Erstens hört es sich an, als würdest dich selbst grundlos verurteilen als die Ursache für sein böses Verhalten. Das muss nicht sein. Wenn er die Selbstbeherrschung nicht hat, seine Wutausbrüche zurückzuhalten, aber dich trotzdem nie beschuldigt, warum bildest du dir ein, dass er sich beherrscht und etwas gegen dich zurückhält? Gab es irgendwelche Begegnungen zwischen euch, wo du ihn zu Wut getrieben haben könntest? Wenn du keine richtigen Beispiele finden kannst, warum es einen Konflikt zwischen euch geben sollte, kannst du nicht annehmen dass es sowas gibt.
Zweitens ist es schwierig, andere Menschen zu verändern, wenn sie selbst dafür nicht offen sind. Wie du gesagt hast, will er die Ursachen seiner Probleme nicht analysieren bzw. diskutieren. Es ist leichter gesagt als getan, aber du musst lernen, eine Grenze zwischen deinen Gefühlen und den von anderen zu ziehen. Man muss sich nicht komplett emotional abschotten, aber man muss trotzdem praktisch sein. Wenn du etwas mit deinen Handlungen bewirken kannst, um die Gefühle anderer zu verbessern, dann lass dich dazu bewegen. Aber wenn deine Bemühungen ins Leere laufen, kannst du es auch getrost aufgeben. Du hast den Versuch gemacht, und aus Gründen, die nicht in deiner Hand sind, hat es nicht funktioniert. Es ist völlig unpraktisch, dich für die Gefühle aller Menschen zu sorgen. Beschränk dich auf nur die, die deine Hilfe und dein Mitgefühl annehmen wollen. Der Mitbewohner hat dein Mitleid wahrscheinlich nicht verdient.
Wenn er nicht ausdrücklich sagt, dass du nicht willkommen bist, mit dir kooperiert und dir nicht in den Weg kommt, sodass du dein tägliches Leben trotzdem gut führen kannst, dann lass ihn sich mit seinen Emotionen selber auseinandersetzen. Daran musst du dich nicht beteiligen. Fokussier dich auf dein Leben. Nur in dem unerträglichsten Fall lohnt es sich auszuziehen. Wenn deine Wohnsituation außerdem gut ist, behalt es so möglichst bei.
Viel Erfolg dabei.