Leider findet man nie das Optimum, sondern immer eine/n Reitlehrer/in, die durch persönliche Erfahrungen manchmal auch sehr eigene Anleitungen geben. Bei den Erklärungen hapert es meistens...
Es ist richtig, daß beim Westernreiten die Gewichts- und Schenkelhilfen deutlich überwiegen (sollen). Das Westernreiten ist Gebrauchsreiterei. Das bedeutet, daß auf und mit dem Pferd gearbeitet wird. Dafür müssen ( z.B. beim Einfangen von Rindern) eben auch die Hände frei sein und das Pferd nur durch Gewicht und Schenkel führbar sein.
Eigentlich soll die Hilfengebung ("lenkung") auch beim Englischreiten vornehmlich aus Gewichts- und Schenkelhilfe bestehen. Diese Ausbildung fällt beim Englischreiten deutlich schwerer, da die Zügel eh immer auf Kontakt zum Pferdemaul stehen. Da kann dann leider mit den Zügeln repariert werden, was der Hintern falsch macht - und kaum einer sieht es...
Das "Tor aufmachen" ist übrigens nur die halbe Wahrheit. Richtigerweise muss es heißen: "die eine Tür aufmachen und die andere schließen" (das hast du auf die Antwort von Dahika schon sehr richtig bemerkt). Das "die andere schließen" ist die Vorbereitung auf das Neck-reining (die Pferdeführung ausschließlich über das Anlegen des Zügels an den Pferdehals) und entspricht andererseits der Forderung, daß mit dem äußeren Zügel das Pferd durch die Kurve geführt wird.
Das Verlangsamen des Pferdes wird leider sehr unterschiedlich ausgeführt. In der Englischen Variante möchte man sehen, daß das Pferd versammelt anhält. Dafür muss man, einfach ausgedrückt, "vorne bremsen und hinteb Gas geben". Das kann sich die reine Westernreiterei nicht erlauben. Hier muss man dem Pferd auch ohne Zügelhilfe sagen "Stopp" und das passiert im Idealfall durch den SItz gegen die Bewegung, bzw. mit nach hinten gerichteter Hilfe und muss, aufgrund der Anforderungen der Gebrauchsreiterei, zum sofortigen Anhalten führen. Insbesondere wird man bei den Amerikanern, die noch Pferde für die Gebrauchsreiterei ausbilden finden, daß hier zum Stopp die Beine auch deutlich nach vorne genommen werden, da die Pferde das deutlich leichter verstehen. Das ist bei uns oft verpönt (obwohl die Pferde das meist besser verstehen). Die unterschiedlichen Varianten ergeben sich durch den unterschiedlichen Einfluss der Englischreiterei.
Buchempfehlungen möchte ich hier nicht geben, ebensowenig wie irgendwelche Videos, sondern die Empfehlung bei einer Reitschule zu lernen, dann die Reitschule wechseln und ggf. auch neue Techniken lernen - nur so kann man die unterschiedlichen Ausprägungen der Reitweisen erkennen und lernen. Damit kann man dann auch Pferde reiten, die anders ausgebildet sind.
Bedenke übrigens, daß die EWU (Erste Western Union), welche ja der FN angegliedert ist ursprünglich von Englischreitern gegründet wurde und deren Einfluss bis heute erkennbar ist. Einige der "falschen englischen Hilfen" sind bis heute auch beim Westernreiten zu sehen.
Optimal ist es übrigens sowohl Englisch als auch Western zu lernen (habe ich auch gemacht und kann dadurch sehr viel schneller definieren was woher kommt)
P.S: Daß Du dir darüber so intensive und genaue Gedanken machst, zeichnet dich aus - bleib´ dabei ! Nur so kannst Du dich verbessern. Und nie sagen:" Das habe ich so gelernt, daß muss so richtig sein" - sei immer offen für neues.
Noch eine kleine Anekdote:
Nachdem ich bereits 15 Jahre Western geritten bin, habe ich nach einer Englisch-Reitschule gesucht und bei genau 10 Reitschulen eine "Schnupperstunde" gebucht, mit der Ansage, daß ich nur wisse, das das Pferd 4 Beine hat, die alle bis auf den Boden gehen, ich aber nicht weiß, welches Ohr nun der Gasgriff sei. Das Ergebnis war niederschmetternd. Bis ich eine Reitschule fand, die korrekte Handlungen und Anweisungen von sich gab, hat es noch eine Weile gedauert. Dort konnte ich dann auch die englische Reitweise lernen. Das ich dann doch wieder zur Westernreiterei gewechselt habe liegt einfach an der Einstellung.
LG Calimero