Die Tests, die man im Internet findet, sind sogenannte screenings. D.h., damit kann man ein bisschen abklopfen, ob die Störung in die Richtung gehen könnte, zur vollständigen Selbstdiagnose sind sie jedoch, wie hier ja schon angesprochen wurde, nicht geeignet.

Wie bei so vielen psychischen Krankheiten ist auch hier der Leidensdruck wichtiger Indikator für eine weiterführende Diagnostik. Wenn du also ein Screening durchliest, es dann aber beiseite legst und einfach glücklich und zufrieden mit deinem Leben weiter machst, ist es relativ egal, ob du eine Diagnose bekommen könntest oder nicht, aufgrund des fehlenden Leidensdruckes würde sich zumindest in der Situation nämlich der Stress einer umfangreichen Diagnostik nicht lohnen und du kannst das Thema erstmal getrost vergessen.

Anders sieht es aus, wenn du massiv den Eindruck hast, dass etwas nicht mit dir stimmt. Und damit meine ich jetzt nicht "Ich hab nur normal viele Freunde, sag manchmal die falschen Sachen, komm super gut in Schule und Familie zurecht, aber manchmal streite ich mich mit meinen Eltern".

Damit meine ich, dass einem ein Störungsbild zu denken geben sollte, das nach außen gut sichtbar ist und was dir zB selbst massive Probleme auch im Freundeskreis bereitet, also nicht nur im familiären Umfeld, was ja in der Teenagerzeit wirklich die schlechtesten unserer Seiten sichtbar macht.

Bei ADHS wirst du darüber hinaus für eine wirkliche Diagnose vermutlich besser und einfacher ans Ziel kommen, wenn deine Eltern in den Diagnoseprozess einbezogen werden. Erste ADHS Symptome müssen sich nämlich eigentlich spätestens in der Präpubertät zeigen, woran man sich ja im Zweifelsfall selbst nicht mehr so gut erinnert. Auch wenn deine Eltern eventuell jetzt sagen würden "Unser Kind ist vollkommen normal", ist es gut möglich, dass das nach professioneller Erklärung möglicher früher Symptome durch einen Experten anders aussähe. Auch der eingehende Vergleich durch die Eltern von einem selbst mit den Geschwisterkindern kann da sehr hilfreich sein.

ADHS gilt nicht zuletzt als eine der schwerwiegensten ambulant behandelten Störungen. Daher ist davon auszugehen, dass man diese Diagnose nicht bekommt, wenn man nicht auch wirklich feststellbare Probleme hat. Fast niemand lebt ein glückliches, durchschnittliches und problemarmes Leben und bekommt dann überraschend ADHS diagnostiziert.

Wenn du aber die Kernsymptome Impulsivität (in deinem Alter vermutlich sichtbar zB durch ständige Impulskäufe, Reinplatzen in Gesprächen mit Freunden, unüberlegt-provokantes Verhalten gegenüber Lehrern, möglicherweise auch Gewaltausbrüchen, ewiger Suche nach dem Endorphin- und Dopamin-Kick durch ernsthaft gefährliche Aktionen wie schnelles Autofahren oder Drogeneinnahme, auffälliges Sexualverhalten mit schnell wechselnden Partnern usw.) und Unaufmerksamkeit (schnelles abgelenkt sein im Unterricht und in semiinteressanten Gesprächen, ständige Flüchtigkeitsfehler, Termine vergessen, Dinge vergessen, schlimmste Probleme beim ordentlich halten von Zimmer, Schreibtisch und Schulranzen usw) erfüllst und dann vielleicht Jackpot-mäßig noch zu Obsessionen neigst (womit ich wiederum nicht meine, dass man Mal interessehalber googelt, was ADHS ist, sondern dass man das eben googelt und dann die nächsten drei Wochen Schlafrhythmus, Schulstoff und alltägliche Pflichten vernachlässigt (ganz wortwörtlich), um ALLES darüber zu erfahren und das am besten so schnell und detailliert wie möglich, worauf man dann eine Zeit lang jeden freien Gedanken verwendet.), und dann vielleicht noch eine Diagnose nach der anderen einfährt (ganz beliebt wären hier zB Störungen aus dem Formenkreis der Angststörungen), sollte man tatsächlich zumindest Mal ein Erstgespräch anstreben.

Psychologen sind dann meistens schon geschult darin, schnell zu erkennen, ob jemand ins StörungsBild reinpasst oder ob, wenn überhaupt, ein anderes Problem den sichtbaren Schwierigkeiten zu Grund liegt und haben definitiv den objektiveren Blick auf den Patienten als der Patient selbst. Falls es dann doch keine ADHS sein sollte, kann einem der Psychologe eventuell auch mit nicht-ADHS-spezifischen Bewältigungsstrategien weiterhelfen.

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