Der Traum

Ein mal lag ich in Schlafes Qual, Mich däucht ich war Auf einem Berg Vor eime königlichen Pallast, Der war durchhauen pur Nach meisterlichen Sinnen, Bildwerk zierlich Stand überall Am Pallast stolz, Der war von Marmorquader; Fein war das Dach Von Kupfer braun, Berillen klar Das Fensterwerk. Zu oberst von der Burg her glast Von Gold ein Sonnenuhr, Gülden waren die Zinnen. Ringweis ich sah Darum einen Zaun Von Zederholz, Die Pforte war Albater. Ich trat auf die Schlagbrücke, Und sah ein Tanz Von minniglichen Bilden In diesem Pallast schön; Da gieng ich stehn Zu dieser Pforten, Und blickte heimlich hinein, Die klaren Aeuglein spielten, Freundliche Wort Wurden gehort. Die adelichen Jungen Nach den Trometen (Flöten) Höfelich sprungen, Ihr jedes hat Von Sammt ein Wad, Ein köstlich Schauben, Ring, Ketten, goldne Borten. Heidnisch war der Frauen Geberd, Darauf jede mit Rosenkränz; Der Männer fürstliches Gewand, Von Sammet, Seiden und Taffant, Damast und gulden Stücken Von Perlen glänzen, Kränzen Auf den Hauben. Im Herzen mein Dacht, mögt ich bei der Schaare sein! Ich wolt mich mischen unter sunder Und that gehn, Das war mir frei gelücken.2.Ich kam hinein, Und sah die Tisch Mit Pfeler Tuch Bedecket all, Mit Teppich war der Saal geziert, Mitten stund im Pallast Ein kaiserlich Kredenze Von Zipperwein, Wilprett und Fisch, Bereitet war So überköstlich Speise, Solch mannich Blum War da gestreut, Himmlischer Geruch War in dem Saal. Zu Tisch Manichem edlen Gast Zu groser Reverenze Ein grose Summ Der Diensteleut Dienten der Schaar, Nach Art höfelicher Weise. Als ein End hätt' das mahle, Standen sie auf, Ein Sommer Reihen sprungen, Gar lieblicher Gesang Mit Freud erklang. Ihr Melodeye Die konkerdiret lustiglich Gleich engelischen Zungen. Auch sah ich viel Der Ritterspiel Von Rittern und von Knechten, Mit Laufen, Springen, Ringen, Kämpfen, Fechten Künstlich, gelenk, Mit viel Gepräng. Nach dem einließen Sie auch ein Mummereye. Verputzet, daß man sie nit kennt, Zumal ein wohl gezierter Hauf, Die hätten ein Maruscatanz, Ihr zween sah ich gerüstet ganz, In Harnisch über alle, Die könnten stechen, brechen Mit den Spießen Gar ritterlich. In einen Winkel schmiegt ich mich, Mein Herz vor Freuden kittert, zittert, Hupfet, sprang Von Wonn in diesem Saale.3.Schau, indem kam Hinein der Tod, Mit sich er trug Ein Sense scharf, Und schlich grausam hinein den Saal, Und mähet ab und auf, Bald starbe, wen er trafe, Ein Ende nahm Die fröhlich Rott Jederman floh, Und aus dem Saal sich machet, Traurig Geschrei War ihr Gesang, Der Tod sie schlug, Zu Haufen warf, Da ward manch rothes Mündlein fahl, Groß ward der Todten Hauf, Also däucht mich im Schlafe, Wie daß ich frei Herab da sprang In Graben hoch, Indem ich aufgewachet, Und däucht mir heimlich eben; Der Traum bedeut Die Wollust dieser Welte. Der Pracht, Gewalt und Ruhm Ist als ein Blum In ihrer Zierde Durch Regen sanft und kühlen Thau, Aufwächset in dem Felde, So Reifes Duft Und kalte Luft Geschwind über sie thut blasen, Bald sie verschmoret, dorret In der Masen, Reichthum und Kunst, Freud, Lieb und Gunst, Ehr und Gewalte, Gepräng, Geschmuck und Würde, Auf dieser Erde aller Stand Steht es in Glück und blühet heut, So schwindet es doch Morgen ab, Und sinket endlich in das Grab, Was Fleisch und Blut konnt geben, Das muß verderben, sterben Jung und alte Mann unde Frau, Auf das Vergänglich hier nit bau, Das als ein Traume, Schaume Kommet um; Fleuch, zeuch zum ewgen Leben.

Achim von Arnim

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