Welche Berufe sollen Lehrer denn noch nebenbei übernehmen?

Ein Blick in den heutigen Schulalltag zeigt: Lehrer sein genügt längst nicht mehr. Wer heute unterrichtet, braucht am besten noch fünf Nebenberufe – unbezahlt, versteht sich, aber bitte mit vollem Einsatz.

Die aktuelle Liste der „nebenberuflichen Anforderungen“ an Lehrkräfte:
  1. Erzieher – für alle Kinder, die zu Hause keine Grenzen gelernt haben
  2. Sozialarbeiter – für alle Schüler, die mit Gewalt, Vernachlässigung oder Dauerabwesenheit der Eltern aufwachsen
  3. Therapeut – für alle seelischen Notlagen, die zwischen Frühstück und fünfter Stunde aufbrechen
  4. Dolmetscher – wenn Kinder und Eltern weder Deutsch sprechen noch verstehen
  5. Familienberater – wenn die Mutter Hilfe braucht und der Vater unauffindbar ist
  6. Verfahrenslotse – zur Erklärung von Anträgen, Gutachten und Hilfeplänen
  7. Mediationsstelle – zur Konfliktlösung zwischen allen denkbaren Fronten
  8. Krisenmanager – bei Suizidandrohungen, Aggressionsausbrüchen oder totalem Unterrichtsausfall
  9. Digitalberater – weil natürlich jeder Lehrer auch IT-Fachmann sein muss
  10. Gesundheitsaufpasser – für Maskenpflicht, Händewaschen, Impftermine und psychische Stabilität nach Pandemiejahren

Und das alles selbstverständlich unter dem Etikett „Schule als Lebensraum“.

Dabei wäre es schon hilfreich, wenn sie wieder ein Bildungsraum wäre.

...zur Antwort
Antwort an eine Lehrerin zur Frage nach Vielfalt, Inklusion und Disziplin im Klassenzimmer

Vielfalt in der Klasse bedeutet nicht, dass jeder machen kann, was er will. Inklusion heißt nicht, dass alle Regeln verhandelbar sind. Und pädagogische Verantwortung bedeutet nicht, dass der Lehrer am Ende die Arbeit aller anderen mit übernehmen muss. Es ist wichtig, sich genau hier auf das zu besinnen, was der Lehrerberuf ist und was er nicht ist.

Als Lehrkraft sind Sie für die Bildung Ihrer Schülerinnen und Schüler verantwortlich, nicht für die therapeutische Aufarbeitung ihrer seelischen Probleme oder die sozialpädagogische Kompensation familiärer Versäumnisse. Sie sind kein Ersatzerzieher, kein Integrationslotse, kein Familiencoach. Sie unterrichten und das ist Aufgabe genug.

Wenn ein Kind sich im Unterricht nicht benehmen kann, ist das keine pädagogische Herausforderung, sondern ein klares Zeichen dafür, dass im Elternhaus etwas nicht funktioniert. Dann sind nicht Sie in der Pflicht, sondern die Erziehungsberechtigten. In solchen Fällen gilt: Einladen zum Gespräch, klare Ansage machen und unmissverständlich deutlich machen, dass nicht Sie als Lehrerin die Fehlentwicklungen zu tragen haben, sondern die Eltern zur Verantwortung gezogen werden.

Und wenn sich keine Besserung zeigt? Dann muss auch das offen ausgesprochen werden: Wer sich nicht an die Regeln des schulischen Miteinanders halten will oder kann, muss gehen. Dann können die Eltern ihr Kind gern zu Hause unterrichten und werden sehr schnell feststellen, welche Arbeit sie bislang der Schule überlassen haben. Sie werden überrascht sein, wie schnell sich das Verhalten ändert, wenn der Lehrer nicht nur redet, sondern handelt.

Die Grenzen des Lehrerberufs sind dort erreicht, wo andere Institutionen versagt haben. Und genau da beginnt der Schaden, wenn Lehrer versuchen, es trotzdem aufzufangen.

Setzen Sie klare Regeln. Bleiben Sie konsequent. Holen Sie die Eltern ins Boot. Und machen Sie unmissverständlich deutlich:

Wer Bildung will, muss sich benehmen. Wer sich nicht benehmen kann, darf zu Hause bleiben.

...zur Antwort
Wenn Schule zur Ersatztherapie wird – ein notwendiges Wort aus Sicht eines Vaters

Es muss einmal ganz klar gesagt werden: Ich schicke mein Kind zur Schule, damit es dort etwas lernt. Ich erwarte Bildung, keine seelische Betreuung. Sollte ein Lehrer sich anmaßen, mit meinem Kind Gespräche über seelische Probleme zu führen, als wäre er ein Psychologe oder ein Therapeut, dann würde das unweigerlich zu ernsten Konsequenzen führen und zwar nicht im pädagogischen, sondern im rechtlichen Sinne.

Ein Lehrer ist nicht dazu ausgebildet, seelische Störungen zu erkennen oder gar zu behandeln. Er ist kein Therapeut, kein Familienhelfer, kein Seelsorger. Wenn er trotzdem in diese Rolle schlüpft, überschreitet er seine beruflichen Grenzen und begibt sich in einen Bereich, in dem er nicht nur keine Qualifikation besitzt, sondern unter Umständen das Kind sogar gefährdet. Denn eine falsche Deutung, eine unzulässige Einmischung oder eine missverstandene Hilfeleistung können bei einem seelisch belasteten Kind weitreichende Folgen haben.

Wer glaubt, man könne seelische Belastungen von Kindern im Klassenzimmer zwischen Aufsatz und Geometrie auffangen, betreibt eine gefährliche Illusion. Eine seelische Krise gehört in eine Praxis, in ein Fachgespräch, in eine therapeutische Einrichtung, aber ganz sicher nicht in den Unterricht.

Die Aufgabe eines Lehrers ist die Bildung. Und diese Aufgabe ist wichtig genug. Wenn Lehrer nun stillschweigend zu Ersatztherapeuten umgedeutet werden, verlieren sie nicht nur ihre fachliche Klarheit, sondern auch das Vertrauen der Eltern.

Ich will, dass mein Kind in der Schule Lesen, Schreiben, Rechnen und Denken lernt. Nicht, dass es dort zwischen Stundenplan und Tafelbild emotional betreut oder seelisch aufbereitet wird. Sollte mein Kind seelische Hilfe brauchen, dann bringe ich es zu jemandem, der dafür ausgebildet ist. Aber garantiert nicht zur Schule.

...zur Antwort