Steuerung der Abläufe

Sämtliche im Kohlekraftwerk anfallenden Informationen, wie beispielsweise die Messwerte, werden in der Leitwarte angezeigt und ausgewertet. Die Leitwarte ist ein geschlossener Raum mit Messinstrumenten zur Anzeige der Betriebszustände der einzelnen Kraftwerkskomponenten. Mit Schaltern und anderen Steuerorganen kann das Kraftwerkspersonal in den Betriebsablauf eingreifen. Die Eingriffe werden über digitale Datenübertragung
an die zugehörigen Hilfsantriebe übermittelt und bewirken in teilweise
großer Entfernung von der Leitwarte beispielsweise das Öffnen oder
Schließen einer Armatur oder eine Veränderung der zugeführten Brennstoffmenge.

Anfahrverhalten

Im Unterschied zu den meisten Wasserkraftwerken,
bei denen die Leistung bei Bedarf im Sekundenbereich abgerufen werden
kann, sowie den ebenfalls vergleichsweise schnell regelbaren
Gaskraftwerken dauert das Anfahren eines Kohlekraftwerks wesentlich
länger. Die angegebenen Zeiten decken das Zünden des ersten Brenners bis zum Erreichen der Volllast
ab. Beim Anfahren eines Kohlekraftwerks wird zwischen Heißstart,
Warmstart und Kaltstart unterschieden. Heißstart bezeichnet ein Anfahren
nach einem Stillstand von weniger als 8 Stunden, ein Warmstart den
Zeitraum von 8 bis 48 Stunden und ein Kaltstart ein Wiederanfahren nach
einem Stillstand von mehr als 48 Stunden.[1]

Steinkohlekraftwerke benötigen für einen Heißstart 2 bis 4 Stunden,
ein Kaltstart nach längerem Stillstand dauert 6–8 Stunden.
Braunkohlekraftwerke weisen Kaltstartzeiten von 9 bis 15 Stunden auf und
sind deutlich schlechter regelbar. Zudem können heutige
Braunkohlekraftwerke nicht unter 50 % Leistung gedrosselt werden, da
sonst die Kesseltemperatur zu stark absinken würde. Eine größere
Regelbarkeit wird angestrebt, wobei jedoch eine Herunterregelung auf
unter 40 % der Nennleistung als unwahrscheinlich gilt.[2]

Werden Kohlekraftwerke im Teillastbetrieb gefahren, sinkt der Wirkungsgrad
etwas ab. Für die modernste Steinkohlekraftwerke liegen die
Wirkungsgrad im Volllastbetrieb bei ca. 45–47 %. Werden diese Kraftwerke
auf 50 % Leistung gedrosselt sinkt der Wirkungsgrad auf 42–44 % ab.[3]

Kohlekraftwerke bieten deutliche Flexibilisierungspotenziale
gegenüber dem heutigen Stand. Sie sind jedoch im Wirkungsgrad, maximaler
Änderung der Last in fünf Minuten sowie Anfahrtszeit Kaltstart den Gas-
und Dampfkraftwerken sowie Gasturbinen unterlegen, selbst wenn die
technischen Optimierungspotenziale ausgeschöpft werden können. Zudem
sind Gas-Einheiten in der Regel deutlich kleiner als Kohle-Einheiten und
können somit gut in Kaskaden betrieben werden.[4][5]

Aufgrund ihres schwerfälligen Anfahrverhaltens tragen insbesondere Braunkohlekraftwerke zum Auftreten negativer Strompreise bei.[6]
So liefen in Zeiten negativer Börsenstrompreise Braunkohlekraftwerke
mit einer Auslastung von bis zu 73 %, bei Niedrigpreisen mit bis zu 83 %
weiter, da sie nicht flexibel genug heruntergefahren werden konnten.
Eine Auslastung von 42 % wurde dabei nie unterschritten.[2][7]

Wirkungsgrad

Großbaustelle der Blöcke F und G des Braunkohlekraftwerks mit optimierter Anlagentechnik (BoA) Neurath bei Grevenbroich

BoA-Block in Niederaußem im April 2006

Der Wirkungsgrad
von Kohlekraftwerken liegt üblicherweise im Bereich von 30 bis 40 %,
moderne überkritische Kraftwerke können bis zu 45 % erreichen.[8]
In Deutschland lagen die mittleren Wirkungsgrade im Jahr 2010 bei 35 %
bei Braunkohlekraftwerken bzw. bei 38 % bei Steinkohlekraftwerken.[9] In anderen Staaten, insbesondere Schwellen- und Entwicklungsländer, liegen die Wirkungsgrade z. T. niedriger.

Zur optimalen Ausnutzung der im Brennstoff gespeicherten Energie und
zur Verbesserung des Wirkungsgrades werden im Kohlekraftwerk
verschiedene Verfahren eingesetzt. Wie in jedem thermodynamischen Kreisprozess wird angestrebt, dass das Arbeitsmittel
(hier: Wasserdampf) mit einer möglichst hohen Temperatur in die
Dampfturbine eintritt und diese mit einer möglichst niedrigen Temperatur
wieder verlässt. Die hohe Eintrittstemperatur wird durch ein einmaliges
Überhitzen
des Wasserdampfes erreicht, wobei der Dampf schon nach einem Teil
seines Weges durch die Dampfturbine erneut wieder durch den Dampfkessel
geleitet wird und ihm weitere Wärmeenergie zugeführt wird. Die Grenze
für die höchste Temperatur ist die Hitzebeständigkeit der verwendeten Stähle für die Rohre des Wasserrohrkessels. Die niedrige Austrittstemperatur des Dampfes wird durch einen ausreichend bemessenen Kondensator verwirklicht. Die niedrigstmögliche Temperatur ist die Eintrittstemperatur des Kühlwassers in den Kondensator. Als zusätzliche Maßnahme wird die Berohrung des Kondensators kontinuierlich durch das Kugelumlaufverfahren von Verschmutzungen befreit, da an dieser Stelle Verunreinigungen den gesamten Wirkungsgrad verringern.

