Wohin flohen die Leute aus Ostpreussen, die vor der Roten Armee flüchteten?>
Die meisten nach Westen, weil die Rote Armee von Osten anrückte. Nach meiner Kenntnis am ehesten schon aufgrund der geographischen Nähe ins westlich gelegene Norddeutschland, also in das heutige Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Viele ostpreußische Fischer flüchteten mit ihren eigenen Booten über die Ostsee an die westliche Ostseeküste, z. B. nach Möltenort. Dort stellten sie dann einen Großteil der Bevölkerung. Die systematische Evakuierung über die Ostsee mit großen Schiffen führte aber viele Deutsche auch in Lager nach Dänemark, von wo sie erst nach etlichen Jahren zurück nach Deutschland kommen konnten.
Manche, vor allem die so genannten "Wolfskinder", flohen von Ostpreußen auch nach Litauen, also nach Osten. Das waren hauptsächlich Kinder, die ihre Eltern verloren hatten (zufällig auf der Flucht getrennt oder Mutter oder Vater gestorben). Die Kinder, die die Flucht überlebten (viele ertranken in der Memel), wuchsen später unter anderem Namen in Litauen bei Familien auf, die sich ihrer annahmen.
Blieben die dann an diesem Ort oder gingen sie später wieder zurück?>
Zunächst war nach dem Ende des 2. Weltkriegs nicht klar, dass soviel Land in Zukunft nicht mehr zu Deutschland gehörte sollte. Das konnte sich keiner vorstellen. Deswegen haben viele Flüchtlinge nach dem 8. Mai 1945 versucht, in ihre Heimat zurückzukehren. Sie wurden in der Regel aber an der Oder von den Besatzungsmächten gar nicht weitergelassen, sondern wieder nach Westen zurückgeschickt. Manche schafften es aber und kehrten in ihre Dörfer und Städte zurück. Im polnisch besetzten Teil durften sie bleiben, wenn sie sich zu Polen bekannten und offiziell Polen wurden. Bis zur Wende 1989 und auch danach reisten viele Deutsche jedoch aus Polen dann doch in den Westen aus, sodass heute nicht mehr so viele Deutsche im heute polnischen Teil Ostpreußens leben.
Ins nördliche, sowjetisch besetzte Ostpreußen konnte man als Deutscher nach dem 8. Mai 1945 nicht mehr zurückkehren, da dies von den russischen Behörden nicht erlaubt wurde. Vielmehr wurde die dort verbliebende deutsche Bevölkerung, die nicht geflüchtet war, bis etwa 1948 ausgewiesen oder - man muss es leider sagen - gequält, ermordet oder durch Verhungern zu Tode gebracht. Heute nennt man das "ethnische Säuberung".
An der Stelle, wo die Ostpreußen nach der Flucht im Westen (spätere DDR oder BRD) angekommen waren, blieben sie meistens nicht, sondern mussten oft umziehen, bis sie schließlich wieder seßhaft werden konnten. Es herrschte nach dem 2. Weltkrieg ja überall in Deutschland ein ziemliches Durcheinander, viele Häuser und Wohnungen waren auch im Westen zerstört und es dauerte bis in die 1960er Jahre, bis alle Flüchtlingslager aufgelöst waren und alle Menschen wieder in normalen Wohnungen wohnten oder sich Häuser bauen konnten. Meine ostpreußischen Großeltern kamen zum Beispiel 1945 in der Nähe von Hamburg an, blieben dort, und mein Vater zog dann in den 1950er Jahren nach Hessen, wo er Arbeit fand.
also war dieses Gebiet damals deutsch? >
Deutschland ist nach dem 2. Weltkrieg um ein Viertel kleiner geworden: Ostpreußen wurde aufgeteilt und kam zu Polen und der Sowjetunion. Nach dem Zerfall der Sowjetunion (1992) gehören diese ehemals ostpreußischen Gebiete außer zu Polen heute zu Russland und Litauen.
Hinterpommern, Ostbrandenburg und Schlesien kamen nach 1945 vollständig zu Polen.
Ostpreußen war seit dem 13. Jahrhundert eine deutsche Provinz. Deutschland in Sinne von vereinigten deutschen Provinzen gibt es erst seit 1871 ("Deutsches Reich"). Vorher gab es verschiedene deutsche Länder, zu denen auch Ostpreußen gehörte.
Deshalb haben sie auch die Menschen unterwegs gequält weil sie deutsche wahren?>
Wahrscheinlich meinst du, die Menschen auf der Flucht wurden gequält? Wenn sie unter die Kriegshandlungen kamen, sicher. Viele wurden vergewaltigt, getötet. Es war eine Folge der Schandtaten, die die deutsche Armee bei der Besetzung der Sowjetunion verübt hat. Es gibt so ein Sprichwort, "Wer Wind säht, wird Sturm ernten", und das passt auf diesen ganzen Wahnsinn des Nationalsozialismus meines Erachtens sehr gut.