Lost in Translation - Fernbeziehung nach Tokyo - Quo Vadis?

Hallo zusammen,

Ich bin gerade in einer Fernbeziehung zu einer süßen Japanerin (Hana) in Tokyo.

Kennengelernt haben wir uns in Tokyo bei Starbucks, als ich letztes Jahr im Februar dort eine Sprachkurs gemacht habe. Die Bedienung hatte unsere Getränke vertauscht und als wir diese gegenseitig ausgetauscht haben, hat es ordentlich gefunkt… Eine von den Geschichten, die es eigentlich nur im Film gibt… (und manchmal dann doch im echten Leben). Dazu muss man sagen, dass ihr Englisch sehr Basic ist und meine Japanisch noch viel mehr.. und die gängigen Übersetzungsapps sind manchmal ein Quell unfreiwilliger Komik und großer Augen bei Hana (und bei mir!).

Sie ist 39 Jahre alt, alleinerziehend und hat eine 6 jährige Tochter, die sie mit ihrem Job so gut es geht durchbringt. Und das ist in Tokyo gar nicht so einfach…

Ich bin übrigens 54 Jahre alt und bin gerade in Trennung…

Jedes Mal, wenn wir uns sehen, sind die Treffen sehr harmonisch und inzwischen habe ich auch ihre Tochter kennengelernt und es ist ein fröhliches Miteinander.. 

Leider ist sie aufgrund ihrer familiären Situation und ihres Berufes (sie arbeitet als Familienberaterin) zeitlich sehr limitiert.

Inzwischen kennen wir uns jedoch so gut, dass Treffen mit ihrer Tochter selbstverständlich sind und als nächstes werden sicher auch gemeinsame Reisen/ Aktivitäten am Wochenenden möglich, bislang war sie in Bezug auf ihre Tochter ein wenig vorsichtig..(das scheint aber bei alleinerziehenden Müttern in Japan nichts besonderes sein..).

Seit Februar war ich schon 4 mal in Tokyo und habe sie dann in der Regel zwischen 3 und 4 Tagen gesehen. Dadurch hat sich unsere Beziehung sehr gut entwickelt und so sind Themen wie 

  • die berühmte Kokuhaku Frage, die sie ohne zögern mit einem begeisterten YES ❤️ beantwortet hat, 
  • das vertraute Hand in Hand durch Tokyo gehen (darauf legt sie sehr viel Wert), 
  • Umarmungen zum Abschied an der Metro-Station 
  • bis hin zum vorsichtigen Schmieden von Zukunftsplänen 

inzwischen Teil unserer Alltag…

Auch das wohl eher selten gesagte Ai shiteru (愛してる) ist schon über ihre Lippen gekommen..

Aber leider nur, wenn wir uns sehen..wobei ich inzwischen nicht gehen darf, bevor wir unser nächstes Treffen in Tokyo festgelegt haben…

Wenn ich dann mit Krokodilstränen wieder im Flieger nach Deutschland sitze, wird die Kommunikation deutlich weniger..(LINE ist unser Chat-Tool).

In der Regel ist die Kommunikation inzwischen zwar liebevoll und wir lassen uns am Alltag des anderen mit kleines Videos und Fotos unser Kinder und Alltagssituationen (neulich zum Beispiel das sehr japanische Mochi Pounding Contest-Event mitten aus Tokio, bei dem Hana mit ihrer Tochter eine kleinen Reiskuchen erfolgreich malträtiert hat…) teilhaben. Dies ist immer sehr liebevoll und authentisch, aber eben nicht in der Intensität wie bei unseren Live-Treffen.

Habt Ihr mit einer solchen Situation auch Erfahrungen gesammelt.. Ist das normal, dass die Kommunikation auf Entfernung weniger (intensiv) wird. Mir hat ein Freund gesagt, dass Fernbeziehungen in Japan durchaus auf Sparflamme laufen können und das Schweigen oft eher bei Bestätigung des Status Quo zu sehen ist und die eher deutsche Art der dauernden Bestätigung in Japan unbekannt ist.

Ich freue mich über Euren Rat und Eure Erfahrung,

Liebe Grüße

Geo

PS. Jetzt habe ich endlich den ultimativen Grund mein Japanisch zu verbessern…😆

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Hallo warai87 ,

zunächst einmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort und die Zeit, die du dir genommen hast, um deine Gedanken so detailliert zu formulieren. Ich weiß es zu schätzen, wenn jemand mit Erfahrung in Japan seine Perspektive teilt – auch wenn wir in manchen Punkten unterschiedliche Auffassungen haben.

Du hast vorab angemerkt, dass es sich um eine dieser Fragen handelt, bei denen die Antwort oft mit einem „Nein, nein, nein, das hast du alles falsch verstanden“ quittiert wird. Ich kann verstehen, dass du Skepsis gegenüber solchen Themen hast und auch, dass du versuchst, eine Art Reality Check anzubieten. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass mein Anliegen hier nicht ist, Kritik abzublocken oder mir nur eine Bestätigung abzuholen. Ich reflektiere meine Situation durchaus und nehme Einwände ernst. Dennoch gibt es einige Punkte, die ich aus meiner Perspektive gerne klarstellen oder hinterfragen würde.

Ich bin seit 2014 sowohl beruflich als auch privat regelmäßig in Japan unterwegs, und durch meine Zeit dort habe ich bereits einige Erfahrungen mit den kulturellen Unterschieden und Gepflogenheiten gemacht. Deshalb weiß ich auch, dass viele Dinge, die aus westlicher Sicht „rote Flaggen“ sein könnten, in einem japanischen Kontext oft anders zu bewerten sind.

