Warum wird oft so getan, als ob erst die 68er die große Befreiung gewesen wären?

In der Adenauer-Zeit war alles streng und die 68er brachten die große Befreiung. So wird es zumindest in den Medien oft vermittelt. Die Wahrheit ist allerdings etwas anders.

Glaubt man Spielfilmen der Öffentlich Rechtlichen, dann war jeder Lehrer in den 50ern ein prügelnder Tyrann. In Wahrheit war das doch gar nicht so. Natürlich gab es strenge, prügelnde Lehrer, aber es gab auch viele vernünftige, gute Lehrer. Meine Großeltern, die in den 50er Jahren in der Schule waren, waren zum Beispiel immer zufrieden mit ihren Lehrern. Da waren keine prügelnden Tyrannen.

In Filmen werden oft nur die Extremen gezeigt: Der prügelnde Lehrer, der schlagende Pfarrer, der wütende Vater, der Mann, der seine Frau vergewaltigt. Das alles hat es gegeben. Aber es waren doch längst nicht alle so. In Filmen wird aber immer ein total verzerrtes Bild der 50er Jahre wiedergegeben.

Es gibt den Film "13 kleine Esel und der Sonnenhof" mit Hand Albers, der Ende der 50er Jahre entstanden ist. Also ein ganzes Jahrzehnt vor den 68ern. Trotzdem kritisiert dieser Film schon ganz deutlich die konservativen Erzieher und plädiert für Erziehung auf Augenhöhe. Man hat also lange vor den 68ern für eine Reform in der Erziehung geworben. Und zwar in einer Familienkomödie mit Hans Albers - also im Mainstream.

Trotzdem wird es immer wieder so dargestellt, als die Adenauer-Zeit die Hölle auf Erden war und die 68er die große Freiheit gebracht hätten.

Warum wird das denn immer wieder so dargestellt?

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Es gibt den Film "13 kleine Esel und der Sonnenhof" mit Hand Albers, der Ende der 50er Jahre entstanden ist.

Reden wir vom selben Hans Albers, der zuvor für die Goebbels-Propaganda seine Visage zum Dreh von "Carl Peters" in die Kamera gehalten hat?

Ich würde mal behaupten schon, womit wir denn auch beim Problem wären.

Fakt ist einmal, dass sich bis 1968 in diversen Lebensbereichen Figuren, die mit dem NS-Regime in irgendeiner Weise verfilzt waren in Amt und Würden halten konnten und das gesamtgesellschaftlich kaum hinterfragt wurde.

Dann war die frühe Bonner Republik einmal, was ihre Gesetzgebung und Gesellschaftsauffassung angeht, erzkonservativ, nicht nur gemessen an Heute, sondern auch schon gemessen am Stand der Weimarer Demokratie. Schönes Beispiel dafür die bundesdeutsche Gesetzgebung, die es etwa einer verheirateten Frau verbot ohne die ausdrückliche Erlaubnis ihres Mannes eine berufliche Tätigkeit auszuüben oder auch nur ein Bankkonto zu eröffnen und zu führen. Oder dezidierte Schweinereien, wie die Straffreiheit bei Vergewaltigungen in der Ehe (ist erst seit den 1990er Jahren strafbewährt).

Im Hinblick auf diverse gesellschaftliche Bereiche war das finsterstes Mittelalter oder jedenfalls noch recht nah am finsteren Mittelalter drann und wie angemerkt in Teilen auch weit unmoderner, als die erste deutsche Demokratie in den 1920er Jahren.

Das ganze dann noch vor dem Hintergeund der Einbindung in den kalten Krieg und dem Hintergrund der nicht ganz so kalten Kriege in Algerien und Vietnam, die letztendlich beides mindestens aus ihrer Entstehung heraus nichts anderes waren, als verspätete Kolonialkriege zur Wiederaufrichtung, respektive zum Erhalt von Herrschaftbereichen und Formen, die einmal der Zeit des Hochimperilismus des 19. Jahrhunderts entsprungen sind.

Damit musste selbstredend schluss gemacht werden, nicht nur in Deutschland, sondern im gesammten Westen und es ist durchaus ein Verdienst, dass das auch passiert ist.

Dabei nebenher abfallende reformpädagogische Ansätze und Behandlungen in der Schule waren da wirklich eher Nebensache.

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