Veurteilung von Sexualstraftätern – eure Meinung?

Anlass dieser Frage ist ein neuliches Gespräch mit einer Bekannten, die Anwältin mit Spezialisierung im Sexualstrafrecht ist. Sie meinte, dass eine Frau heutzutage, wenn sie sich an ihrem Expartner rächen möchte, nur ihm vorwerfen müsste, er hätte sie vergewaltigt oder in einer anderem Form unsittlich angegangen.

Schließlich sei es in vielen Fällen schwer, einem potentiellen Täter die Tat wirklich nachzuweisen, etwa wenn physische Beweise fehlen oder der vermeintliche Täter angibt, der Verkehr sei einvernehmlich zustande gekommen.

In diesen Fällen komme es dann zu Streitverhandlungen, die inzwischen häufig zum Nachteil des Angeklagten ausgehen. Die Anwältin nannte als Grund hierfür irgendeine Novelle des Sexualsstrafrecht (ich glaube von 2016, weiß ich aber nicht mehr genau) und den sich eben ändernden Zeitgeist, der aktuell sehr sensibel auf solche Themen reagiert.

Gewissermaßen kann ich natürlich nachvollziehen, dass man nicht möchte, dass sich Täter aufgrund des Tatsache, dass solche Taten oft schwer vor Gericht nachzuweisen sind (bzw. man sich einfach herausreden kann) sicher fühlen und die Auklärungsquote bei sexuellen Übergriffe verhältnismäßig gering ist. Denn nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (im Zweifel für dem Angeklagten) braucht es eben handfeste Beweise für eine Verurteilung, vor allem, wenn die Strafandrohung so hoch ist wie bei vielen Sexualstraftaten. Und diese gibt es ja wie gesagt bei den wenigsten sexuellen Übergriffen, erst recht abseits der typischen Vergewatigung, bei der zumindest oft (wenn auch nicht immer) Gewalt mit im Spiel ist. (Auch hier könnte ein Täter dann z.B. angeben, dass die Verletzungen im Rahmen eines Rollenspieles zustande gekommen sind.)

Auf der anderen Seite ist die Sorge, die (angebliche) Opferpartei habe sich die Vorwürfe nur aus den Fingern gesogen auch nicht völlig aus der Luft gegriffen; man denke jetzt an Fälle wie die des Brian Banks (2002), Thomas Kennedy (1984), Steven Avery (1985) und Horst Arnold (Deutschland, 2002). Oft konnte deren Unschuld erst nach später technisch möglichen DNA-Tests oder direkte Geständnisse der "Opfer" (z.T. erst viele Jahre nach der Verurteilung, wenn ihre Falschaussagen vor Gericht verjährt sind) festgestellt werden.

Daher nun die Frage an euch: Wie denkt ihr darüber? Ist es eurer Meinung nach in diesem Bereich gerechtfertigt, öfter der Opferpartei in Streitverhandlungen zu glauben, auch auf die Gefahr hin, über die Jahre viele Fehlurteile zu fällen, die für den fälschlicherweise Verurteilten nicht nur langjährige Haftstrafen, sondern auch gesellschaftliche Stigmatisierung bedeuten?

Oder wäre es eher angebracht, für eine Verurteilung auf handfeste Beweise zu bestehen, auch um den Preis, viele tatsächliche Straftäter laufen lassen zu müssen?

MfG,

AXK

Männer, Frauen, Gesetz, Gewalt, Kriminalität, Rechtslage
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