Hey, it's me.
Du musst definitiv keine Angst davor haben, nicht ernst genommen werden, denn das ist bestimmt nicht der Fall.
Die Ärzte und PflegerInnen nehmen deine Probleme dort wohl eher 'zu' ernst, falls das überhaupt möglich ist.
Weißt du? Auch ich hatte riesige Angst vor meinen Mitpatienten. Es war richtig schlimm, doch das hat sich schnell gelegt. Die meisten dort verstehen dich, sie wissen wie du dich fühlen musst.
Als ich auf die geschlossene Kinder- und Jugendstation kam, erkundigten sich einige liebe Patienten sofort nach meinem Befinden und nach dem Grund für die Einweisung. Sie haben auch akzeptiert, wenn ich mal nicht dazu in der Lage war mit ihnen über das zu sprechen, was mich beschäftig.
Mit meiner späteren Zimmerkollegin habe ich mich prächtig verstanden. Wir schwammen tatsächlich auf einer Wellenlänge und konnten uns unbeschwert austauschen. Freundschaften entwickeln sich in der Psychiatrie erstaunlich schnell und meist ganz zufällig. Es ist wunderbar.
Im Bezug auf den nächsten Punkt- die Selbstverletzung- habe ich keine guten Nachrichten.
Das ist zwar in jeder Psychiatrie anders, aber in fast jeder darf man keine frischen, offenen Wunden zeigen und in manchen auch keine Narben. Besonders im Sommer ist das die reinste Qual und das kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Doch das gilt nur für die Bereiche, in denen sich viele PflegerInnen und Patienten gemeinsam, also zum selben Zeitpunkt, aufhalten. In deinem Zimmer darfst du auch kurze Shirts tragen.
Obwohl ich mir damals ein Zimmer mit mehreren verschiedenen Zimmerkolleginnen teilte, war es für keine ein Problem, dass ich genau wie sie meine Narben und Wunden offen zeigte. Es triggerte kaum.
Vor den Medikamenten hatte ich anfangs auch panische Angst, aber diese stellte sich als völlig unberechtigt heraus. Ich war seit meiner frühesten Kindheit unfähig gewesen Tabletten oder Kapseln zu schlucken und genau das bereitete mir auch in der Klinik Sorgen.
Also sprang ich über meinen eigenen Schatten und sprach dieses Problem an. Manche Medikamente gibt es in der Form von Tropfen/flüssig und mein Antidepressiva wurde zerkleinert, damit ich es einfach mit einem Schluck Wasser hinunterschlucken konnte.
Auch vor möglichen Nebenwirkungen musst du keine Angst haben, denn du wirst unzählige ausgebildete Fachkräfte um dich herum haben. Sollte ein Medikament nicht gut bei dir anschlagen, kann unverzüglich eine Umstellung vorgenommen werden.
Dort werden dir keine Medikamente verschrieben die abhängig machen. Darauf wird meist spezifisch geachtet. Keine Sorge.
Ich hatte zwar wenige Gruppentherapien während meines Klinikaufenthaltes, doch diese waren äußerst lehrreich und angenehm. Niemand wird dich auslachen oder ähnliches. Darauf achten die Therapeuten natürlich und die meisten Patienten würden nie auf so eine Idee kommen. Das kannst du mir glauben.
Zwang.
Ja, in der Psychiatrie muss in gewissen Situationen mit Zwang gearbeitet werden, aber dann nur zum Schutz des jeweiligen Patienten.
Du sollst dir nicht schaden oder Dinge tun, die ernsthafte Schäden oder gar den Tod zur Folge haben können. Das heißt du musst essen, wenn auch anfangs kleinere Portionen, die auf dich und dein Gewicht abgestimmt sind.
Hab keine Angst.
Love Juliette