Die historischen Hintergründe der Faustfigur sind folgende: Johann Georg Faust, auch Jörg Faust oder Johannes Faust, wurde um 1480 in Knittlingen, 20 Kilometer nördlich von Pforzheim, geboren. Er gilt als die historische Figur, die Goethe als Vorlage für seinen Faust benutzt hat. Über seine ersten 25 Lebensjahre gibt es kein gesichertes Wissen. Erst für das Jahr 1506 ist ein Aufenthalt des wandernden Alchimisten und Astrologen belegt: Der Abt Johannes Trithemius aus der Benediktinerabtei Sponheim, ein vielseitiger Gelehrter, berichtet in einem Brief, Faust sei aus einer Herberge, in der Nähe von Gelnhausen, abgereist. Angeblich hatte er sich dort mit seinem überragenden Wissen gerühmt. 1520 kam Faust als „Doktor und Philosoph“ nach Bamberg und erstellte für Fürstbischof Georg III. Schenk von Limpurg ein Horo-skop. Für 1528 ist ein Aufenthalt Fausts im Kloster Rebdorf bei Eich-stätt, in der Nähe von Ingolstadt, überliefert. Ingolstadt wies den Sterndeuter noch im selben Jahr wegen seiner Wahrsagerei aus. 1532 musste er Nürnberg verlassen, 1536 lebte er in Korbach. Wahrscheinlich starb Georg Faust um 1540. Es heißt, er sei bei dem alchimistischen Versuch Gold herzustellen im „Hotel zum Löwen“ in Staufen im Breisgau durch eine Explosion umgekommen. Seine letzten Stunden mochte Doktor Faust allerdings nicht alleine verbringen. Nachdem er mit befreundeten Studenten ausgiebig ge-frühstückt hatte und spazieren war, lud er sie für den Abend in das „Hotel zum Löwen“ ein. Er habe ihnen dort eine wichtige Mitteilung zu machen. Und so beichtete Faust den Studenten sein dunkles Lebensgeheimnis: Wie er den Wonnen von Wein und Weib zugetan gewesen sei, welche unglaublichen Abenteuer er zu Erde, zu Wasser und in der Luft bestanden habe, wie die Welt ihm schier zu gehorchen schien - und welchen Preis er dafür jetzt zahlen müsse. Denn seine Seele, ach, die habe er an den Teufel verkauft, und in der Nacht wolle dieser kommen, um den Wechsel einzulösen. Aus diesen Überlieferungen wurde die Faust-Saga, die zuerst im Volksbuch Historia von D. Johann Fausten (Frankfurt 1587) literarisch bearbeitet worden ist. Und schon in der Erweiterung des Volksbuches 1589 findet sich die Geschichte von Fausts Ritt auf dem Fass aus dem Auerbachskeller und aus Leipzig hinaus. Fausts „grausliges Ende“ sollte den Studenten Mahnung sein, sich nicht von eitlem Schein und giftigen Reizen verlocken zu lassen, sondern brav und gottesfürchtig ihr Leben zu führen. Nach Mitter-nacht geschah es: Ein gewaltiger Sturm raste ums Haus, „dazu ein grewliches Pfeiffen und Zischen, als ob das Hauß voller Schlangen, Natern unnd anderer schädlicher Würme were“, wie es der Chronist Froben Christoph von Zimmern 1564 in der Zimmerischen Chronik notierte. Als der Morgen anbrach, bot sich den verschreckten Studenten ein fürchterliches Bild:
Sie sahen keinen Faustum mehr und nichts, denn die Stuben war voller Blut gesprützet. Das Hirn klebte an der Wandt, weil jn der Teuffel von einer Wandt zur andern geschlagen hatte. Es lagen auch seine Augen und etliche Zäen allda - ein greulich und erschrecklich Spectackel.
Die sterblichen Überreste des Doktors fanden sich draußen auf einem Misthaufen, sein Gesicht war auf den Rücken gedreht. All dies geschah in Staufen im Breisgau am 5. April anno 1540. Oder war es der 8. April? Oder war es eher im Mai, in einem ganz anderen Jahr, an einem ganz anderen Ort? Und wer war da überhaupt zu Tode gekommen? Doktor Johann Georg Faust? Hat es den überhaupt je gegeben? Ja, das ist gewiss: Faust hat gelebt. Viel mehr weiß man nicht. Aber Goethes Werk bleibt.