Am 23. Dezember, einen Tag vor Heiligabend, lag mein Oskar apatisch in seinem Käfig. Neun Jahre war ein ein treuer Begleiter gewesen, der mit seinem Freund Thommy den ganzen Tag in der Wohnung herumlaufen konnte. Beide waren stubenrein und herumliegende Kabel waren kein Problem. Sie schliefen gemeinsam, eng aneinandergekuschelt oder jeder auf einem eigenen Stuhl unter dem Küchentisch. Beide waren so vertraut mit mir, dass sie sich ohne wegzulaufen, anfassen ließen. Hochheben und Dauerschmusen war nicht so ihr Ding, aber allein durch die Nähe zu mir zeigten sie mir ihr Vertrauen. Als Thommy im vergangenen Jahr eingeschläfert werden musste, kam Karlchen zu uns. Ich war mit Oskar gemeinsam in einer Notaufnahmestelle für Kleintiere gewesen, um den neuen Mitbewohner auszusuchen. Obgleich Oskar den Neuen die ersten vier Tage lag verdrosch, lebten beide danach absolut harmonisch zusammen, schliefen nebeneinander, wo Oskar war, war auch Karlchen. Allerdings hatte Karlchen selbst nach mehr als einem Jahr immer noch wenig Vertrauen zu mir - und das, obgleich Oskar ihm sogar zeigte und ihn aufforderte, zu mir zu kommen. Als Oskar dann am 23. Dezember starb, war es ein schwerer Schlag für mich. Auch, wenn ich weiß, dass er ein gutes Kaninchenleben hatte, auch, wenn mir die Geschichte vom Regenbogen präsent ist, auch, wenn ich weiß, dass er mit neun Jahren schon alt war und mir sein Ableben bereits vorher schon angekündigt hat - der Verlust war schmerzlich. Und dann ging Karlchen am 1. Weihnachtsfeiertag hinterher. Er war am heiligen Abend auffallend zahm, ließ sich sogar anfassen und streicheln und schien es zu genießen, im Kreise der Familie auf meinem Schoß zu sitzen und gestreichelt zu werden. Am Morgen des 25. Dezembers lag auch er an der selben Stelle, an der Oskar im Käfig gelegen hatte, war ebenfalls apatisch, ließ sich herausnehmen und ich habe ich lange gestreichelt. Wir sind dann in die Tierklinik zum Notdienst gefahren, er wurde untersucht, geröntgt, es wurde eine Blutuntersuchung gemacht - aber man fand nichts. Trotz Infusionen, Adrenalin und ADP starb er dann zwei Tag nach seinem Freund um die Mittagszeit. Weihnachten war damit für mich gelaufen. Die Tage danach waren sehr schwer für mich, die Wohnung leer, kein Leben mehr drin. Vorgestern habe ich mir dann zwei Jungtiere geholt, Geschwister. Beide sind noch etwas scheu, aber ich merke schon, dass sie langsam zutraulich werden. Die erste Zeit müssen sie aber noch im Käfig verbringen und haben sich bereits eine Klo-Ecke eingerichtet und futtern ganz schön was weg. Streicheln lassen sie sich auch und haben angefangen, mir ihr Wohlbefinden zu signalisieren. Auch, wenn ich fast ein schlechtes Gewissen habe, dass ich sie zum Trost instumentalisieren könnte und aus einer wirklich harmonischen Umgebung - beide Eltern haben sich rührend um die insgesamt fünf Kleinen gekümmert, sie hatten ein großes Gehebe mit Riesenauslauf, schönen Hindernissen, Platz zum Rennen und viel Erde zum Graben - herausgerissen habe, so haben mir die beiden durch ihre bloße Anwesenheit schon viel Trauer abgenommen. Oskar und Karlchen liegen begraben im Garten, die beiden Neuen haben noch keine Namen, aber sie werden mir mitteilen, wie ich sie nennen soll.

Ich habe jetzt seit insgesamt 42 Jahren Kaninchen und es war immer sehr schmerzlich, wenn eines gestorben ist. Aber die neuen Kleinen helfen einem, über den Schmerz hinwegzukommen und ich habe die Hoffnung, dass ich meine 'Kinder' irgendwann wieder treffen kann.

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