Professor Peter Sefrin erkärt, dass jeder Zehnte, der am Unfallort verstirbt, heute noch leben könnte, wenn eine sachgerechte erste Hilfe geleistet werden würde, anstatt nur zuzuschauen.
An einer abgesperrten Unfallstelle ist jeder Millimeter
voll von Menschen. Platz für Rettungskräfte gibt es nicht oder aber muss erst geschaffen werden. Das wiederum braucht unnötig Zeit. Der Professor bestätigt ebenfalls, dass jeder fünfte Rettungseinsatz, zu dem er gerufen wird, von Gaffern verhindert wird. Ihr seht also,
wie wichtig erste Hilfe ist. Durch eigene Hilfe kann gleichzeitig Platz geschaffen werden für den Notarzt, das ist doch ein wundervolles Gefühl, oder?
Ihr könnt euch doch sicherlich auch noch an den Fahrradunfall einer ehemaligen Achtklässlerin am FAG erinnern, der erst fünf Minuten später durch eine Oberstufenschülerin geholfen wurde?Ich war genau wie alle anderen: Schnell nach Hause. Ja nicht nachfragen, was passiert ist. Das kostet zusätzlich wertvolle Zeit! Aber das Mädchen, das erste Hilfe geleistet hat, musste doch auch Zeit aufwenden?! Dachte sie sich also, dass sie ein Vorbild für die jüngeren Schüler ist und somit in der Pflicht ist zu helfen? Sie wurde am Ende des Schuljahres sogar von unserem Schuldirektor geehrt, geehrt für ihren Mut, für ihren großartigen Einsatz und dafür, dass sie nicht nur zugeschaut hat, sondern zur Tat schritt und half.
Das Schlimmste wäre aber gewesen, wenn dieser Unfall in das Internet gestellt werden würde, was zum Glück nicht der Fall war.
Filmen und veröffentlichen? Ist das nicht heutzutage
Standart in dieser sensationsgeilen Gesellschaft? Nein,
glücklicherweise noch nicht, wie das Beispiel aus der Schule zeigt. Aber man muss der Realität ins Auge schauen: Die Filmer wollen das Geschehene in sozialen Netzwerken, wie Facebook und Youtube, mit
ihren Fans teilen, da sie den Unfall hautnah miterleben durften, dabei jedoch selbst keine Gefahr erlebten, nur dieses unglaubliche Gefühl, mitten im Geschehen zu sein, was sie ja dann auch sichtlich genossen. Währenddessen wird man zum Facebookstar mit über 1 Millionen Klicks, mehr als 1000 Freunden und unzähligen Follower. Ein Traum! Die Zukuft ist gerettet. Das ist doch die Gelegenheit zu zeigen, was in einem steckt!
Anerkennung, vermutlich ist das der wahre Grund von
diesen lächerlichen Beiträgen in den sozialen Medien. Der Dokumentator befriedigt sich und seine Abonennten, in Youtube beispielsweise mit einer Sensation, egal, ob echt oder gestellt. Hauptsache dabei... Je sensationeller, desto besser, desto mehr Klicks, desto mehr “Freunde”.
Dass solche Videos auch Auswirkungen auf den Verkehr
haben, ist vielen dabei nicht bewusst, zum Beispiel durch ein Unfall
im Actionformat. Geziehlt setzen viele Länder mit Hilfe der Polizei
solche als Abschreckung ein. Das Ziel dabei ist, die Zuschauer in die
“Täterperspektive zu setzten” und “das ganze Leid fühlbar”
zu machen. Ob die gewünschten Effekte dann tatsächlich bei allen
erreicht werden, lasse ich mal dahin gestellt.
Durch das Motto “ein Bild sagt mehr als 1000 Worte”
wird eher verhindert, dass alle aufgenommenen Unfälle in das Internet gestellt werden. Schockwerbung in der Verkehrserziehung nennt sich das Mittel zur Wahl. Die Frage ist nur, wie sich die Geschädigten dabei fühlen...
Naja, eigentlich ist es ja auch eine Sache der Politik,
oder? Sie müssen den Rahmen vorgeben und zeigen, wie wir zu leben haben. Politiker sind also Vorbilder? In dem Fall schon, denke ich! Werteerziehung ist heutzutage wichtiger denn je! Die Politik spielt
dabei einer der wichtigsten Rolle, neben unseren Eltern.
Normen und Werte... Werden diese ein ganzes Leben lang eingehalten und man kommt somit nach dem Tod in den Himmel? Das ist doch viel zu langweilig! Risiko und Sensationslust bestimmen heutzutage den Alltag. “Im Zweifel für den Angeklagten!”, das denken die Gaffer doch?! Das Gericht ist oft nicht Herr der Lage und die Opfer haben das Nachsehen. Man kann eine Absicht, dass sie für den Tod der Opfer wegen unterlassener Hilfeleitung verantwortlich gewesen sein sollen, nicht nachweisen. Fast immer bleiben die Gesichter des Täters und des Opfers unbekannt. Zwar gibt es Strafen für unterlassene Hilfeleistung, es geht von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe, aber das ist für die Filmer zu vernachlässigen, da einem aufgrund von mangelnden Beweisen nichts nachgewiesen werden kann. Hauptsache die Sensationslust der Fans wird befriedigt.
Ist es dann überhaupt möglich, die Unfallopfer vor
“Gaffern” dauerhaft zu schützen? Hört diese Sensationslust irgendwann mal auf? Ich denke nein! Die Welt ist voll von Sensationsbesessenen, untätigen neugierigen Menschen und unfähigen Politikern. Eventuell kann man die tatlosen Beobachter in die Schranken weisen, in dem sie selbst in die Lage eines Unfallopfers kommen. Sie sollten selbst bestaunt werden und hilflos auf die Rettungskräfte warten. Vielleicht sehen sie dann ein, dass so eine Opferrolle, beglotzt und liegen gelassen zu werden, möglicherweise bis zum bitteren Tod, nicht immer so witzig ist, wie es im Internet oft dargestellt wird.