Ich rief die Telefonseelsorge an, da ich mir erhoffte, im Verbalisieren dessen, was ich durchlebte, für mich Struktur finden zu können. Dies war zunächst der Fall. Allerdings erfuhr ich, dass, nachdem ich das, was ich teilen wollte, dargelegt hatte, anstatt eines Gesprächs eine Analyse (um die ich nicht gebeten hatte) meiner Situation durch die Seelsorgerin und fand mich, plötzlich, rückblickend in einer Situation wieder, in der ich mein Verhalten begann, zu rechtfertigen bzw. zu erklären, da ich ihre Analysen für mich als teils oder nicht stimmig empfand. Als ich einer ihrer Annahmen widersprach, meinte sie z.B.: "Ich weiß nicht." Am Ende es Telefonats erwähnt sie, dass sie meine Wiederstreiterin habe sein und mich zum Nachdenken bringen wollen, daher plumpe Aussagen in den Raum geworfen habe. Mich jedoch verwirrten ihre Aussagen jedoch und ich hatte den Eindruck, einen Menschen vor mir zu haben, die - aufgrund einer Situation, die ich schilderte - meinte, zu wissen, wer ich sei und mir sowohl ihre Analysen als auch Ratschläge gab. Um all dies hatte ich nicht gebeten bzw. empfand die Art der Gesprächsführung als übergriffig. SeelsorgerInnen sollten sich bewusst sein, dass sie am Telefon einen Ausschnitt aus dem Leben eines Menschen sowie dessen Mitmenschen sehen und dass es ihnen nicht zusteht über diese - sei es im Positiven oder Negativen - zu urteilen oder allgemeine (teils tiefgreifende Analysen oder Ratschläge einzuwerfen), sondern versuchen, die Komplexität der Situation zu verstehen und dem oder der Anrufenden ermöglichen, für sich selbst zu einer Antwort zu gelangen oder - zumindest - dann, wenn diese oder dieser widerspricht, nicht weiterhin versuchen, diesem oder dieser die eigene Sicht aufdrängen zu wollen bzw. sich über die Wahrnehmung des oder der Anrufenden zu stellen.
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