Die Zen-Buddhisten geben - wie die Anhänger des Parmenides - hierauf eine interessante Antwort: Alles Veränderliche ist Illusion, das Wesen des Alls ist unveränderlich. Für Parmenides war dieses Wesen eine in sich ruhende Kugel, für den Zen ist es die Shunyata, die Große Leere. Ich persönlich bevorzuge die Modale Dialektik, die jeder Allaussage eine positiv gegenteilige gegenüberstellt (also nicht die bloße Negation), die genauso wahr ist. "Alles ist veränderlich!" gilt demnach genauso wie "Alles bleibt." Da Aussagen aus menschlichen Interaktionen resultieren und auf solche bezogen sind, bleibt sozusagen die Hülle der Veränderung konstant: Die Art der Veränderlichkeit ist unveränderlich - sei es als naturwissenschaftliches oder mathematisches Gesetz oder als philosophische Aussage mit innerer Balance.
Lass dir nix erzählen: Natürlich gibt es in der Aufklärung der Dinge einen Fortschritt. Die Physik, Biologie usw. zeigen das überdeutlich. Dass die traditionelle Philosophie im Kreis herumdümpelt, liegt an ihrer Orientierung: Sie strebt nach erklärender Gewissheit und ist logikversessen. Die Modale Dialektik zeigt, dass es auch anders geht - vorwärts aufwärts. Excelsior!
Interessante Frage. 1950 hatte die traditionelle okzidentale Schulphilosophie (TOSP) eigentlich schon alles durch: Rationalismus, Empirismus, Idealismus, Materialismus… – was sollte da noch kommen? Der Existenzialismus? Laut Erich Kästner eine skurrile Kinderkrankheit. Später dann der (die?) Feminismus. Bei Wikipedia findest du zum Thema „Poststrukturalismus“ einen hochinteressanten Satz, der deine Frage wohl am besten beantwortet. Da heißt es: Für die unter diesem Sammelbegriff zusammengefassten Theoretiker lassen sich nur schwer gemeinsame Thesen formulieren. Mit anderen Worten, fragst du heute zehn Habilitierte, bekommst du elf Meinungen präsentiert – mindestens. Das muss ja nicht schlecht sein. Ich finde nur, etwas mehr Wissenschaftlichkeit könnte nicht schaden. Mich nervt die explikative Überhöhung einzelner durchaus richtiger Aspekte. Eine echte Gegenbewegung zur gesamten TOSP könnte mit dem Projekt Pansophia einsetzen (zu finden unter www.projektpansophia.eu), das eine wissenschaftliche Aufklärung dessen anstrebt, was a priori universal gültig ist. Aber die Pansophik befindet sich noch in den Kinderschuhen…
Weisheit ist die Fähigkeit des Freien, das Gleiche im Verschiedenen, das Gemeinsame im Gegensatz zu schauen – und Nöte so in Vorteile zu wandeln. - o'mura (in: "Projekt Pansophia: Vorschlag zur Neugründung der Philosophie als Wissenschaft")
Schwafeln wird unterschätzt. Die Wiege der Philosophie ist das Große Palaver: das Bequatschen aller Aspekte durch den Ältestenrat. Vor etwa fünftausend Jahren hoben sich die ersten Tiefendenker davon ab, zunächst theologisch, dann - vor etwa dreitausend Jahren - philosophisch. (Übrigens im Okzident wie im Orient!) Dabei wird eine Tendenz deutlich: weniger Spekulation, mehr Systematik. Den nächsten Schritt auf diesem Weg macht die Pansophik, die sowohl logisch als auch dialektisch voranzukommen sucht und den uralten Anspruch auf Universalität ernst nimmt. Aber da sind wir schon bei der nächsten Frage: Warum gibt es eigentlich keine wissenschaftliche Philosophie? Mehr dazu kann jeder in dem als PDF kostenlos beziehbaren Buch "Projekt Pansophia" nachlesen.
Deine Frage, lieber goodboy, ist doppelt interessant: logisch wie psychologisch. Sie impliziert die Unterstellung, dass man sich für die Wahrheit entscheiden könne. Inwiefern aber sind Tatsachen Meinungssache? Sorry, aber die Abstimmung hier ist vollkommen nichtssagend. Deine Fragestellung enthält bereits die Antwort: Gerade weil man sich zum Glauben entschließen muss, geht die Wahrscheinlichkeit für die (wunschbedingte) Virtualität Gottes gegen 100 %. Die Entscheidung selbst (Gott ja / nein) geht auch inhaltlich ins Leere: Buddha war Atheist und doch wiederum keiner. Er verortete das Göttliche im Menschen wie in jeder Sache. Wann immer er zu theologischen Spekulationen (wie der deinen) befragt wurde, schwieg er beharrlich. Interessant, nicht wahr?