Vom "frömmelnden Pietismus" habe ich nie gesprochen. Eine religiöse Einstellung kann liberal sein, heuchlerisch oder fanatisch, aber was ist "frömmelnd"?

Viele Menschen im Schwabenland, vor allem im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Württemberg in der Gegend um Stuttgart, mussten sparsam leben. Dort erbten alle Kinder, so dass die Grundstücke bis in kleinste Teile zersplittert wurden. Dieses Thema griff der Pietismus auf und bot eine religiöse Deutung: Was einem, von Gott anvertraut ist, mit dem soll man verantwortungsvoll umgehen.

Allerdings handelt es sich bei der schwäbischen Sparsamkeit auch um ein Klischee, so bei den Beispielen mit der Tomatensuppe und dem roten Teller, das ist Kabarett. Wenn etwas qualitativ hochwertig war, konnten auch die Schwaben viel Geld dafür ausgeben. Wenn beispielsweise ein sparsamer Schwabe in den 1960-er oder 1970-er Jahren einen teuren Mercedes kaufte, dann mit der Begründung "Der hebt (=hält) ewig, des isch Qualität!". Ob die Sparsamkeit heute noch so ausgeprägt ist, müsste man untersuchen, die Zeiten haben sich auch im "Schwabenland" gewandelt. Wenn man aber an die gigantische Lebensmittelverschwendung und den sorglosen Umgang mit Lebensmitteln denkt (etwa, was in den Wirtschaften und Restaurants an Essen zurückgeht!), dann erscheint die schwäbische "Sünde" des Wegwerfens von guten Lebensmitteln wieder gar nicht mehr so aus der Zeit gefallen.

Dr. Eberhard Fritz, Altshausen

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