Ich arbeite bei einer Krankenkasse.
Normalerweise muß / sollte unter jedem Bescheid (grds. auch bei positiven Bescheiden) eine sogenannte "Rechtsbehelfsbelehrung" zu finden sein: Nämlich der Hinweis, daß ein Widerspruch innerhalb eines Monats schriftlich oder zur Niederschrift (=komm vorbei und die Mitarbeiter nehmen den Wid. auf) eingelegt werden kann.
Die Information, daß die Fristen unterschiedlich sein können, ist falsch. Richtig ist, daß wenn kein Hinweis draufsteht, man ein ganzes Jahr Zeit hat.
Beim Widerspruch sollte man bedenken, daß bei einer Krankenkasse Menschen wie Du und ich sitzen, die maximal schwierige Vorgaben von Ihrem Arbeitgeber bekommen. Diese Vorgaben resultieren aus dem harten Wettbewerb, den die Krankenkassen seitens des Gesetzgebers (Regierung) aufgedrückt bekamen. Daß alle Kunden immer gleich die Kasse wechseln wollen wenn (früher) diese den Beitrag angehoben hat oder (heute) die Zusatzbeiträge eingeführt werden oder man diese anheben will, trägt nicht gerade dazu bei, die Kassen zur Großzügigkeit anzufeuern. Zusammenfassen: Die Leute da sind nicht böse und reagieren auf gute Argumente.
Leider erlebt man heutzutage immer wieder Patienten, die entweder böse, unflätig oder dumm argumentieren (und damit meine ich nicht die, die Widerspruch mit IE schreiben oder es Einspruch nennen - beides ist falsch, kann aber niemandem, der das nicht gelernt hat, zum Vorwurf gemacht werden. Alles, was auch nur so aussieht, als wäre der Kunde nicht einverstanden, MUSS die Kasse als Widerspruch werten und entsprechend bearbeiten).
Wer also Widerspruch einlegt, sollte
a) gute Argumente haben (z. B. nach Rücksprache mit dem Arzt)
b) sich auf die Argumente der Krankenkasse im Ablehnungsschreiben beziehen und diese wenn möglich entkräften
c) bitte nicht von selbsternannten "Experten" beraten lassen, die keine Ahnung haben
d) nötigenfalls erst einmal mit dem Sachbearbeiter selbst reden und sich erklären lassen, wer für die Ablehnung verantwortlich ist, warum sie erfolgte und ob er/sie unter ehrlicher Betrachtung hier eine Chance sieht.
Wenn ich selbst etwas ablehne (und mein Arbeitgeber gibt erfreulicherweise noch keine Vorgaben, wie viel Prozent ich im Monat ablehnen soll oder daß ich generell alles erstmal probeweise abzulehnen habe - wie manche Großkassen das tun!), dann berate ich meine Kunden richtig und umfassen, wenn sie fragen. Ich gebe aber zu: Wer mich persönlich angreift, für den bin ich nicht ganz so gerne bereit, mir gegenüber dem MDK auch mal ein Bein auszureißen. Selbst dann nicht, wenn ich es könnte. Wir sind alle nur Menschen.
Deswegen:
Gründe für Ablehnung erklären lassen und sachlich und freundlich, ggf. nach einem persönlichen Gespräch mit der KK, Widerspruch einlegen.
Weiteres Vorgehen (bei jeder Kasse gleich): Man prüft das noch einmal. Das Zwischenergebnis wird in der Regel auch mitgeteilt. Einige Kasse senden diese Ergebnisse, wenn sie auf Gutachten beruhen, nicht direkt an die Kunden - es könnten Diagnosen drinstehen, von denen der Arzt möchte, daß die Patienten sie erst einmal NICHT kennen - daher schickt man die Gutachten oft nur zum Arzt. Wenn man auch die Antwort auf den Widerspruch für falsch hält (das KANN sie auch mal sein!), teilt man das der Kasse mit. Diese muß dann den Vorgang in den sog. "Widerspruchsausschuß" geben. Dieser ist die EINZIGE Stelle, die einen sogenannten "klagefähigen Bescheid" erstellen darf (alles andere wäre ungesetzlich und würde vor Gericht gerügt ... eine Klage wäre dann sofort beendet und der Fall ginge an die Kasse zurück!). Daher: Wer klagen will, muß den sogenannten "Widerspruchbescheid" (so steht es klar drüben) abwarten. Darunter steht, welches Sozialgericht zuständig ist. Frist ist dort auch ein Monat.
Vor dem Sozialgericht besteht kein Anwaltszwang. In der Regel haben die auch keine Ahnung vom Sozialrecht - es sei denn, der Anwalt hat sich da spezialisiert. Das klingt arrogant - ist aber so. Spezielle soziale Verbände bieten/biedern sich hier an, die Vertretung vor Gericht zu übernehmen. Wer hier einen Bekannten bei einer Krankenkasse hat, sollte den befragen und überlegen, ob er ggf. die Klage nicht allein einreichen und durchfechten möchte. Laßt Euch aber vorher erklären, wie man bei Gericht sitzt, wann man aufsteht und was wie abläuft ;)
Wer sich nicht traut, geht halt zu einem Sozialverband - da kostet es wenig bis garnichts - oft nur einen Mitgliedsbeitrag, wenn man noch nicht eingetreten ist. Und durch die evtl. jahrelange Erfahrung haben die manchmal auch ein bißchen Ahnung. Aber in der Regel braucht man die wirklich nur, weil sie wissen, wie man Schriftwechsel mit den Gerichten führt und wann man aufstehen muß im Gerichtssaal, falls es zu einer persönlichen Anhörung kommt.
In der Regel lassen sich Klagen allerdings vermeiden. In der heutigen Zeit werden viele Patienten leider von (unwissenden) Ärzten oder sonstigen vermeintlichen Beratern zu Widerspruch und Klage angestachelt - oft in aussichtslosen Fällen.
Ich wünsche allen, die Ansprüche haben, daß sie diese auch durchsetzen können!