Hallo liebe Community,
ich laufe schon seit einer Weile mit einer zwischenmenschlichen Beziehung herum, die mich bisweilen (eigentlich in 80% der Fälle die sie in Erscheinung tritt) sehr belastet. Es geht um einen Freund, den ich vor ungefähr drei Jahren kennengelernt habe. Er ist eine recht dominante, aber auch warmherzige, großzügige Person, die aber immer wieder mit starken psychischen Problemen zu kämpfen hat. Depressionen, Alkohol, (Sehn)Sucht nach Liebe, die sich einfach nicht einstellen will usw. Alles paart sich obendrein mit einem starken Wunsch nach Aufmerksamkeit. Die ersten Jahre habe ich ihm, meiner Meinung nach, viel zur Seite gestanden, obwohl es mich öfter mit runtergezogen hat. Er hat mir das auch gedankt, wir waren uns nah, richtig "geholfen" hat es allerdings keinem von uns. Es war, als würden wir zusammen auf der Stelle treten.
Vor einigen Monaten nun bin ich umgezogen, in eine andere Stadt, auch, um mich von alten Beziehungen zu lösen, was mir aber erst nach einer Weile klargeworden ist. Mir geht es besser und ich habe Menschen kennengelernt, mit denen sich Neues entwickeln konnte. Ich fühle mich freier und mehr bei mir selbst. Seither reagiere ich nahezu allergisch darauf, wenn er auf der Bildfläche erscheint, um sich auszujammern, mir etwas zu erzählen, etwas von mir möchte. Ich merke, dass ich das meiste einfach nicht mehr geben will, bin aber doch so halb anwesend, weil ich ihn ja auch irgendwie mag, wir einen Weg gegangen sind und ich ihn nicht hängenlassen will, gerade, wenn wieder so Ansagen kommen wie "Mir geht es elend, ich lass mich einweisen, letzte Woche wollte ich mich wieder umbringen."
Heute Morgen habe ich mich hingesetzt und eine Art Brief geschrieben, in dem ich ihm mitteile, dass ich die Freundschaft nicht weiter fortsetzen will, weil meine Gefühle derart ambivalent sind, dass sie für mich schwer auszuhalten sind und ich mich unwohl fühle. Habe ihm Mut für seinen weiteren Weg gewünscht und mich für die schönen Dinge bedankt, die wir gemeinsam erlebt haben. (Er hat mir auch viele tolle Geschenke gemacht.)
Nun liegt diese Post frankiert auf meinem Tisch. Die klaren Gefühle sind gewichen und ich bin verkopft und verheddert, weiß nicht mehr, was richtig ist. Ich habe Angst, etwas Wertvolles, einen wertvollen Menschen zu verlieren, jemanden im Stich zu lassen. Allerdings kann ich meine Halbherzigkeit auch nicht länger ertragen. Er ist mir wie ein Klotz am Bein. Schrecklich, so etwas zu schreiben, doch so empfinde ich.
Wie schätzt ihr die Lage ein?
Danke für jede Antwort,
Line