Satan wird in jüdischer- islamischer und christlicher Theologie als einen ehemaligen Engel beschrieben, der rebellierte und gilt seither als Satan/Teufel/Iblis.
Nach jesidischer Theologie, rebellierte ein Engel (wie bei den abrahamitischen Religionen), wurde bestraft und in die Hölle verbannt und galt seither als Satan/Teufel/Iblis -und jetzt kommt das entscheidende- versöhnte sich aber wieder mit seinem Herrn. Seither soll der ehemalige Iblis als Engel auf der Erde hausen.
Der sogenannte IS, massakriert gerade die Jesiden, weil sie eben in ihren Augen "Teufelsanbeter" seien. (Keine Relativierung und Bagatellisierung) So hört man es irgendwie auch an anderer Stelle.
Da ich gebürtige Jesiden bin (jetzt Christin) kann ich die Erfahrung schildern, dass nach den Jesiden das böse nicht existiert. Sie dürfen den Namen des Iblis noch nicht einmal aussprechen.
Aber! Gehen wir davon aus, es ist wie es die abrahamitischen Religionen beschreiben (woran ich als Christin selbstverständlich glaube), könnten wir Ihnen "vorwerfen" sie seien "Teufelsanbeter"? Oder sind sie Unwissende? Jesiden glauben -von ihnen aus- nicht an Satan. Tun sie es dann unbewusst? Und wie steht ihr zu der Tatsache, dass sie die Möglichkeit hätten, die Bibel, den Qur'an und die Thora/den Talmud zu lesen? Sind sie "verloren"?
Danke an Juden, Christen, Muslime, Sikhisten, Bahai-Anhänger, Zoroastrier und an die Jesiden selbst.
Gruß und Shalom
xxPHILOSOPHINxx
7 Antworten
Hallo Philosphin,
ich zitiere mal einen Satz aus deiner Fragestellung weil er für mich sehr interessant ist:
"Seither soll der ehemalige Iblis als Engel auf der Erde hausen."
Wenn man die Offenbarung an Johannes aufschlägt, im Kapitel 12, wird man auf etwas sehr interessantes in diesem Zusammenhang stoßen, nämlich (Vers 9):
*Und hinabgeschleudert wurde der große Drache+ — die Urschlange+ —, der Teufel+ und Satan+ genannt wird, der die ganze bewohnte Erde irreführt;+ er wurde zur Erde hinabgeschleudert,*
Man hat also nicht ganz unrecht wenn man sagt, dass der Teufel auf der Erde haust, das tut er nämlich tatsächlich! Ausserdem führt er die ganze bewohnte Erde irre, was die vielen unterschiedlichen Ansichten über ihn erklärt. Er selbst möchte sich nicht so gerne zu erkennen geben weil er gerne Ansehen geniesst durch unwissende Menschen. An anderer Stelle spricht die Bibel z. B. davon, dass der Teufel gerne die *Gestalt eines Engels des Lichts* annimmt...
Es hat "klick" gemacht bzw. ich wurde um eine Erkenntnis reicher. Das sind ziemlich komplexe Gedankengänge die ich da habe. Jedenfalls hast du positiv dazu beigetragen. :-)
Ach und solltest du ein Zeuge Jehovas sein, ich beschäftige mich momentan intensiv damit. Ich werde immer wieder in die Richtung geleitet, seltsamerweise. :) Ich suchte vergeblich nach einer Konfession die sich nach dem Urchristentum richtet, wurde aber nicht fündig. Bis ich auf die JZ aufmerksam wurde.
Super, mach weiter so!!!👍🏽👍🏽👍🏽 Deine Suche wird belohnt werden. Wer sich Gott naht, dem naht sich Gott... ich wünsche dir dabei Gottes Segen.
PS. Ja genau ich bin ein Zeuge Jehovas :-)
@jeysuni ..wird doch wohl nicht Trump sein ? Falls doch dann hat der Beelzebub einen schlechten Krawattengeschmack ;)
Also als ich gläubig war (christlich) habe ich Jesiden nie als Teufelsanbeter gesehen, einfach weil sie an etwas komplett anderes glauben.
Klar, der gefallene Engel, der bei Christen/Muslimen theoretisch Satan ist, ist bei ihnen ein sehr hoher Engel und er wird hochgeachtet, aber es ist eben nicht unser Satan.
Das ist so, wie der Isa (Jesus) aus dem Koran. Es soll zwar die selbe Person darstellen, hat aber eine komplett andere Hintergrundgeschichte, wurde nie gekreuzigt, ist also nie auferstanden usw. Es sind also zwei versch. Personen, die je nach Glauben bis zu einem gewissen Grad die selben waren, sich dann aber getrennt haben.
So ist das auch bei Jesiden. Dadurch, dass dieser Engel eben eine andere Person ist, als unser Satan, hätte ich sie damals nie als Gottesanbeter bezeichnet.
Selbst wenn du jetzt sagst, dass das Christentum wahr ist und somit Satan aus dem gefallenen Engel geworden ist, beten die Jeziden nicht Satan an, sondern einen Engel, der zwar nicht existieren würde, aber ein hoher Engel neben Gott sein würde. Da Satan das nicht ist, beten sie ihn nicht an.
Nur schon auf Grund der Erfahrungen, die die Jesiden durchmachen mussten, würde ich Etiketten wie "Teufelsanbeter" nicht verwenden.
