Mein Name ist egal. Ich bin 18 Jahre alt und ich bin irgendwie tot.

Mit Unterbrechung bin ich seit 3 Jahren tot. Ich weiß nicht, warum ich es hier schreibe, ich will kein Mitleid und ich will keine Aufmerksamkeit. Ich will nur, dass ich all das, was mich seit Jahren nicht mehr schlafen lässt endlich aus meinem Kopf bringen. Und dass ich endlich jemandem davon erzählt habe.

Ich war 15, als sich meine beste Freundin mit mir zerstritt. Das war Anfang 2011 mein größtes Problem, die typischen Teenie-Pubertäts-Probleme eben. Ich dachte damals, dass es mir schlecht ginge. Dann wurde ich im März abends auf dem Heimweg quasi von 2 Typen ins Gebüsch gezogen und mit einem Messer an der Kehle oral missbraucht. Ich weiß nicht, wer sie waren, woher sie kamen und was sie eigentlich an dem Abend vorhatten, aber innerhalb weniger Minuten, die mir wie Jahrzehnte vorkamen, zerstörten sie mein Leben. Ich wollte direkt danach von einer Brücke springen, aber irgendwas hielt mich zurück. Ich glaube, es war, weil ich während ich das Messer am Hals spürte, nur dachte „Mama und Papa haben das nicht verdient... Ich bin so jung...“ Und daran erinnerte ich mich auf der Brücke. Ich hab es irgendwie heim geschafft, saß zitternd unter der Dusche, wie man es aus Filmen kennt und war so hilflos und alleine... Nichts konnte die Scham, den Ekel, die Hilflosigkeit und die Einsamkeit überdecken. Im Affekt nahm ich meinen Rasierer, wie ich das aus vielen Geschichten kannte, löste die Klingen und schnitt mich. Das machte es ein bisschen besser. Ich stand so unter Schock... Ich ging einfach ins Bett und in die Schule, als sei nichts gewesen. Es einfach verdrängt. Richtig erinnert hab ich mich an alles erst wieder nach 1 ½ Jahren. Ich wusste, dass da etwas gewesen war, aber nicht was. Ich fühlte mich wertlos und benutzt, wusste aber nicht woher. Ich bin ein Sexobjekt, dachte ich immer wieder. Und so verhielt ich mich...

Im Sommer fand meine Schwester heraus, dass mein Vater seit Jahren ein Verhältnis mit seiner Vorzimmer*** hatte. Meine Schwester musste kurz darauf ins Ausland, wo sie einen seit langem geplanten Freiwilligendienst absolvierte. Ich hasste meinen Vater, redete nicht mehr mit ihm. Ich hasste und beneidete meine Schwester dafür, dass sie nicht zu Hause sein musste. Ich beneidete sie so sehr, dass ich beschloss, gleich nach der Schule auch wegzugehen. WEIT weg. Ich musste mich um meine Mutter kümmern, die völlig nervlich am Ende war. Ich zog mich in mein Zimmer zurück, schaute Youtube-Videos zur Ablenkung, verletzte mich zur Befreiung, beantwortete Fragen und Probleme auf gutefrage.net, um meinen eigenen Sorgen aus dem Weg zu gehen.

So ging es fast ein Jahr, bis ich auf dieser Seite einen Jungen kennenlernte. Ich schrieb mit ihm, ganz zwanglos. Ich erzählte von allem, was ich oben geschrieben habe, die Anonymität gab mir Sicherheit, es tat gut zu reden und das beste – er schien mich zu verstehen. Der erste Mann, der mich anscheinend mochte, obwohl er meinen Körper noch (WEITER IN KOMMENTAREN)

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nie gesehen hatte... Der erste Mensch, dem ich von alldem erzählte. Wir schrieben ½ Jahr lang jeden Tag, dann wollte ich ihn treffen. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber ich war so verliebt... Er war auch in Echt so. Charmant, klug, gut im Zuhören, romantisch, sogar gut aussehend. Ich wollte endlich mit allem, was davor passiert war, abschließen. Endlich ein normales Leben führen. Und er schwor und versprach mir, dass ich immer die Einzige für ihn sein würde. Ich Idi*** glaubte es ihm und schenkte ihm das letzte, was ich noch an körperlicher Würde besaß: Meine Jungfräulichkeit. Ich konnte mit ihm über alles reden. Meine Alpträume, meine Gefühle, meine Gedanken. Meine Zukunftspläne. Er hörte immer geduldig zu. Auch wenn nicht immer alles perfekt war, ich war schlimmeres gewöhnt. Als ihm Depressionen diagnostiziert wurden, beschloss ich, für ihn da zu sein, so wie er immer für mich da gewesen war. Ich war zum ersten Mal glücklich.

