Das ist gut möglich, dass dir soziale Kontakte aus diesem Grund schwerfallen. Gute Freundschaften sind immer gegenseitig und gemäss meiner Erfahrung nicht einfach zu finden. Viele Leute heutzutage sind zu bequem oder zu beschäftigt. Meist muss man anfangs einiges an Eigeninitiative zeigen, bis sich herauskristallisiert ob sich da eine Freundschaft entwickelt oder nicht. Das kann nach der Schule Jahre dauern.
Wenn du einen Freund willst, dann sei zuerst selbst einer. Frage dich selbst: Wer braucht einen Freund, ein offenes Ohr, eine Umarmung, eine Ermutigung, ein Kompliment? Stell dich zur Verfügung. Braucht jemand Nachhilfe, ist jemand krank und braucht ein Update was in der Schule läuft? Sei für andere da wenns ihnen schlecht geht, und diejenigen, die anschliessend auch für dich da sind wenn du sie brauchst, sind wahre Freunde.

Es gibt aber auch andere Gründe, warum es schwierig sein kann Freunde zu finden: Bei schlechten Manieren, ungepflegtem Äusseren, Mundgeruch, Arroganz, zuviel oder zu wenig Ich-Bezogenheit*, Eifersucht, Passivität, zu teuren Hobbies, fällt man schnell man in die Kategorie "mit der will ich nicht befreundet sein". Es kann sich aber auch sein, dass andere Kinder eifersüchtig sind, weil ihre Familien eben nicht soviel Geld haben und sie überall mithelfen müssen. Gerade auch deswegen ist es wichtig, dass du bodenständig wirst und vielleicht auch das ein oder andere mal teilst. (Lass dich aber nicht ständig ausnutzen - Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit).
Bodenständige Freunde können Tipps geben, wenn mal einer nicht weiter weiss oder zumindest etwas mitreden. Überlege dir, was der Grund ist, dass du keine Freunde findest und arbeite an dir. Verbessere deine Schwachpunkte und stärke deine Stärken, denn das ist das einzige, was du verändern kannst: dich selber.

Wo findest du Freunde? Für mich war es am einfachsten in einer Kirche Freunde zu finden. Die Leute haben dieselbe Glaubensbasis. Es könnte aber auch ein Verein sein, auf einer Parkbank, in der Nachbarschaft, an der Bushaltestelle, in einem Kurs etc. Ich persönlich verzichte auf Bars und Discos, weil ich da nie richtige Freunde gefunden habe.

Werde unbedingt selbständig. Mach deine eigene Wäsche inklusive Hemden bügeln, lerne Bad, Küche, Fenster und Böden zu putzen, zu kochen, Einkäufe zu tätigen. Gehe sorgsam mit deinem Taschengeld um. Lege jeden Monat etwas auf die Seite, damit du wenn du ausziehst Geld für die Möbel hast oder dir sonst mal was leisten kannst. Auch wenn deine Eltern reich sind, das kann sich vom einen auf den anderen Moment ändern. Stütz dich nicht auf ihr Einkommen, generier sobald wie möglich dein Eigenes und nabel dich von ihnen ab. Auch sie werden im Endeffekt stolz auf dich sein, wenn sie merken, dass du ohne ihre Hilfe funktionierst. Wenn du ausziehst werden noch viel mehr Unannehmlichkeiten (Versicherungen abschliessen, Rechnungen bezahlen, Altersvorsorge, Mietvertrag, Arbeitszeugnis usw.) auf dich zukommen. Dann ist es eine Erleichterung wenn du wenigstens die Basics schon beherrschst. Dann hast du etwas in der Tasche, worauf du stolz sein kannst, weil du dein Leben im Griff hast.

Ein Tipp noch für Beziehungen. Freunde müssen nicht immer gleicher Meinung sein. Ein wahrer Freund ist einer, der auch mal eine unangenehme Sache aussprechen kann und dem du wichtiger bist als eure Freundschaft. Es lohnt sich längerfristig Dinge anzusprechen, die einem nicht passen, als dass man einfach gute Miene spielt.
Aus eigener Erfahrung war ich es mir gewöhnt, dass vieles nach meiner Meinung rollte. In Beziehungen ist dies nicht der Fall. Dadurch, dass mein Mann sich zum Glück nicht von meinen Trotzausbrüchen beeindrucken liess, lerne ich langsam von der Vorstellung loszulassen, dass alles immer nur nach mir gehen muss (es brauchte leider Jahre). Es ist ein Heilungsprozess, der viel Nerven kostet - Nerven, die meine Eltern sich damals gespart haben und unter denen ich und mein Mann jetzt zu leiden haben. Es nützt mir aber nichts, alle Schuld auf meine Eltern abzurollen. Denn das Problem ist da und ich bin erwachsen - folglich bin ich für mich selbst verantwortlich. Helfe ich nicht mir selber, tut es niemand mehr.

Ich bin zwar kein Profi, aber ich habe den Verdacht, dass eine Vielzahl an Scheidungen mit destruktiven Verwöhnt-gewesen-worden-sein Mustern zusammenhängen. Die Leute haben nicht gelernt Krisen zu überstehen. Es gibt Hoffnung, dass es nicht so enden wird, aber dahinter steckt eine Menge Arbeit. Versöhnungsarbeit, Haushaltarbeit, Kompromisse finden. Das wahre Leben läuft nicht immer so, wie man sichs vorgestellt hat. Lass dich deswegen nicht unterkriegen. Ich habs ja auch soweit geschafft. :)

Du hast so viele Antworten erhalten von Leidensgenossen - du bist also nicht alleine. Ich finde super, stellst du mit 18 schon diese Frage!

Rede mit deinen Eltern darüber, dass du aus diesen Gründen selbständiger werden willst. Lieben sie dich wirklich, dann unterstützen sie deine Selbständigkeit.
Bleibe deinen Eltern gegenüber respektvoll, auch wenn sie eine andere Meinung haben. Ich wünschte mir hätte das jemand in deinem Alter gesagt. Deine Eltern haben wertvolle Lebenserfahrung, auch wenn sie nicht alles richtig machen. Höre ihnen unbedingt zu. Behalte das Gute und ignoriere das Schlechte. By the way, eine gute Grundausbildung (ganz egal welche) erleichtert dir dein Arbeitsleben um einiges.

Ich wünsch dir alles Gute auf deinem Weg.

*Auch zu wenig Ich-Bezogenheit kann ein Grund sein. Ein gesundes Mittelmass an Selbstbewusstsein ist auch in einer Beziehung gesund. Zu wissen was man möchte und was man nicht möchte und dafür einzustehen hat etwas mit Selbstrespekt aber auch Respekt der Mitmenschen zu tun. Das heisst nicht, dass man nich auch flexibel sein kann. Es heisst nicht umsonst "Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst." Bsp: Ich hatte mal ein bekanntes Mädchen zu mir zu Besuch. Wir wollten einen Film schauen. Ich fragte sie MEHRMALS, welchen Film sie schauen wollte. Sie antwortete, dass es ihr nicht darauf ankomme. Also wählte ich leicht genervt den Film, den ich mochte. Ich sah ihr an, dass sie den nicht wirklich toll fand. Wir schauten ihn trotzdem, weil es mir zu dumm war zu raten welchen Film sie am liebsten geschaut hätte. Hätte sie von Anfang an gesagt, welchen der Filme sie gut oder schlecht finde, dann hätten wir nach ihrer Präferenz geschaut. Nicht nur sie wäre zufrieden gewesen, sondern ich auch. Freunde können etwas ausdiskutieren ohne dass das der Freundschaft schadet.

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