Fühlt sich noch jemand als Jude in Deutschland völlig fehl am Platz?
Ich frage mich oft, ob ich irgendwas falsch mache. Meine Familie lebt seit Generationen in Deutschland. Während der Shoah hat ein Teil der Familie Papiere gefälscht, ein nicht-jüdischer Freund hat sie versteckt und bis heute sind wir mit dieser Familie befreundet. Aber manchmal frage ich mich: Warum sind wir geblieben? Warum fühle ich mich immer, als müsste ich mich verstecken?
Ich bin nicht religiös... Meine Familie ist säkular, wir feiern Hanukkah und Yom Kippur, aber das war nie wirklich ein großes Ding. Jüdisch sein war nie ein großes Ding, eher sowas nebensächliches.
Aber letzter Zeit...
Irgendwie fühle ich mit Israel verbunden. Besonders seit dem 7. Oktober hatte ich so etwas wie einen moralischen Drang, mich mit allem auseinanderzusetzen. Und ich denke es hat damit zu tun, dass icj jüdisch bin. Denn was passiert ist, war schrecklich. Die Hamas? Die hasst ganz eindeutig Juden. Sie wollen uns töten, das steht ja sogar in ihrer eigenen Charta.
Doch gibt es hier Leute, die nur „gute Juden“ mögen, also halt anti-zionistische Juden. Aber ich verstehe das nicht. Warum sollte ich nicht zu Israel stehen? Zionismus bedeutet doch einfach, dass das jüdische Volk das Recht auf ein eigenes Land hat, dort, wo es herkam. Warum werfen sie dann immer Begriffe wie „Genozid“ in den Raum? Und ehrlich gesagt: Wenn Israel wirklich einen Genozid machen würde, warum sind sie dann so schlecht darin und liefern den Palästinensern trotzdem noch Lebensmittel, Gas und Elektrizität? Aber naja, ich schweife ab...
Vor ein paar Wochen habe ich einen Davidstern mit „Am Yisrael Chai“ an eine Wand gemalt, unter „From the river to the sea“-Graffiti. Hab mir nichts Großes dabei gedacht, vielleicht nur so ein kleines „Yo, wir sind auch noch hier.“ Ich war schon immer für die Zwei-Staaten-Lösung... Zwei Tage später war ein Hakenkreuz in den Stern gekritzelt. Daneben stand: „Zionist*nnen sind Faschist*nnen. Schlagt sie!“ (Der Genderstern war so ironisch) Und das Hakenkreuz hat mich so aufgeregt. Wie können sie das tatsächlich vergleichen? Mir kocht die Wut immer noch hoch.
Ich wurde auch mal geschlagen, direkt auf die Nase. Einfach nur, weil ich etwas zu diesen Pro-Palästina-Leuten an meiner Uni gesagt habe. Ich hab’s damals nicht gemeldet, aber ich bereue es. Ich hätte es melden sollen. Doch ich frage mich: Hätten sie mich dann fertiggemacht dafür? Sowas wie: „War ja klar, ihr Juden mit eurem Opferkomplex.“ Das höre ich zurzeit einfach viel zu oft...
Jetzt gibt es bald an einer anderen Uni eine Diskussion zum Nahostkonflikt: „Welche Zukunft sehen wir?“ Ich überlege, hinzugehen, aber meine Eltern sagen, ich soll es lassen. Sie haben Angst, dass wieder etwas passiert. Und vielleicht haben sie recht. Aber ich bin so genervt davon, immer nur leise zu sein. Das haben meine Urgroßeltern schon gemacht. Warum soll ich so tun, als wäre ich nicht das, was ich bin?
Sorry für diesen langen Text, aber ich würde echt gerne wissen, ob nur ich so fühle.
Und bitte antworte einfach nicht, wenn du pro Palästina bist. Nichts gegen dich, ehrlich, aber ich will es nicht hören.