Der Klassenlehrer meines 9-jährigen Sohnes hat sich vergangenen September das Leben genommen. Die ganze Klasse hat sehr an diesem Lehrer gehangen und es war ein großer Schock. Da wir Eltern nicht wollten, dass die Kinder die Umstände seines Todes auf dem Schulhof erfahren, haben wir ihnen erzählt, was wir selbst wussten: dass es ein Suizid war, dass der Lehrer schon länger an Depressionen litt etc. Wir haben den Kindern erklärt, was der Unterschied zwischen dem normalen Traurigsein und einer Depression ist. Das Gartenhaus, dass die Kinder zuletzt mit dem Lehrer auf dem Schulgelände errichtet haben, durften die Kinder als Gedenkstätte nutzen, hängten Bilder auf, legten Gesammeltes hinein, Briefe und Gedichte. Da die Kinder auf Wunsch der Angehörigen nicht zur Beerdigung kommen durften, haben wir mit ihnen ein Fest am Gartenhäuschen gefeiert - mit Abschiedsliedern, Ritualen, aber auch mit einem Leichenschmaus.
Die Trauer meines Sohnes kam immer wieder schubweise. Er hatte Schuldgefühle, weil er im Unterricht manchmal laut gewesen ist, glaubte, der Lehrer habe sich deswegen umgebracht. Er hatte Angst, dass meinem Mann oder mir etwas zustoßen könnte, denn es war ihm plötzlich klar, dass auch geliebte Menschen jederzeit sterben können und dann für immer weg sind. Zwischendurch war er immer wieder ganz normal, konnte spielen und lachen.
Die Trauer verklang langsam, bis die Schule Mitte März entschied, das Häuschen nun doch als Gartenhaus zu verwenden und den Kindern fortan den Zugang verwehrte. Seitdem ist es wieder schwieriger und gestern Abend hat mein Sohn anderthalb Stunden geweint und geschrieen und gesagt, er möchte nie mehr in die Schule gehen. Ich habe lange mit ihm gesprochen und ihn getröstet. Ich hatte der Schule auch schon meinen Unmut über ihr Vorgehen (das vorab leider nicht mit den Eltern kommuniziert wurde) mitgeteilt, aber dort nahm man mich leider nicht ernst.
Ich weiß nicht, wie ich meinem Sohn helfen kann, das Geschehene zu verarbeiten. Ich weiß auch nicht, ob das alles noch im "normalen" Rahmen ist oder ob wir professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollten. Hat jemand hier ähnliche Erfahrungen? Wie geht Ihr mit der Trauer Eurer Kinder um?