Hier sind einige Punkte, zu denen ich gerne meine Sichtweise ergänzen würde:

1. Sprachbarriere als Fundament für eine ernsthafte Beziehung

Ich stimme dir vollkommen zu, dass eine ernsthafte Partnerschaft ohne eine solide gemeinsame Sprache eine große Herausforderung darstellt. In vielen Fällen ist dies sicherlich ein Grund, warum binationale Beziehungen scheitern.

Mir ist bewusst, dass wir aktuell auf Übersetzungs-Apps angewiesen sind und dass das kein Ersatz für eine echte Sprachkompetenz ist. Deshalb arbeite ich aktiv daran, mein Japanisch zu verbessern – unter anderem mit einer Sprachlehrerin. Hana hat ihrerseits den Wunsch geäußert, ihr Englisch weiter zu verbessern. Ich sehe es als ein gemeinsames Ziel, das wir langfristig angehen.

Klar ist aber auch: Ohne ein gutes Sprachniveau (mindestens C1) wird es schwierig, ein echtes gemeinsames Leben aufzubauen. Da hast du völlig recht, und genau deshalb liegt mein Fokus derzeit darauf, meine Sprachkenntnisse deutlich auszubauen.

2. Ist finanzielle Ausnutzung ein mögliches Motiv?

Das ist eine absolut berechtigte Frage, und ich verstehe, warum man dies kritisch hinterfragen sollte. Ich kann dazu nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen: Hana hat mich zu keinem Zeitpunkt um Geld gebeten oder auch nur angedeutet, dass sie finanzielle Unterstützung von mir erwartet.

Tatsächlich gab es eine Situation, in der ich in einer unerwarteten Notsituation (eine teure Krankenhausrechnung) meine Hilfe angeboten habe. Ihre Reaktion darauf war fast beleidigt – sie lehnte meine Unterstützung entschieden mit dem Hinweis ab, dass sie unabhängig sein möchte und ihre Angelegenheiten selbst regelt.

Für mich war dies ein klarer Indikator, dass sie keinerlei finanzielle Absichten verfolgt. Ich weiß, dass es in Japan Frauen gibt, die gezielt westliche Partner suchen, um sich finanziell abzusichern – aber in unserem Fall sehe ich dafür keine Anzeichen.

3. „Japan-Fanboy-Cringe“ und die Wahrnehmung meiner Beziehung

Du hast angemerkt, dass mein Beitrag nach „Japan-Fanboy-Cringe“ klingt. Ich nehme das nicht persönlich, aber ich finde es schade, dass du meine Begeisterung für eine funktionierende Beziehung mit einer Japanerin so abwertend darstellst.

Nur weil jemand sich für eine fremde Kultur interessiert oder sich mit ihr auseinandersetzt, heißt das nicht, dass er alles verklärt oder blind idealisiert. Ich bin mir bewusst, dass Japan nicht perfekt ist und dass binationalen Beziehungen oft viele Herausforderungen begegnen – die kulturellen Unterschiede sind mir bekannt. Aber ich halte es für unfair, diese Beziehung einfach als naive Schwärmerei oder übertriebene Verliebtheit abzutun.

4. Japanische Kommunikationsmuster und Fernbeziehung

Du sagst, dass Fernbeziehungen grundsätzlich nicht so intensiv sein können wie physisches Zusammenleben – da stimme ich dir zu. Allerdings scheint mir deine Einschätzung, dass Schweigen nicht als Bestätigung des Status quo gewertet werden sollte, aus einer westlichen Perspektive getroffen zu sein.

Was mich ein wenig überrascht, ist deine scheinbare Skepsis gegenüber der Tatsache, dass japanische Paare in Fernbeziehungen oft weniger schriftlich kommunizieren. Gerade, weil du selbst lange in Japan lebst, hätte ich erwartet, dass du dieses Muster kennst. Natürlich kann man nicht jede Beziehung über einen Kamm scheren, aber es ist nun mal ein Fakt, dass in Japan schriftliche Kommunikation häufig zurückhaltender ist als in westlichen Ländern – insbesondere in stressigen oder herausfordernden Phasen.

5. Ist das wirklich ein typisches Betrugsmuster?

Du hast einige Punkte in den Raum gestellt – starkes Anbändeln, Schweigen oder eine übereilte Annahme eines Heiratsantrags –, die aus deiner Sicht auf ein betrügerisches Muster hindeuten könnten.

Dazu möchte ich Folgendes sagen: Hana hat niemals über eine Ehe oder gar eine schnelle Hochzeit gesprochen. Das Thema Zukunftspläne dreht sich bei uns eher um die Frage, ob wir aus einer Fernbeziehung langfristig eine Beziehung vor Ort machen könnten – aber das völlig ohne Zeitdruck oder Erwartungen. Sie hat weder einen „Schritt-für-Schritt“-Plan entwickelt, noch hat sie mich zu einer schnellen Entscheidung gedrängt.

Nach meiner persönlichen Einschätzung sehe ich keinerlei Anzeichen für ein betrügerisches Verhalten oder eine unaufrichtige Absicht. Es gibt keine finanziellen Forderungen, keine unnatürlichen Dringlichkeiten und keinen Druck auf mich, bestimmte Verpflichtungen einzugehen. Nach ein paar Treffen über eine Ehe nachzudenken, wäre für mich ohnehin absurd – und das gilt genauso für Hana.

Fazit

Ich verstehe deine Bedenken und teile einige deiner grundsätzlichen Einschätzungen zur Herausforderung einer binationalen Fernbeziehung. Allerdings sehe ich in meiner eigenen Erfahrung einige Unterschiede zu den Mustern, die du als Warnsignale beschreibst.

Ich danke dir für deine kritischen Anmerkungen und hoffe, dass meine Antwort dir eine bessere Perspektive auf meine Situation gibt.

Liebe Grüße

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