Ich bin selbst ein Trennungskind und habe die Erfahrung gemacht, dass es möglich ist, auch unter getrennten Eltern eine gute Kindheit zu haben. Meine Eltern lebten beide im selben Dorf, was mir ermöglichte, wöchentlich zwischen ihnen zu wechseln. Anfangs hat das Modell für uns alle sehr gut funktioniert. Als ich jedoch etwa 16 Jahre alt war, wurde es für mich zunehmend schwierig. Nicht wegen meiner Eltern direkt, sondern wegen ihrer jeweiligen Partner und dem Gefühl, kein wirklich festes Zuhause zu haben. Deshalb bin ich damals zu meinen Großeltern gezogen, die ebenfalls im Dorf lebten.
Trotz der Herausforderungen würde ich dieses Modell rückblickend positiv bewerten. Besonders in der Anfangszeit war es zwar für mich – und laut meiner Mutter - nicht einfach, ( ich war 5) aber mit der Zeit hat es sich eingespielt. Entscheidend war für mich, dass ich durch die räumliche Nähe meiner Eltern weiterhin das Gefühl hatte, verbunden zu bleiben. Ich habe bei anderen Kindern gesehen, die nur jedes zweite Wochenende bei einem Elternteil sind, dass die Bindung zu diesem Elternteil oft weniger stark ist. Daher halte ich das Wechselmodell grundsätzlich für eine gute Lösung, da es beiden Eltern ermöglicht, gleichermaßen am Leben des Kindes teilzuhaben.
Mein Rat an dich wäre, bei deinen Entscheidungen auch auf dich selbst zu achten. Es ist wichtig, dass es dir gut geht, denn nur dann kannst du auch für dein Kind da sein. Wenn du das Gefühl hast, dass sich die Situation nicht mehr verbessern wird – gerade, wenn deine Gefühle schon vor zwei Jahren nachgelassen haben und du keine Aussicht siehst, dass sie zurückkehren – dann könnte es eine Erleichterung sein, den Schritt der Trennung zu wagen. Veränderungen bei Menschen geschehen nicht schnell, und manchmal auch gar nicht.
In Bezug auf euer Kind möchte ich dir Mut machen: Ein Wechselmodell kann gut funktionieren, wenn es mit Bedacht gestaltet wird. Achte darauf, dass dein Kind sich in der neuen Situation wohlfühlt und ein gutes Verhältnis zu den neuen Partnern – sofern diese irgendwann eine Rolle spielen – entwickeln kann. Es ist hilfreich, dein Kind regelmäßig zu fragen, wie es die Situation empfindet und ob das Wechselmodell für es passt. ( Am Anfang wird es natürlich erstmal schwer fúr dein Kind sein, ich wúrde es ihr auch erklären und langsam angehen) Mit Einfühlungsvermögen und Kommunikation kannst du dafür sorgen, dass dein Kind auch in dieser neuen Lebenssituation glücklich und geborgen aufwächst.