Abgesehen davon, dass diese Spekulationen "was wäre wenn" zur Menschheitsgeschichte eben immer Spekulationen bleiben, können diese auch äußerst vielfältig sein. Niemand kann sagen, was gekommen wäre, vieles hängt auch vom Zufall ab. Unterstellen wir aber einmal, das Weströmische Reich hätte die Völkerwanderung und den drohenden Zerfall zur Mitte des 5. Jahrhunderts n.Chr. überstanden (das Oströmische existierte ja noch bis Mitte des 15. Jh.) und dies wäre mit einer zurückgewonnenen Stabilität im inneren politischen System, als auch an den äußeren Grenzen des Reiches einhergegangen...Dann kann man davon ausgehen, dass die Aufteilung in Westrom und Ostrom auf administrativer Ebene beibehalten worden wäre. Diese Teilung war schon mehrfach, auch noch zu besseren Zeiten, in Planung gewesen und diente ganz einfach der besseren Kontrolle des Reiches, welches aufgrund seiner Größe kaum zentral und nur von einem Kaiser aus regiert werden konnte. In diesem Zusammenhang ist auch das kurzzeitig angewandte Prinzip der Tetrarchie (vier Kaiser) zu sehen. Vermutlich wäre das Reich weiter untergliedert worden, entweder in wetere autonome Teilreiche (z.B. Britannien/Gallien, Italien/Germanien, Spanien/Afrika und Vorderasien) oder in noch kleinere teilautonome Provinzen, ähnlich heutigen Bundesstaaten oder -ländern. Eine weitere Ausdehnung des Gesamtreiches halte ich in diesem Zusammenhang für unwahrscheinlich. Die letzte Ausdehnung beanspruchte die Stabilität schon sehr, weitere Eroberungen im wilden und schwer zu kontrollierenden Germanien oder noch weiter östlich in Asien wären da absolut kurzsichtig gewesen. Innenpolitisch wäre eine Reform des Regierungssystem dringend notwendig geworden, da das Kaisertum offensichtlich zum Niedergang beigetragen hatte. Kaiser und Gegenkaiser, Unterkaiser etc. wurden immer wieder ausgerufen und das beeifnlusste massiv die innere Stabilität des Reiches. Womit wir beim nächsten Punkt wären. Die Armee diente gegen Ende des Reiches als Legitimation der Kaiser (Soldatenkaiser). Insofern hätte bei Bestand des Reiches eine Trennung der Armee von den Kaisern bzw. bei deren Abschaffung eine weitgehende Entmachtung und Zurückstufung auf alleinige militärische Aufgaben erfolgen müssen. Wäre all dies eingetreten (und wohl noch vieles mehr im gesellschaftlichen Bereich u.a.) dann wäre es evtl. möglich gewesen das Reich zu erhalten. Denkbar wäre, dass sich das Reich irgendwann auch selbst verkleinert hätte, um besser kontrollierbar zu bleiben, so etwa mit einer Aufgabe Britanniens. Nun sind wir also im 7./8. Jahrhundert angelangt. Das Weströmische Reich hat zusammen mit dem Oströmischen Reich die Völkerwanderung, inneren sowie äußeren Zerfall überlebt. Das Gesamtreich, insbesondere aber der Westteil hätte es irgendwann mit der Islamischen Expansion zu tun gehabt, welche wie wir wissen, sich ja auch über Nordafrika und ganz Spanien, also römische Provinzen erstreckte. Gesellschaftlich wäre es sicherlich zu keiner unmittelbaren Transformation zu mittelalterlichen Gesellschaften gekommen. Sicherlich wären die EInflüsse germanischer Stämme etc. welche das Reich massiv bedrohten, spürbar gewesen, aber auf römischen, d.h. auch west- bzw. mitteleuropäischem Gebiet wäre es zu keiner Verdrängung des lateinisch-römischen Zivilisationsfortschritts gekommen. Auch die Nachbarländer, germanischer und slawische Natur, hätten sich wohl weiterentwickelt. Aufgrund des technischen, zivilisatorisch, sowie rechtlichen Fortschritts des Reiches ist es durchaus denkbar, dass Erfindungen, die in der realen Menschheitsgeschichte erst mit Beginn der Rennaissance gemacht wurden, also 1000 Jahre nach dem Ende des Römischen Reiches, wesentlich früher in gleicher oder ähnlicher Art und Weise gemacht worden wären. Die großen Krankheiten des Mittelalters, allen voran die Pest, wären evtl. auch unwahrscheinlicher gewesen, da die Hygiene in römisch kontrollierten Städten doch spürbar besser war, als in den realen mittelalterlichen Städten Europas. Nehmen wir mal an, dass Römische Reich hätte dann tatsächlich, in ähnlicher oder gleicher Ausdehnung viele Jahrhunderte weiterexistiert, so ist auch denkbar, dass es das Reich mit Nationalbewegungen zu tun bekommen hätte. Denn de facto war das Römische Reich ein Vielvölkerstaat. Denkbar also, dass sich innerhalbt des Reiches nationale Identitäten entwickelt hätten, die zum Problem für die EInheit des Reiches hätten werden können. Ziel wäre es dann gewesen, diese zu integrieren.
Um es zum Schluss noch einmal extrem unrealistisch und unwahrscheinlich werden zu lassen, würde sich das Römische Reich heute wohl ähnlich der Europäischen Union darstellen, nur eben weniger als lose Union, denn als Staat. Denkbar ist, dass sich Nachbarstaaten in Europa irgendwann freiwillig dem Reich angeschlossen hätten. Die Entdeckung Amerikas wäre dann vermutlich durch das Römische Reich erfolgt, was eine ähnliche historische Abfolge wie in der Realität zur Folge haben könnte. Amerika wird römische Kolonie...