Die im Abgas vorhandene, ggf. nutzbare Restwärme hängt von der Rauchgasentschwefelung
ab. Durch die meist wässrigen Entschwefelungsverfahren werden die
Abgase feucht und kühl, sodass die Ableitung über Schornsteine wegen Versottung
problematisch ist. Die Reingase müssten durch (ebenfalls
korrosionsanfällige) Wärmetauscher, durch Prozessdampf, Elektrowärme
oder Brenner wieder erwärmt werden. Eine kostengünstige Variante stellt
das Einleiten der gereinigten Abgase in die Kühltürme dar, sofern
vorhanden.

Bei der Braunkohleverstromung wird der derzeitige Stand der Technik von Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik (BoA) repräsentiert. In Niederaußem ist der erste Block in Betrieb, eine weitere Anlage mit zwei Kraftwerksblöcken im Kraftwerk Neurath von RWE seit 2012. Bei einer installierten Leistung von 2×1100 Megawatt wird hier ein Wirkungsgrad von mehr als 43 % erreicht. Der neue 675-MW-Block des Kraftwerks Boxberg von Vattenfall erreicht ebenfalls 43,7 % Wirkungsgrad, was daher momentan als erreichbares Maximum zu sehen ist.

Bezieht man den Energieaufwand für die Brennstoffversorgung mit ein,
so sinkt der Wirkungsgrad. Der Energieaufwand kann nicht per se
beziffert werden, da er von den Faktoren Gewinnungsart der Kohle
(Tagebau oder Tiefbau) und vom zurückzulegenden Transportweg vom
Gewinnungsort (Regional oder Übersee) bis zum Kraftwerk abhängig ist.

Eine Verbesserung des Gesamtwirkungsgrades (Brennstoffausnutzung) ist durch Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung
möglich, wegen der dezentralen Standorte der Kraftwerke in der Nähe der
Lagerstätten der Kohle und nicht in der Nähe der Abnehmer der Wärme
jedoch gerade bei den Großkraftwerken nicht immer realisierbar. Zudem
wird die Wärme in den warmen Jahreszeiten bei den Abnehmern nicht
benötigt (bei Nutzung als Heizwärme). Es gibt jedoch Erfahrungen mit
mehr als 20 km langen Fernwärmeleitungen des Kernkraftwerks Greifswald. Einige Großkraftwerke des rheinischen Braunkohlereviers würden somit in Reichweite zu potenziellen Abnehmern von Fernwärme liegen.

Ökologische und soziale Probleme

Kohlekraftwerke stehen aus einer Reihe von Gründen in der Kritik von Wissenschaft, Umweltschutz- und Naturschutzorganisationen
und Menschenrechtlern. Hauptgründe hierfür sind die schlechte
Treibhausgasbilanz von Kohlekraftwerken, ihr hoher Schadstoffausstoß,
die damit verbundenen ökologischen und ökonomischen Folgen sowie soziale
Probleme infolge des Kohleabbaus.

Auswirkungen auf das Klima

Durch die Verbrennung von Kohle wird pro erzeugter Energieeinheit sehr viel Kohlendioxid freigesetzt. Die zunehmende Emission des Treibhausgases Kohlendioxid seit Beginn der Industriellen Revolution gilt als zentraler Faktor der globalen Erwärmung. Braunkohlekraftwerke stoßen mit 850–1200 g CO2 pro kWh mehr Kohlendioxid aus als Steinkohlekraftwerke mit 750–1100 g CO2 pro kWh.[10] Damit liegt der Ausstoß von Kohlekraftwerken deutlich höher als der der ebenfalls fossil betriebenen GuD-Gaskraftwerke, die 400–550 g pro kWh emittieren. Bei Einsatz aktueller Technik, wie z. B. im Kraftwerk Irsching, beträgt dieser Ausstoß nur noch gut 330 g CO2 pro kWh.[11] Noch deutlich geringere Emissionen weisen erneuerbare Energien auf: Während Windenergie und Wasserkraft
ca. 10–40 g/kWh Kohlendioxidemission haben, liegt der Wert bei
Photovoltaik bei 50–100 g/kWh. Bei der Kernenergie liegt er bei
10–30 g/kWh.[10]

Etwa 85 % der Emissionen des deutschen Stromsektors stammen aus Kohleverstromung. Die Abschaltung alter und CO2-intensiver
Kohlekraftwerke in Deutschland könnte daher einen substanziellen
Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesregierung leisten.
Die ist ein Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Bei einer zusätzlichen Stilllegung von rund drei Gigawatt Steinkohle-
und sechs Gigawatt Braunkohlekapazitäten ergibt sich eine CO2-Reduktion
von 23 Millionen Tonnen. Hinzu kommen Einsparungen, die sich durch den
bereits heute angekündigten Rückbau von rund drei GW
Steinkohlekraftwerken ergeben. Gleichzeitig steigen die
Großhandelsstrompreise, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit der
Stromerzeugung insbesondere von flexiblen Gaskraftwerken verbessert.
Aufgrund des gestiegenen Großhandelspreises sinkt auch die EEG-Umlage.[12]

Von Klimaschützern und Naturschutzorganisationen wie BUND,[13] DUH,[14] Greenpeace[15] sowie weiteren Umweltschutzorganisationen wird daher der Betrieb, insbesondere aber der Neubau von Kohlekraftwerken kritisiert.

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