Es ist wie mit Jesus/Isa/Jehoschua. Für mich als Christ ist Jesus Gottes Sohn. Für Muslime ein wichtiger Prophet. Für die Juden wurde Jehoschua als Jude geboren, er hat als Jude gelebt und ist als Jude gestorben ist - was ich bestätige. Sonst ist er bei den Juden höchstens ein Mann, der sich als Messias ausgab.
Wer hat recht? Mit Gewissheit kann auch ich es nicht sagen. So wissen wir auch bei deiner Frage nicht, wer letztendlich recht hat.
Schade, dass du dein Jesidentum aufgibst...
Wie soll diese Kultur weiter bestehen, wenn ihre Mitglieder ihr nicht treu bleiben?
Da sagst du etwas wahres. Aber auch ich suche nach der Wirklichkeit und konnte mich mit dem Jesidentum nicht identifizieren.
Fair enough. Jeder muss sich sein eigenes Leben suchen, jeder hat das Recht auf seine Religionsfreiheit...
Bin auch jesidin und in Deutschland aufgewachsen. Bin aber neugierig und würde dich gerne etwas fragen. Ich möchte dir aber nicht nahe treten oder Vorwürfe machen, doch würde ich gerne wissen wie du es geschafft hast deine religion zu verlassen. War es nicht schwer? Jesidin finden es nicht gerade toll wenn einer die religion verlässt. In manchen Fällen kam es sogar zu ehrenmord:/ wie hast du es denn geschafft? wie hat deine Familie reagiert? ich hoffe du fühlst dich nicht bedrängt, denoch tut es mir sehr leid für die privaten fragen aber ich bin sehr neigierig(:
Hallo Kati9915, selbstverständlich darfst du fragen. :-) Also, mal so gesehen, fangen wir mal mit dem sogenannten Ehrenmord an. Jesiden leben seit eh und je unter islamischer "Herrschaft". Nehmen wir mal das Beispiel meiner Mutter: sie verkehrte zwar mit Muslime, konnte den Islam aber nie leiden (genau wie der Rest meiner Familie). Trotzdem verwendete sie immer islamische Begriffe, aß kein Schwein und nannte ihren Gott Allah (ist zwar das arabische Wort für Gott, aber sie ist ja nicht arabisch). Ich glaube einfach, bzw. bin fest davon überzeugt, dass Jesiden unbewusst viele Handlungen den Muslimen nacheifern, auch eben die Sache mit dem Ehrenmord. (Nur eine Minderheit der Muslime legitimiert den sogenannten Ehrenmord) Mit dem Jesidentum ist es wie mit einem Haus. Das Haus hat seine innerliche Regeln und Gesetze. Wer diesen nicht nachkommt, wird "verstoßen". Ich finde sowas nicht schlimm. Wenn ich mich nicht an Regeln halten möchte, ja dann kann ich auch einfach gehen. Meine Familie und die meisten Jesiden die ich kenne, hatten damit nie ein Problem. Im Gegenteil, ich lebte westlich orientiert, trage einen Sidecut, wurde dennoch nicht verstoßen und auch nicht bevormundet.
Ich hörte mal Nasheeds (islamische Gebete mit musikalischem Hintergrund) und da schrie meine Mutter dann folgendes "Azad (mein Bruder) komm schnell schnell, sie hört sich Jesus an". Ich musste natürlich lachen. Die Denkweise der meisten Jesiden ist nicht nur sehr paradox, ihnen fehlte es immer an Bildung, zumindest in meiner Gemeinschaft.
Aber sie sind im Endeffekt friedliebende Menschen, stecken aber in einer fortlaufenden Identitätskrise. Sie haben keinen festen Platz auf dieser Welt und wenn doch, sind sie ständigen Massakern ausgesetzt. Deshalb möchte ich für sie beten, auch wenn sie unbewusst Satan anbeten sollten. Sie tun mir sehr leid.
Schwierig war es im Endeffekt nie, ich war einfach schon immer sehr rebellisch. Viele meiner Cousinen haben die Todsünde Nummer eins begangen: sie hatten was mit Muslime. Sie leben aber noch. Übrigens, denen ist immer noch nicht ganz klar, dass ich mit dem Jesidentum nichts am Hut habe. Sie sind gedanklich einfach sehr festgefahren. Sie würden mich nie abstoßen. Liebe Grüße :-)
Ach und was ich noch vergessen habe zu erwähnen: ich habe meine eigene Wohnung und mit meiner Familie derzeit (aus anderen Gründen) keinen Kontakt. Das hat allerdings nichts mit meiner Religion oder ähnlichem zutun.
Alles was wir sagen können, müssen wir sagen wir glauben, dass... Weil nur Allah weiss.
Aber soweit ich weiß heißt es,, wer an Gott und den jüngsten Tag glaubt und sich an seine Regeln hält, wird belohnt... "
Oder nicht?
Naja wenn es so ist wie ich glaube (Allah weiß es am besten) kommen jesiden auch ins Paradies, da sie an Gott und den jüngsten Tag glauben und soweit sie nichts verbotenes machen......
Also :möge ALLAH (swt.) mich rechtleiten sollte ich mich irren, er der Barmherzige allvergebende, allmächtige Herscher weiß es am besten❤️❤️💕
Das ist echt interessant. Ich hatte Gänsehaut. Danke. :-)