Ich hab mich nie getraut, zu einem Psychologen zu gehen. Aus Angst und Scham, obwohl ich wusste, dass das das Beste ist. Aber jemandem in die Augen sehen und über das hier reden? Unvorstellbar. Ich rief also vor ca. ½ Jahr bei der Telefonseelsorge an und redete mit einer Frau, die Psychologie studiert und sogar eine kurze Zeit eine eigene Praxis gehabt hatte. Fast jeden Tag. Sie sagte mir, dass sie vermutet, dass ich schwere Depressionen habe, aber sie sagte, dass sie noch nie bei irgendeinem Patienten gesehen hatte, dass die Liebe ihn so „gesund“ macht. Sie sagte immer, dass es ein Wunder ist, dass er mich so glücklich machte.

Ich hatte mich bereits Mitte 2013 für ein FSJ in Südamerika beworben. Er hat mich gefragt, ob ich ihn heirate und ich sagte Ja. Er wusste es, natürlich, sagte ständig „Das schaffen wir zusammen.“, „Ich freu mich für dich!“, „Ich les auf jeden Fall deinen Blog!“, „Ich komm dich besuchen, wenn ichs mir leisten kann!“ Vor 4 Wochen hat er Schluss gemacht. Aus heiterem Himmel. Weil ich weggehe. Und vor einigen Tagen hat er mir gesagt, dass er mich nicht mehr liebt.

Ich will jetzt sterben. Ich hatte vorhin die Tabletten in der Hand, genug, um eine Stadt zu versorgen. Aber dann dachte ich: Ich wollte so sehr nach Südamerika, seit damals, als meine Schwester dorthin geflohen ist vor all dem Elend hier. Und jetzt... Jetzt habe ich das Einzige, was ich je richtig gemacht habe, für dieses Schei* Land verloren, jetzt will ich da auch wirklich hin. Einfach aus Neugier, ob es sich gelohnt hat, ihn dafür aufzugeben. Ich kann mich ja auch danach umbringen. Oder vor Ort, da kommt man eh viel leichter an heftigere Mittel. Ich mein, wenn ich mir da irgendwo schwarz eine Kaliumspritze besorge und sie mir dann mit Joint in der Hand und Alk im Blut verabreiche, wird auch keiner danken, dass es Suizid war.

Ich hab aber so furchtbare Angst, dass es mir da gefällt. Das klingt mega beschurert, ich weiß. Aber was, wenn es mir dort gefällt und ich mir wieder einbilde, einen Grund zum Leben zu haben? Es war schon einmal so. Ich kann das nicht nochmal durchstehen. Der einzige Grund, der mich bis heute am Leben gehalten hat, war dieser Typ, dem ich nichts bedeute. Und vermutlich auch nie wirklich was bedeutet hab, der hats wahrscheinlich auch nur aus Mitleid mit mir ausgehalten und findet jetzt ganz schnell jemanden, der nicht wertlos und kaputt ist. Was ist, wenn ich wieder enttäuscht werde? Ist es da nicht besser, mich gleich umzubringen? Ich weiß nicht mehr weiter... Ich will sterben, aber ich will auch nicht, dass ich diese Beziehung an den Baum gefahren habe für etwas, was ich jetzt eh nie erlebe... Ich kann nicht mehr. Ich wette, jeder von euch hat das schonmal gedacht, aber ich KANN. NICHT. MEHR.

Ich will einfach nur noch zurück in seine Arme, festgehalten und beschützt werden, von seinen Armen festgehalten und von seiner Stimme beruhigt werden, wenn ich wieder diese Alpträume habe. Ich schaff dieses Jahr nicht ohne ihn und er hätte es nicht mit mir geschafft.

Ihr denkt jetzt sicher alle, dass ich nur so ein Troll bin oder sagt „Du schaffst das schon, jeder hier hatte schonmal Liebeskummer.“ Aber dann versteht ihr nicht im Entferntesten, was dieser Mann für mich war. Er war der Sinn meines Lebens. Und mein Antidepressivum. Und jetzt... WEG.

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