Sprachen sind im Wandel und auch der Duden kann immer nur eine Schnappschuss des heute verbreiteten Sprachgebrauchs sein.

Das Adjektiv zum Aberglaube wird heute tendenziell mit -isch zu abergläubisch gebildet. Vermutlich forciert durch das Bestreben eine Differentierung zwischen dem Glaube und gläubig (welches gemeinhin positivistisch untermauert werden soll) und dem negativistischen Aberglaube (also falscher Glaube) und seinem Adjektiv "abergläubisch". Vermutlich wird hier die Verhohnepipelung zur Bestärkung dieser Unterscheidung genutzt. "Abergläubig" ist demnach die alte und aussterbende Form.

Ähnliche Worte mit neuzeitlicher Bestärkung der isch-Form sind etwa "aufständisch" (veraltet: „aufständig“) und "gespenstisch" (veraltet: „gespenstig“), sowie die Auseinanderentwicklung der Bedeutungen von "launig" (humorvoll, witzig, gut gelaunt) vs. "launisch" (in der Laune unberechenbar, oft mürrisch), "rassig" (temperamentvoll, feurig) vs. "rassisch" (auf eine Rasse bezogen, eine Rasse betreffend), "ständig" (immer (wieder), andauernd) vs. "ständisch" (auf einen (Berufs-)Stand bezogen). Wie etwa auch "mittelständisch" in der Bedeutung „den Mittelstand betreffend“ und „mittelständig“ als botanischen Begriff.

Schmerzlicher, als die Verwendung von "abergläubig" oder "avergläubisch" empfinde ich hingegen den immer verbreiteteren Einsatz von "händisch" (anstelle des üblichen "manuell" oder "von Hand"). Wenn ich soetwas augisch wahrnehme, weil es mundisch jemand in meine Richtung absonderte, möchte ich meist gerne füßisch das Weite suchen.

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